Schillerpreis für Saša Stanišić
Der Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar geht 2021 an den Schriftsteller Saša Stanišić. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.
Der Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar geht 2021 an den Schriftsteller Saša Stanišić. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.
Das teilte die Stadt Marbach am Neckar mit. Die Entscheidung für Saša Stanišić begründet die Jury wie folgt: "Als Dramatiker, Philosoph und Historiker setzte sich Friedrich Schiller mit Macht und Herrschaft, Krieg und Revolution und dem Kampf um individuelle Freiheit auseinander. Themen, die auch den Lebensweg und das Schaffen des diesjährigen Preisträgers kreuzten. Für Saša Stanišić (geb. 1978 in Višegrad, Jugoslawien) war der Bürgerkrieg in Bosnien und Herzegowina ein prägendes Erlebnis. Als Vierzehnjähriger flüchtete er mit seinen Eltern nach Heidelberg, lernte die deutsche Sprache, auch mit Hilfe von Literatur – Kafka und Brecht, Eichendorff und Hölderlin."
Den Krieg und die Flucht habe er zum Gegenstand seines Debütromans "Wie der Soldat das Grammofon repariert" (2006) gemacht, der in 31 Sprachen übersetzt wurde und weltweit Anerkennung fand. Frei nach Schillers "Räubern" habe er eine dramatische Szene verfasst und sie "Die Vampire" (2009) genannt. Sein Roman "Vor dem Fest" (2014), ein literarisches Mosaik, in der Uckermark verortet, wurde unter anderem mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.
"Erfindungsreich und virtuos erzählt Stanišić Geschichten von Abschied und Ankunft zwischen Komik und Tragik. Sein Werk ist voll ruheloser Gestalten, viele von Ihnen sind stets unterwegs, einige freiwillig, andere wären es lieber nicht", so die Jury weiter. Sein bislang letztes Buch für Erwachsene, das autobiografische "Herkunft" (2019), sei ein meisterhaftes Spiel um Zugehörigkeit und Selbstbestimmung, Erinnerung und eine ARAL-Tankstelle. "Saša Stanišić erweist sich darin einmal mehr als origineller Grenzgänger zwischen Phantasie und Konvention. Seine Stimme ist prägend in den künstlerischen und gesellschaftspolitischen Debatten unserer Zeit", so die Jury.
Erstmals seit Bestehen des Schillerpreises sei mit Stanišić ein Schriftsteller ausgezeichnet worden.
Saša Stanišić wurde am 7. März 1978 in Višegrad/Jugoslawien als Sohn einer Politikprofessorin und eines Betriebswirts geboren. 1992 Flucht mit den Eltern nach Deutschland. Er besuchte die Internationale Gesamtschule Heidelberg, machte 1997 sein Abitur und studierte danach "Deutsch als Fremdsprache" und "Slavistik". Ein Zweitstudium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig folgte. Er lebt und arbeitet in Hamburg.
Auszeichnungen (eine Auswahl):
Seit 2015 ist Stanišić Mitglied der Freien Akademie der Künste in Hamburg und im PEN-Zentrum Deutschland.
Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird am 10. November 2021, dem 262. Geburtstag Friedrich Schillers, von Bürgermeister Jan Trost überreicht. Ob die Verleihung und der Empfang im Anschluss im gleichen Umfang wie seither üblich beibehalten werden können, stehe aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht fest.
Der Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar wurde erstmals zum 200. Geburtstag Friedrich Schillers im Jahr 1959 verliehen. Bis zum Jahr 2007 wurde mit ihm alle zwei Jahre eine hervorragende Arbeit auf dem Gebiet der Landeskunde von Württemberg ausgezeichnet.
Anlässlich des Schillerjahres 2009 veränderte der Gemeinderat die Verleihungskriterien. Der Preis geht seither an Persönlichkeiten, die in ihrem Leben oder Wirken der Denktradition Friedrich Schillers verpflichtet sind. Besonders preiswürdig sei der Einsatz für einen ethisch verantwortbaren Freiheitsbegriff im Sinne des Dichters, sei es in der Politik, der Kunst, den Geistes- und Sozialwissenschaften oder den Naturwissenschaften.
2009 wurde erstmals nach den neuen Kriterien der Molekularbiologe und DDR-Bürgerrechtler Jens Reich ausgezeichnet, dem 2011 die französische Politikerin Simone Veil für ihre Verdienste um Europa folgte. 2013 erhielt die Literaturwissenschaftlerin und Publizistin Rachel Salamander den Preis für ihr entscheidendes Mitwirken am Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Regisseurin Andrea Brethwurde wurde 2015 für ihre herausragenden Inszenierungen der Schillerdramen Maria Stuart und Don Carlos ausgezeichnet. 2017 ging der Preis an den Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp, der als politisch und ästhetisch engagierte, weltweit überragende Figur der Kunstgeschichte gewürdigt wurde. 2019 an die Entwicklungsbiologin und studierte Biochemikerin Christiane Nüsslein-Volhard, die sich im Bereich der Genforschung und Entwicklungsbiologie verdient gemacht hat.
Mitglieder des Preisgerichts
Das Preisgericht besteht aus einem Kollegium von sieben Mitgliedern. Es setzt sich zusammen aus der Direktorin der Deutschen Schillergesellschaft, der Landeshistorikerin der Universität Tübingen, einem Vertreter der Philosophie, einem Vertreter der Theaterwissenschaften, einem Vertreter der Medizin und der Naturwissenschaften, einem Vertreter der Stiftung Weimarer Klassik und dem Bürgermeister der Stadt Marbach am Neckar als Vorsitzendem.