Kolumne von Sarah Omphalius

Warum wir mehr Kinder- und Jugendsachbücher brauchen

7. Juli 2021
Redaktion Börsenblatt

Die Bedeutung des Sachbuchs kann für unsere Kolumnistin Sarah Omphalius gar nicht hoch genug geschätzt werden. Insbesondere im Kinder- und Jugendbuch wünscht sie sich größere Aufmerksamkeit für das Medium.

Die Bedeutung des Sachbuchs als Debattenmedium kann meiner Ansicht nach nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Im Sachbuch werden Themen außerhalb des tagesaktuellen Medienzyklus‘ vertiefend bearbeitet. Fakten werden hier im besten Fall nicht nur veröffentlicht, sondern auch in einen historischen und gesellschaftlichen Kontext gesetzt. Außerdem erläutern Sachbuchautor*innen häufig Verfahren und Methoden, sodass ein Forschungsergebnis auch für den Laien nachvollziehbar wird.  Ein besseres Verständnis von einem Thema kann zu einem bleibenden Interesse führen. Für Politik und Gesellschaft könnte dies bedeuten, dass die allgemeine Informiertheit zu einer Fokussierung gemeinsamer Themen, verbesserter Integration und gesteigerter politischer Partizipation führt.

Ich finde es dementsprechend wunderbar, dass Sachbücher durch einen Preis wie dem Deutschen Sachbuchpreis mehr Aufmerksamkeit und Würdigung erhalten. Dasselbe würde ich mir aber auch für Kinder- und Jugendsachbücher wünschen. Die Situation ist ja ganz ähnlich wie bei den Erwachsenen. Während es auf der einen Seite gut informierte Kinder und Jugendliche gibt, die ihr Wissen nutzen, um Politik mitzugestalten wie etwa die Akteur*innen von Fridays for Future, hat auf der anderen Seite die PISA-Sonderauswertung der OECD 2021 festgestellt, dass weniger als die Hälfte der 15-Jährigen in Deutschland beim Lesen nicht in der Lage ist, Fakten von Meinungen zu unterscheiden.

Dieses Ergebnis finde ich erschreckend, denn aller Wahrscheinlichkeit nach werden diese Jugendlichen ja auch als Erwachsene nur noch schwer lernen, Fakten als solche zu erkennen. Je früher die Menschen also mit dem Debattenmedium Sachbuch bekannt werden desto besser. Ein weiteres Ergebnis der Studie war, dass häufiges Lesen von gedruckten und digitalen Büchern die Lesekompetenz erhöhen und damit auch die Nutzung der Digitalen Medien verbessern. Allerdings nahm die Freude am Lesen unter Kindern und Jugendlichen im vergangenen Jahr so stark ab wie in kaum einem anderen Land.

Das Sachbuch kann eine wesentliche Rolle dabei spielen, junge Leser*innen zurück zu gewinnen. Es kann sie überhaupt zum Lesen inspirieren, Wissenslücken schließen und zum Diskurs anregen. Langfristig kann es sogar einen Beitrag dazu leisten, dass eine schon in jungen Jahren informierte Bevölkerung weniger leicht zu manipulieren ist. Viele Verlage bieten zu ihren Kinder- und Jugendsachbüchern bereits Zusatzmaterial für den Unterricht an. Leider werden diese Angebote von Schulen noch nicht im vollen Umfang genutzt.

Wichtig wäre also, dass Kinder- und Jugendsachbücher allgemein stärker in den Fokus gerückt werden. Dies könnte, wie bei Sachbüchern für Erwachsene zum Beispiel durch renommierte Preise geschehen. Auch Empfehlungen bei Podcasts wie der „Kinderbuchpraxis!“ wären ein weiterer Schritt. Falls sie mal ein Geschenk für Kinder und Jugendliche im Bekanntenkreis suchen, empfehle ich ein Sachbuch zu deren Lieblingsthema.

Unsere Kolumnistin

Sarah Omphalius studiert seit 2018 Buchwissenschaft und Komparatistik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Während eines Auslandssemesters an der Universidad Complutense de Madrid verschaffte sie sich außerdem Einblicke in den Studiengang der Mediendokumentation. Bei den Jungen Verlags- und Medienmenschen ist sie als Schriftführerin im Vorstand tätig und moderiert das Team des jährlich stattfindenden Weiterbildungstags. Im Börsenblatt schreibt Omphalius Kolumnen über den Berufseinstieg, die Debattenkultur und allgemeine Branchenthemen aus Sicht einer Young Professional.