"Jeder Weltuntergang ist ein Unikat, doch jener, den die New Yorker Autorin Ling Ma in ihrem furiosen Debüt 'New York Ghost' imaginiert, einer so tragischen wie hellsichtigen Satire aus dem Head Office des globalen Kapitalismus, ist nicht nur einzigartig, sondern auch erschreckend gegenwärtig in seiner Abgründigkeit. Das liegt nicht allein daran, dass hier – obwohl im Original vor Corona erschienen – eine von China ausgehende Pandemie, das Shen-Fieber-Virus, die Menschheit dahinrafft. Es hat vor allem damit zu tun, wie sich dieses Fieber auswirkt: Es friert Menschen in ihren Routinen ein, über denen sie verfallen. So erweist es sich zugleich als Parodie dessen, was der weltweit siegreiche Neoliberalismus mit der Menschheit angestellt hat, gerade auch in den Zentren des großen Gelds. Mit der Protagonistin und Ich-Erzählerin Candace Chen, der klugen Einwanderertochter und Mitarbeiterin bei einem Verlagsdienstleister am Times Square, glückt der Autorin das detailgenaue Porträt einer Vertreterin der von Ziellosigkeit, Langeweile und Selbstbelohnung durch Konsum geprägten Schicht urbaner Millennials, die ganz in ihren entfremdeten Arbeitsroutinen aufgehen. Gegen das neue Virus immun, dokumentiert Candace den nur allmählich begriffenen Niedergang der Gesellschaft, bevor sie in einer Gruppe Überlebender landet, die aber von den Fehlern der fulminant gescheiterten Zivilisation nicht lassen kann. Ling Ma ist mit diesem Buch ein popliterarisch rasanter wie hintersinnig allegorischer Pandemieroman auf Weltniveau gelungen, den ein tiefes Verständnis für migrantische Lebensläufe sowie viel köstliche Selbstironie auszeichnen und der von Zoë Beck mitreißend übersetzt wurde. Für diese Entdeckung der Stunde gebührt dem Hamburger Verlag CulturBooks großer Dank."