Die Sonntagsfrage

Bücher ohne Schutzumschlag – ist das die Lösung?

23. Juli 2023
Redaktion Börsenblatt

Bücher ohne Folie nehmen leicht mal Schaden beim Transport, besonders der Schutzumschlag ist gefährdet. Benedikt Viertelhaus, Buchhändler und seit April Mitinhaber der Buchfinken in Berlin-Steglitz und Mitgründer des Verlags Dreiviertelhaus, hat einen Vorschlag: Verlage sollten sich überlegen, den Schutzumschlag gleich ganz einzusparen. Warum das für ihn die Lösung ist, erklärt Viertelhaus in der Sonntagsfrage.  

Benedikt Viertelhaus

Benedikt Viertelhaus

Beschädigungen, die auf eine fehlende Folie zurückzuführen sind, kommen eigentlich nur bei Büchern vor, die Schutzumschläge haben.

Wie sieht es in der Buchhandlung Die Buchfinken aus? Kommen viele folienlose Bücher mit Transportschäden an?

Beschädigungen, die auf eine fehlende Folie zurückzuführen sind, kommen eigentlich nur bei Büchern vor, die Schutzumschläge haben. Im vergangenen Herbst kam von einem Bestsellerkrimi nicht mal ein Drittel der Lieferung unbeschädigt an und der Verlag riet sogar, auf die zweite Auflage zu warten. Mit Folie wäre das nicht passiert. Bücher ohne Schutzumschlag müssen meiner Meinung nach in nur sehr seltenen Fällen eingeschweißt werden.

Unser Buch zur Auferstehungskirche zu Sailauf ist daher im Verlag Dreiviertelhaus auch das einzige, das eingeschweißt wurde. Das Buch, das wir als Denkmal für die leider abgerissene Kirche produziert haben, soll mit seinem Leineneinband mit Prägung schließlich auch, so lange es lieferbar ist, unbeschädigt ausgeliefert werden können.

Der Schutzumschlag wird heute als Teil des Buches betrachtet, anders als ursprünglich, als er vermutlich im Laden blieb und das nächste Buch im Laden vor schmutzigen Händen schützen sollte.

Häufig betroffen von Schäden sind die Schutzumschläge. Sie schlagen vor, darauf zu verzichten. Würde dann nicht das Buch an sich Schaden nehmen?

Der Schutzumschlag wird heute als Teil des Buches betrachtet, anders als ursprünglich, als er vermutlich im Laden blieb und das nächste Buch im Laden vor schmutzigen Händen schützen sollte. Er ist ja letztlich ein Schmuckumschlag. Mit dem Schutzumschlag hat also das Buch selbst schon Schaden genommen. Die Schäden, die ich an Schutzumschlägen sehen musste, sind Schäden, die nicht entstanden sind, indem sie das Buch geschützt haben, sondern Risse und Knicke an diesem selbst. Für diese Schäden sind Hardcoverbücher zu robust.

Angestoßene Ecken „heilt“ ein fehlender Schutzumschlag aber nicht…

Angestoßene Ecken sind tatsächlich etwas, das ich viel seltener beobachten musste, als zerrissene Schutzumschläge, und wenn dann eher bei Taschenbüchern, die ja fast nie eingeschweißt sind.
 

Belletristik kommt zu einem guten Teil gewohnheitsmäßig mit Schutzumschlag. Würden Ihre Kunden den Wegfall akzeptieren?

Die Kunden kaufen ein Buch hauptsächlich wegen des Inhalts und es gibt meist keine andere Ausgabe. Früher wurde man hin und wieder mit der Frage konfrontiert, ob man ein uneingeschweißtes Buch nochmal eingeschweißt bekommen könne. Da immer weniger Bücher eingeschweißt erscheinen, ist die Frage seltener geworden.
 

Es gibt schöne Einbandpapiere mit einer angenehmen Haptik.

Welche Gestaltungsalternativen zum Schutzumschlag schlagen Sie vor?

Es gibt schöne Einbandpapiere mit einer angenehmen Haptik. Für die Novelle "Paul oder Besuche in der Bilderkammer" haben wir zum Beispiel ein gerilltes Papier genutzt. Ein bedrucker Einband ist ja kein Hexenwerk. Die Covergestaltung würde sich ja nicht so sehr unterscheiden müssen.

Wie halten Sie es in Ihrem Verlag?

Wir haben bewusst auf Schutzumschläge verzichtet und zum Beispiel bei Dietmar Hübners "Das Erlebnis des Tischlers Jossi in dem wunderlichen Hotel P." auf die Gesamtgestaltung geachtet: Neben einem schön gestalteten Einband ein passendes Vorsatzpapier und Fadenheftung mit Dispersionsleim für ein gutes Aufschlagverhalten verwendet. Wäre das Buch eingeschweißt, würde das im Laden kaum einer bemerken.

Fragen: Sabine van Endert