Jenny Erpenbeck erhält den International Booker Prize für ihren Roman "Kairos", der auf Deutsch bei Penguin erschienen ist. Ausgezeichnet wurde die gleichnamige englischsprachige Übersetzung von Michael Hofmann (Granta Books).
"In leuchtender Prosa" lege Jenny Erpenbeck die Komplexität der Beziehung zwischen einer jungen Studentin und einem viel älteren Schriftsteller offen.
"Was Kairos so ungewöhnlich macht, ist, dass es gleichzeitig schön und unbequem, persönlich und politisch ist. Erpenbeck lädt dazu ein, die Verbindung zwischen diesen generationsbestimmenden politischen Entwicklungen und einer verheerenden, ja brutalen Liebesbeziehung herzustellen und die Frage nach dem Wesen von Schicksal und Macht zu stellen. Wie die DDR beginnt auch dieses Buch mit Optimismus und Vertrauen, um dann zu zerbrechen", so die Juryvorsitzende Eleanor Wachtel.
"Die Übersetzung von Michael Hofmann fängt die Eloquenz und die Exzentrik von Erpenbecks Schreiben ein, den Rhythmus der aneinander gereihten Sätze, die Weite ihres emotionalen Vokabulars."
Jenny Erpenbeck, geboren 1967 in Ost-Berlin, debütierte 1999 mit der Novelle "Geschichte vom alten Kind". Es folgten zahlreiche Veröffentlichungen, darunter die Romane "Heimsuchung" (2008), "Aller Tage Abend" (2012), "Gehen, ging, gegangen" (2015) und "Kairos" (2021), sowie Erzählungen, Theaterstücke und Essays, etwa "Kein Roman" (2018) oder "Jenny Erpenbeck über Christine Lavant" (2023). Von Publikum und Kritik gleichermaßen gefeiert, wurde sie vielfach ausgezeichnet, ihr Werk erscheint in über 30 Sprachen.
Britta Egetemeier, Verlegerin Penguin Blanvalet: "Wir gratulieren Jenny Erpenbeck und Michael Hofmann voller Freude zu dieser internationalen Auszeichnung. Dass 'Kairos' und das Werk Jenny Erpenbecks auf der ganzen Welt übersetzt und gelesen und nun mit dem Booker Prize gewürdigt wird, unterstreicht genau das – Jenny Erpenbecks Erzählen geht weit über die deutsch-deutsche Geschichte hinaus und ist schlicht: Weltliteratur. Auch 'Kairos' handelt davon, wie Zeitgeschehen und individuelle Leben zusammenhängen. Was erleben und erinnern, was besitzen und verlieren wir? In der ambivalenten Liebesgeschichte von Hans und Katharina, dem großen Roman über das Ende der DDR, steckt ein universaler Schlüssel, überhaupt begreifen zu können, was es für Menschen bedeutet, wenn sich ihre Welt von einem Tag auf den anderen vollkommen verändert."
Der Internationale Booker Prize, der die besten ins Englische übersetzten Romane und Erzählungsbände auszeichnet, wurde Jenny Erpenbeck und Michael Hofmann am Abend des 21. Mais von Maison Valentino in London überreicht. Er ist mit 50.000 Pfund dotiert. Das Preisgeld wird gleichermaßen zwischen Autorin und Übersetzer geteilt. Jenny Erpenbeck, die schon 2018 auf der Longlist des Preises stand, ist die erste deutsche Autorin, die den Literaturpreis gewinnt. Michael Hofmann ist der erste männliche Übersetzer.