Beim Treffen von 40 Wirtschaftsverbänden mit Bundeswirtschaftminister Peter Altmeier am Dienstag ist zumindest die Forderung Michael Buschs und anderer Unternehmer nach Gleichbehandlung erfüllt worden: Altmeier kündigte an, dass die Obergrenze von 750 Millionen Euro fallen solle. Somit wäre auch Thalia berechtigt, eine Förderung im Rahmen der Überbrückungshilfe III zu beantragen.
Busch hatte sich vor zehn Tagen der Forderung von S.-Oliver-Chef Claus-Dietrich Lahrs angeschlossen, die "willkürliche Begrenzung" der Überbrückungshilfe abzuschaffen: "Ich stehe zu 100 Prozent hinter den Forderungen an die Politik und halte insbesondere den Ausschluss von Unternehmen jeder Größenordnung für einen fundamentalen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz."
Im E-Commerce-Kanal K5 TV kritisiert der Thalia-Chef nun die fehlende Öffnungsperspektive für den Handel: "Mit Hoffnung können wir kein Land steuern, wir brauchen Öffnungsszenarien der Regierung." Dem gesamten stationären Handel gehe es katastrophal, vor allem nach dem fehlenden Weihnachtsgeschäft. Man müsse im vernünftigen Maße finanziell unterstützt werden. Nicht nur um zu überleben, sondern vor allem um innovativ bleiben zu können. Denn nur so hätten Unternehmen eine Zukunft nach Corona. Die Pandemie habe den Markt in einer Geschwindigkeit zur Weiterentwicklung gezwungen, die sonst erst im Verlauf der nächsten fünf bis zehn Jahre stattgefunden hätte. Doch diese Innovationsmöglichkeiten gingen durch fehlende Investitionsfähigkeit und Perspektivlosigkeit verloren.
"Führung heißt Perspektive geben", so der Thalia-Chef über sein Unternehmen, was Innovation ganz groß schreibt. Diese fehle Busch in der Regierung: "Das Land hat keinen CEO, nur viele Häuptlinge, aber keinen, der das Land nach vorne bringt." Er fordert nun Strategien, die ein Leben mit Corona möglich machen, ohne die Wirtschaft in relevanten und mit vielen Arbeitsplätzen verbundenen Branchen gegen die Wand zu fahren.
Doch ich sehe niemand, der einmal eine richtige Perspektive für die Öffnung
für den Handel aufzeigt.
Alles ist nur in einer Art von Wartestellung.
Dabei benötigen wir für den Einzelhandel dringend neue
Weichenstellungen auf Gelb und dann Grün.
Auch dieses ,Click und Clock` müsste viel besser funktionieren
und mehr angenommen werden.
Man kann nicht den gesamten Handel an die Wand fahren.
Dadurch kommt eine Pleitewelle und eine Arbeitslosigkeit auf uns zu.
Und dies sollte doch verhindert werden.
Es müssen langsam wieder die Kontakte zu den Kunden/- innen kommen.
Harald Kraft
Handelsunternehmen berechtigt ist und so legitim grundgesetzliche Hinweise
auf den „Gleichheitsgrundsatz“ sein mögen (auch kleinere Verlage kämpfen um
Staatshilfen!), so bedenklich ist doch das Verständnis unserem Gemeinwesen
gegenüber, von dem mit guten Argumenten Unterstützungsleistungen
verlangt werden können.
Das demokratische Deutschland hat keinen CEO, eine solche Institution
wäre verfassungswidrig. Hätten wir einen CEO, gäbe es keine offene und
freie Gesellschaft und damit keine Verlage und keine Buchhandlungen
des Zuschnitts, den wir gewohnt sind. Unser Staat fußt auf dem Prinzip der
Gewaltenteilung und die Bundeskanzlerin oder Ministerpräsidenten unterliegen
selbst in Krisenzeiten einer demokratischen Kontrolle. U.a. deswegen wird
genau darüber gerade auch ein öffentlicher Diskurs geführt.
Ein CEO kann auf Meinungsfreiheit verzichten und er ist in seiner
Machtausübung im Innern des Unternehmens keinen Beschränkungen
außer den Schranken des Gesetzes ausgesetzt. Unternehmen sind keine
demokratischen Veranstaltungen. Ein CEO hat allenfalls einen Aufsichtsrat oder
Gesellschafter, die die ökonomische Performance überwachen und auch die
der Vorstandsmitglieder. Mehr nicht. Um ein Staatswohl muss sich ein CEO
nicht kümmern. Die verheerenden Folgen dessen, wenn ein Staatspräsident
sich als CEO eines Landes versteht, konnten wir jüngst besichtigen. Was
immer man unseren gewählten Politikern vorwerfen mag, sie müssen in
ihrem Handeln das gesellschaftliche Ganze im Blick behalten. Das ist ein
wesentlicher Unterschied, der Staatsformen voneinander trennt.
Regierungsinstitutionen unterliegen in einem demokratischen Staat einer
parlamentarischen Kontrolle. Das Treueverhältnis eines CEOs, der von
niemandem gewählt, sondern bestellt wird, bezieht sich nur auf sein
Unternehmen. Er kann auf Meinungsfreiheit in seinem Unternehmen
verzichten, soweit fundamentale Grundrechte gewahrt werden. Herr Busch
kann seine Forderungen an den Staat als Meinung nur deshalb frei und
mit Nachdruck äußern, weil er sich gerade nicht an einen eher
autokratisch handelnden CEO wenden muss, sondern an eine frei
gewählte Regierung, die seine öffentlich vorgetragenen Forderungen
berücksichtigen muss. Der nächste Wahltag kommt sicher. Der
Deutschland-CEO würde diese aber schlicht ignorieren können. Bundeskanzlerin und Ministerpräsidenten leben in einer viel komplexeren Welt als ein CEO. Unserer Rechtsordnung und dem Souverän, das ist das Volk, das sie (indirekt) wählt, sei Dank.
Wenn man Führung verlangt – zu Recht -, denn die gibt es auch in
Demokratien, muss man nicht gleich Strukturen auf Staatsebenen fordern,
die das Ende unserer Branche bedeuten würden. Ein Deutschland-CEO
wäre das Ende unserer Demokratie und unserer Branche. Man nennt
das Autokratie und die Beispiele allerorten zeigen, wohin das führen
würde. Auch die Buchhandelskette Thalia sähe dann ihrem Ende
entgegen. Daher sollten wir hoffen, nie einen CEO für Deutschland
zu haben, damit auch Herr Busch in Zukunft seine Forderungen
jederzeit öffentlich stellen kann. Dafür werde ich persönlich
immer eintreten!
Das weiß jeder, der einmal in den Genuss seiner Berichte als Schatzmeister kam!