Aufregung um Roald Dahl

Rushdie wirft Puffin Books Zensur vor

20. Februar 2023
Redaktion Börsenblatt

Nachdem bekannt wurde, dass Roald Dahls Bücher umgeschrieben wurden, um als anstößig empfundene Sprache zu entfernen, zeigte sich Schriftsteller Salman Rushdie empört: "Puffin Books und die Dahl-Rechteinhaber sollten sich schämen."

Roald Dahl signiert in Amsterdam 1988

"fett" und "hässlich" gibt es nicht mehr

Die Änderungen an Dahls Büchern sind der Versuch, junge Leser:innen vor kulturellen, ethnischen und geschlechtsspezifischen Stereotypen zu schützen. Aus der Beschreibung der schrecklichen Traktoren in "The Fabulous Mr Fox" etwa wurde das das Adjektiv "schwarz"  eliminiert; die Maschinen sind jetzt nur noch "mörderische, brutal aussehende Monster". Charlies gefräßiger Gegenspieler in "Charlie und die Schokoladenfabrik" (1964), Augustus Gloop, ist nicht mehr "enorm fett", sondern nur noch "enorm". Der Genderneutralität wegen werden die Arbeiter in der Fabrik nicht mehr als "kleine Männer" beschrieben, sondern als "kleine Leute", aus "Jungen und Mädchen" wurden "Kinder", berichtet "The Telegraph". Zudem wurden Textpassagen hinzugefügt: In "Hexen hexen" steht nun nach einem Absatz darüber, dass die Wesen unter ihren Perücken kahl seien, dass es viele Gründe für Frauen gebe, Perücken zu tragen und daran gäbe es nichts auszusetzen. In "Die Zwicks stehen Kopf" (1980) wurde das Adjektiv "hässlich" bei der Beschreibung von Frau Zwick als "hässlich und bestialisch" gestrichen.

Harsche Kritik an den Überarbeitungen

Kritiker:innen bemängeln, dass die Überarbeitungen die Originalität der Autor:innen untergraben und die Leser:innen daran hindern, sich mit der Welt, wie sie ist, auseinanderzusetzen. "Die Herausgeber von Puffin sollten sich schämen für die verpfuschte Operation, die sie an einigen der besten Kinderbücher Großbritanniens vorgenommen haben", schrieb Laura Hackett, stellvertretende Literaturredakteurin der "Sunday Times". Sie sei "alarmiert" über die Berichte über die Änderungen an Dahls Büchern, twitterte Suzanne Nossel, die Geschäftsführerin von PEN America. "Wenn wir anfangen, vermeintliche Beleidigungen zu korrigieren, anstatt den Lesern zu erlauben, Bücher so zu rezipieren und darauf zu reagieren, wie sie geschrieben wurden, riskieren wir, die Arbeit großer Autoren zu verzerren und die wesentliche Linse, die die Literatur auf die Gesellschaft wirft, zu trüben." Salman Rushdie twitterte: "Roald Dahl war kein Engel, aber das ist absurde Zensur. Puffin Books und der Dahl-Nachlass sollten sich schämen."

"Überarbeitung nicht unüblich"

Die Sprache in Dahls Kinderbüchern wurde in Zusammenarbeit mit Inclusive Minds überprüft, einem Kollektiv, das Kinderliteratur inklusiver machen will. Alle Änderungen seien "klein und sorgfältig überlegt", wird Inclusive Minds im "Guardian" zitiert. Mit der Analyse der Texte hat das Unternehmen bereits 2020 begonnen, bevor Netflix die Roald Dahl Story Company aufkaufte. Die Company, die die Rechte an den Büchern besitzt, erklärte, sie habe mit dem zu Penguin gehörenden Verlag Puffin Books bei der Überarbeitung der Texte zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass "Dahls wunderbare Geschichten und Figuren auch heute noch von allen Kindern genossen werden können". Der Verlag gab laut "Guardian" bekannt, dass die Veränderungen mit Bedacht erfolgt seien und: "Es ist nicht unüblich, die Sprache vor einer neuen Druckauflage noch einmal zu überarbeiten."

Von Roald Dahls Büchern wurden mehr als 300 Millionen Exemplare verkauft und in 68 Sprachen übersetzt. Dahl war 1990 im Alter von 74 Jahren gestorben.