Literaturpreise

Jan Faktor erhält Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2022

27. September 2022
Redaktion Börsenblatt

Deutschlandfunk und die Stadt Braunschweig zeichnen Jan Faktor für sein Buch „Trottel“ (Kiepenheuer & Witsch) aus. Er revolutioniere das autofiktionale Schreiben. Der Wilhelm Raabe-Literaturpreis ist mit 30.000 Euro dotiert und zählt zu den bedeutendsten literarischen Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum.

Jan Faktor bringt das traditionelle Genre des Schelmenromans zum Explodieren: Als ‚Trottel‘, so der Titel des Werks, erzählt er sein Leben – aber wilder, überdrehter, radikaler als man es sich bislang vorstellen konnte. Dabei ist ein Werk von erstaunlicher Kraft entstanden“, heißt es in der Begründung der Jury.

In „Trottel“ erzählt Faktor autobiografisch von einem jungen Mann aus Prag, der Ende der 1970er Jahre der Liebe wegen in die DDR kommt. Faktor selbst zog 1978 gemeinsam mit seiner Frau Annette Simon nach Ost-Berlin. 

„Voller Wortspielereien, atmosphärischer Beschreibungen und grotesker Szenen bietet er einen ungewöhnlichen böhmischen Blick auf die schon so oft erzählte Lebenswelt der Ost-Berliner Bohème und in der späten DDR“, so die Jury weiter.

Dabei almagiere er tschechische und deutsche Literaturtraditionen. „Formale Experimentierfreude wird mit exzessivem Witz kombiniert, gebettet in einen mitreißenden Erzählstrom. Die Kunst Faktors erweist sich in der Konfrontation mit einer Lebenskatastrophe: Der Suizid des Sohnes wirkt als ständiger Kontrast in dieser Lebenserzählung. In schlichter, fortdauernder Trauer wird von dessen Weg in die Depression erzählt, aus der es kein Entrinnen gab. Albernes und Tragisches beleuchten sich bei Faktor gegenseitig – eine radikale Lebensbeschreibung, die das Genre des autofiktionalen Schreibens revolutioniert.“

Mit „Trottel“ setzte sich Jan Faktor gegen Katerina Poladjan, Julia Schock und Alain Claude Sulzer durch, die ebenfalls auf der Shortlist zum Wilhelm Raabe-Literaturpreis standen. Außerdem steht Faktor auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises:

Die Jury des Wilhelm Raabe-Literaturpreises besteht aus:

  • Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.)
  • Alexander Cammann (DIE ZEIT)
  • Thomas Geiger (Literarisches Colloquium Berlin)
  • Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig)
  • Sandra Kegel (FAZ)
  • Wiebke Porombka (Deutschlandfunk)
  • Michael Schmitt (3sat)
  • Katharina Teutsch (FAZ)
  • Hubert Winkels (Deutschlandfunk)


Braunschweigs Oberbürgermeister Thorsten Kornblum und Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue überreichen Jan Faktor den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2022 am 6. November im Rahmen eines Matinee-Festaktes im Kleinen Haus des Braunschweiger Staatstheaters.

Zum Wilhelm Raabe-Literaturpreis

Mit der Verleihung des Preises zeichnen die Stadt Braunschweig und der Deutschlandfunk jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzählerisches Werk aus. Mit der Auszeichnung soll exemplarisch das bis zum Zeitpunkt der Preisverleihung publizierte literarische Schaffen gewürdigt werden. Ein neues Buch des Preisträgers muss im laufenden Kalenderjahr der jeweils aktuellen Vergabe erschienen sein.

Zu den bisherigen Preisträgern gehören Rainald Goetz, Jochen Missfeldt, Ralf Rothmann, Wolf Haas, Katja Lange-Müller, Andreas Maier, Sibylle Lewitscharoff, Christian Kracht, Marion Poschmann, Thomas Hettche, Clemens J. Setz, Heinz Strunk, Petra Morsbach, Judith Schalansky, Norbert Scheuer, Christine Wunnicke und Gert Loschütz.