Kampnagel distanziert sich von Klaus Püschel
In einem Statement distanziert sich das Hamburger Produktionshaus Kampnagel von einer Veranstaltung mit Klaus Püschel. Der Rechtsmediziner liest im Rahmen des Krimifestivals Hamburg.
In einem Statement distanziert sich das Hamburger Produktionshaus Kampnagel von einer Veranstaltung mit Klaus Püschel. Der Rechtsmediziner liest im Rahmen des Krimifestivals Hamburg.
"Kampnagel distanziert sich von der Lesung mit Klaus Püschel, die am 4.11. im Rahmen des Krimifestivals auf Kampnagel stattfinden soll“, heißt es in einem Statement des Hamburger Produktionshaus Kampnagel. Seit mehreren Jahren findet dort das Krimifestival Hamburg statt, das vom Hamburger Abendblatt, der Buchhandlung Heymann und dem Literaturhaus Hamburg stattfindet. Als Mieter besitzen sie Programmhoheit.
Kampnagel hätte sich gewünscht rechtzeitig auf die Veranstaltung aufmerksam geworden zu sein, um sie im Voraus in Frage zu stellen, heißt es im Statement weiter. Man schätze die jahrelange gute Kooperation mit dem Krimifestival, wolle aber die kritische Haltung zur Einladung von Klaus Püschel nach internen Gesprächen mit den Mietern auch öffentlich zum Ausdruck bringen.
Grund für die Distanzierung ist der zwangsweise Brechmitteleinsatz bei Verdächtigen am Institut für Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zwischen 2001 und 2006, die Püschel als Leiter verantwortete. Laut einer Recherche der Initiative zum Gedenken an Achidi John, der 2001 nach zwangsweiser Brechmittelvergabe starb, sind davon mindestens 530, fast ausschließlich Schwarze, Personen betroffen.
2006 gab es ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, nach dem der zwangsweise Einsatz von Brechmitteln eine Foltermethode und daher menschenrechtswidrig sei. Klaus Püschel wurde allerdings nie verurteilt.
"Kampnagel zeigt als Institution eine klare Haltung gegen Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung und setzt sich seit Jahren mit vielen Veranstaltungen kritisch u.a. mit Strukturen von institutionellem Rassismus und mit Erinnerungskultur für Opfer rassistischer Gewalt auseinander. Wir arbeiten mit einem großen Netzwerk von Geflüchteten, Menschen mit Migrationsgeschichte und Aktivist*innen zusammen, deren Vertrauen wir nachhaltig verletzen, wenn Klaus Püschel in unserem Haus eine Bühne bekommt."
Gemeinsam mit anderen internationalen Produktionshäusern hat sich Kampnagel, das sich klar links positioniert, zur Antidiskriminierung selbstverpflichtet. Produktionshäuser sollen demnach unabhängig von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Nationalität, Behinderung. Religion, Kultur, Aufenthaltsstatus, Klasse oder Aussehen diskriminierungssensible Orte sein. Sie haben sich damit auch zu "aktivem und präventivem Vorgehen gegen jegliche Form von Diskriminierung verpflichtet. Bei Bekanntwerden diskriminierender Vorfälle werden wir diese unverzüglich thematisieren und Maßnahmen ergreifen."
Der Auftritt Püschels soll weiterhin wie geplant stattfinden. Im Gespräch mit dem NDR sagt Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard, dass sie ihren Partnern keine Vorschriften machen werde, sie als Produktionshaus jedoch versuchen, ihre Partner zu sensibilisieren. Die Veranstalter des Hamburger Krimifestivals haben dem NDR kein Statement geben wollen.
Im Interview mit Zeit Online hat Deuflhard den Vorwurf der "Cancel Culture" verneint. "Ich habe noch nie etwas abgesagt. Ich bin davon auch kein Fan – ich finde, man muss sich vorher überlegen, wen man einlädt. Deshalb will ich die Veranstaltung nicht 'canceln', aber deutlich zum Ausdruck bringen, dass Kampnagel Klaus Püschel nicht programmiert hätte und dass es wichtig ist, eine kritische Auseinandersetzung zu führen."
article233739403/kampnagel-klaus-
pueschel-rassismus-abrechnung.html