Die Sonntagsfrage

Lässt sich mit gebrauchten Büchern noch Geld verdienen, Herr Festerling?

2. Oktober 2022
Redaktion Börsenblatt

Buchspende.org sammelt gebrauchte Bücher – und schafft damit inklusive Arbeitsplätze in zwei Antiquariaten mit angeschlossenen Cafés in Berlin. Welchen Wert haben gebrauchte Bücher heute noch? Wie hat sich das Spendenaufkommen entwickelt? Und gibt es schon erste Erfolge aus der Kooperation von Buchspende.org mit Hugendubel und der Bahn zu berichten? Hinter Buchspende.org steht die SinneWerk gemeinnützige GmbH. Deren Geschäftsführer Maximilian Festerling hat Antworten.

Mit gebrauchten Büchern kann man so einiges anfangen, das zeigt unsere Geschichte: buchspende.org ist am 1. April 2011, also vor etwas mehr 10 Jahren, online gegangen. Im Dezember desselben Jahres ist das Morgenstern – Antiquariat und Café in Berlin-Steglitz eröffnet worden. Das Café Tasso – Das andere Antiquariat hat Ende 2006 als reines Antiquariat seine Türen geöffnet und im April 2007 wurde dann mit dem Gastronomiebetrieb gestartet. Der Inklusionsbetrieb SinneWerk gGmbH, wurde 2009 gegründet, davor war der gemeinnützige Verein SinneWerk e.V. Betreiber des Café Tasso und des Buchverkaufs im Internet.

In der SinneWerk gGmbH sind aktuell 32 Mitarbeiter:innen beschäftigt, davon 23 SVpflichtig und 12 Mitarbeiter:innen, die mit einer Behinderung leben (davon 10 SV-pflichtig).

Gebrauchte Bücher haben an Wert verloren

Ob gebrauchte Bücher an Wert verloren haben? Sicher, es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass der Preistrend bei gebrauchten Büchern nicht sehr positiv ist. Im Internet gibt es nur eine Hand voll Marktplätze, aber viele Verkäufer:innen, die um die Gunst der Käufer:innen buhlen, das geht dann natürlich meist über den Preis.

Die vielen Bücherschränke sehe ich übrigens nicht als Zeichen für den „Wertverlust“ von Büchern, sondern als besondere Wertschätzung. Bücherschränke können eine sehr persönliche Art der Buchempfehlung an fremde Menschen sein.

Erhaltungszustand des Buches ist entscheidend

Welche Bücher eignen sich nun zum Verkauf? Und auf welche kann man verzichten? Schwer zu sagen. Eine pauschale Aussage über die Eignung zum Verkauf lässt sich eigentlich nur über den Erhaltungszustand des Buches treffen. Wenn es in einem guten Zustand ist, möchten wir jedem Buch die Chance geben, eine/n neuen Leser:in zu finden.

Spendenaufkommen steigt kontinuierlich

An Bücherspenden gab es bisher keinen Mangel. In der Vergangenheit hat sich das Spendenaufkommen von Jahr zu Jahr immer leicht erhöht. Wie in allen Bereichen hat Corona auch hier für Schwankungen gesorgt: Im ersten Lockdown haben wir gesehen, dass die Menschen die Zeit genutzt haben, ihre Bücherregale aufzuräumen, um Platz für neues Lesefutter zu schaffen. Unseren Buchabholdienst hat das vor die Herausforderung gestellt, dem erhöhten Anfrageaufkommen gerecht zu werden. Aktuell bemerken wieder eine Normalisierung auf das Niveau von vor Corona.

Sinnstiftende Alternative zu Momox und Co.

Ob wir Momox und Co. als Konkurrenz ansehen? Wir betrachten uns als sinnstiftende Alternative zu den großen Buchankauf-Portalen. Denn mit dem Verkauf der Bücher, die wir gespendet bekommen, finanzieren wir langfristige Arbeitsplätze für Menschen, die mit einer Behinderung leben. Wir zeigen, dass Inklusion in der Arbeitswelt funktionieren kann und das ist auch der Grund, warum Menschen uns ihre Bücher spenden.

Kooperation mit Hugendubel

Vom 1. Juli bis zum  1. September konnten Hugendubel-Kundinnen und -Kunden gelesene Bücher abgeben und bekamen dafür einen Gutschein der Deutschen Bahn für klimafreundlicheres Reisen. Die Aktion war ein voller Erfolg! Eine Woche nach Ende der Aktion haben wir bereits die erste Teil-Lieferung der in den Hugendubel-Filialen gesammelten gebrauchten Bücher erhalten. Wir freuen uns sehr darüber!

Wir verkaufen seit über 15 Jahren erfolgreich gebrauchte Bücher und sind davon überzeugt, dass ein ressourcenschonender Konsum kein Trend, sondern zukunftssichernd ist und Inklusion keine Ausnahme, sondern die Regel sein sollte. Wir möchten uns noch unabhängiger von den bestehenden Verkaufsplattformen im Internet machen und noch mehr Menschen erreichen, denen die Themen Nachhaltigkeit und Inklusion ebenso am Herzen liegen wie uns.