Jugendbuchmesse Bologna

"Schon dafür hat sich’s gelohnt"

25. März 2022
Stefan Hauck

21.432 Fachbesucher:innen und damit rund 25 Prozent weniger als 2019 kamen zur Jugendbuchmesse nach Bologna – aber dahinter steckt ein Mehr an Begegnungen, an Austausch und Netzwerken in den Hallen und abends in der Stadt: eine kleine Messebilanz.

Die langen Schlangen der jungen Illustrator:innen, die geduldig darauf warteten, Verleger: innen und Lektor:innen am Stand ihre Arbeitsproben zu präsentieren: ein Bild wie in Vor-Corona-Zeiten. Es sind dieselben Hoffnungen auf Beachtung-finden, auf eine Chance, einen ersten Illustrationsauftrag, wie sich in Gesprächen herausstellt. Sie freuen sich über die Begutachtung ihrer Arbeiten face-to-face, endlich live und eben auf gut Glück, "das ist ja ein Dialog, wie er per Videoschalte nie hinzukriegen ist", meint einer von ihnen, und eine andere in der Schlange ergänzt: "Soweit bin ich überhaupt noch nie vorgedrungen." Hier in Bologna muss keiner durch irgendwelche Voranmeldungen, wer sich einreiht, darf sein Können zeigen, ihm wird gezeigt, was noch nicht so funktioniert, woran er arbeiten soll bis zum nächsten Jahr: Überhaupt mal ein Feedback von Lektor:innen zu bekommen, das finden sie gut. Auf einen kleinen Vignettenauftrag oder dass jemand ihr Buchprojekt, wenn sie eines dabei haben, mag und mehr möchte, darauf hoffen fast alle. Dabei sein, wahrgenommen werden, mit den anderen Erfahrungen austauschen: "Schon dafür hat sich’s gelohnt."

Sich austauschen und netzwerken, das stand auch bei den Ausstellern und den Verlagsmitarbeiter:innen im Vordergrund, die keinen Stand hatten – für manche eine ungewohnte Situation, so mit Mantel und Tasche durch die Hallen zu ziehen. Beherrschendes Thema waren der Papiermangel, der Kostendruck und die vielen Überlegungen, wie man gerade mit Kinderbüchern sowohl den ukrainischen Verlagen als auch den geflüchteten Kindern helfen kann (siehe "Endlich wieder Bologna!"); jeder zweite Stand war blau-gelb beflaggt. Das Modell des vergrößerten Gemeinschaftsstands, das Myriam Lang mit den Schweizern auf der vergangenen Frankfurter Buchmesse umtriebig und bunt vorgestellt hatte, hat sich auch anderswo bewährt und eine zuvor gar nicht so sichtbare Nähe demonstriert: Wer sich zwangsläufig über den Weg läuft, der kommt ins Gespräch. Was in den wenigsten Fällen ohne Folgen bleibt, wie das Beispiel des von der Frankfurter Buchmesse unter Imke Buhre organisierten und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen bespielten Deutschen Gemeinschaftsstands zeigte. Dass der avj-Empfang am Sonntagabend ausfiel, wurde allgemein bedauert – der zur festen Tradition gewordene Messeauftakt, die Selbstvergewisserung der deutschsprachigen Jugendbuchszene, das Letzte-Termine-Ausmachen, das Auf-den-neuesten-Stand-bringen fehlte und wurde durch viele kleine Runden (die auch zehn und mehr Köpfe umfassen konnten) in Trattorien ersetzt.

Die europäischen Verlage dominierten diese Messe, mal abgesehen vom Gastlandauftritt des Emirats Sharjah, die mit Trommeln und Tänzen für Aufmerksamkeit sorgten. 60 Prozent der Messebesucher kamen in diesem Jahr aus Italien, was entsprechend zu proppevollen italienischen Hallen führte – an manchen Ständen gerade von Indie-Verlagen "knubbelte" es sich spürbar, zumal dort gleich verkauft wurde. Die milde Sonne machte es möglich, dass nicht wenige Gespräche kurzerhand vor die Halle nach draußen verlegt wurden, wo auch coronakonformes Essen und Trinken möglich war; kleine Imbissbuden hatten großflächig Holzbänke aufgestellt. Da kehrte selbst bei für gewöhnlich gehetzteren Verleger:innen Ruhe ein. In der Stadt selbst übrigens entwickelte sich der Platz vor San Stefano zum spätabendlichen Treffpunkt, was früher einmal die legendäre Neon-Bar und dann die Swinebar waren, unter den Arkaden auch hier.

Was auf der Messe bewegt hat, darüber sprechen auch in der Kinderbuchpraxis (die diesmal vor Ort in Bologna war) Autorin und Illustratorin Sybille Hein und Thienemann-Esslinger Verlegerin Bärbel Dorweiler, die innerhalb einer Minute ganz spontan zugesagt haben, dabei zu sein: Mille grazie an Euch, das war wundervoll!

Hineinhören in die aktuelle Folge der Kinderbuchpraxis können Sie hier.