Die Sonntagsfrage

Stimmt noch alles mit der Wertschätzung zwischen Buchhandel und Verlag, Frau Sandkühler?   

29. Oktober 2023
Redaktion Börsenblatt

Blogger:innen sind wertvoll für Verlage, für sie werden Veranstaltungen organisiert und Wünsche erfüllt. Bei BookTok-Creator:innen ist es ebenso und bei #Bookstagramer:innen auch. Und wo bleiben die Buchhändler:innen? Lea Sandkühler vom Buchladen Die Zeitgenossen in Esslingen vermisst die Wertschätzung der Verlage für den unabhängigen Buchhandel, für die, die sich jeden Tag trotz mäßiger Bezahlung und ungünstiger Arbeitszeiten leidenschaftlich für das Buch einsetzten. 

Lea Sandkühler

Lea Sandkühler

Woran machen Sie mangelnde Wertschätzung der Verlage gegenüber dem Buchhandel fest?

Mir fällt auf, dass es für Blogger:innen eigene Überraschungsboxen, Veranstaltungen und mehr gibt. Alles Dinge, die dem unabhängigen Buchhandel so erst einmal nicht angeboten werden. Auf Instagram sehe ich zudem häufig Accounts, die Monate im Voraus ein Buch besitzen, während ich auf den Erscheinungstermin warten muss, um eventuell ein Leseexemplar zu ergattern. Dabei ist es für mich ja auch wichtig, zu wissen, ob ein Buch bei uns ins Programm passt oder nicht. Zudem werden wir häufiger als Blogger:innen auf digitale Leseexemplare verwiesen, digital ist es ist einfach ein anderes Lesen und ich kann den Titel nicht an Kolleg:innen weitergeben, wenn sie kein Endgerät haben.

War es früher besser?

Die Buchhandlung in der ich gelernt habe, war größer, weshalb sich zumindest die Frage der Leseexemplare pauschal nicht vergleichen lässt. Ich habe mich allerdings mit Kolleg:innen ausgetauscht, denen ist die Veränderung auch schon aufgefallen und sie fühlen sich wie „Buchmenschen zweiter Klasse“.

Bekommen Sie in Ihrer Buchhandlung ausreichend Leseexemplare?

Wir bekommen oft Pakete mit Leseexemplaren mit den Vorschauen, da ist dann für jede:n was dabei. Bei Leseexemplar-Anfragen mache ich gemischte Erfahrungen. Mir ist auch bewusst, dass ein:e Blogger:in erst mal mehr Reichweite hat als wir mit unserem Laden,  aber ein Missverhältnis sehe ich in der Wertschätzung doch.

Welche Erfahrungen haben Sie auf der Frankfurter Buchmesse gemacht?

Als ich bei manchen Verlagen nach Kollegenrabatt gefragt habe, wurde unfreundlich und pampig geantwortet, dass es das dieses Jahr nicht gebe. Oder eben nur für Verlagsleute. Die letzten Jahre war das immer kein Problem. Ich weiß, dass ich auch bei mir im Laden einkaufen kann, aber auf der Buchmesse bin ich da immer noch spontaner, wenn mich ein Buch anlacht. Außerdem studiere ich hauptberuflich noch, da freut man sich über jeden Cent, den man sparen kann.

Gibt es konkrete Beispiele?

Ich möchte hier keine Namen nennen, aber es waren zwei große Verlage, von denen wir auch einiges einkaufen. Ich weiß, dass in großen Verlagen die eine Abteilung nicht immer wissen kann, was die andere macht, aber ich werde ja nicht die einzige Buchhändlerin sein, die nach einem Rabatt gefragt hat.

Was würden Sie sich von den Verlagen wünschen?

Ganz klar: mehr Wertschätzung für unsere tägliche Arbeit. Wir stehen ja nicht nur jeden Tag im Laden, sondern pflegen Social Media Accounts, organisieren Veranstaltungen uvm. Kurz: Wir setzen uns wo es geht für das Buch ein und verbreiten es im Rahmen unserer Möglichkeiten.

Die Frage ist ja: wie sollen wir Bücher verkaufen und empfehlen, wenn wir sie nicht zumindest angelesen haben? Wie sollen wir jeden Tag „an der Front“ stehen, mit diesen Arbeitszeiten und wenig Geld, und dann auch noch alles selber kaufen müssen? Hier müssen wir schauen, wie wir miteinander arbeiten wollen, wenn es eine bunte Branche bleiben soll, die nicht nur aus drei Buchhandelsketten und Blogger:innen besteht.

Letztlich ist das auch eine Frage der Kompetenz, oder? Es sollte allen bewusst sein, dass digitale Reichweite auch 2023 nicht alles ist und sein kann. Und das sage ich als Digital Native.