Lünebuch

"Nicht der bequemste Weg, aber ein wichtiger"

2. Februar 2024
Sofia Lehmann

Die Buchhandlung Lünebuch in der niedersächsischen Kleinstadt Lüneburg schließt zur Demonstration gegen rechts zwei Stunden vor eigentlichem Ladenschluss ihre Türen und setzt sich auch sonst jeden Tag aktiv und präsent gegen extremistische Positionen ein. Sylvia Anderle, zuständig für Events und Marketing bei Lünebuch, zeigt, was der Buchhandel leisten kann, um unsere Demokratie zu stärken. 

#niewiederistjetzt: Das Plakat der Buchhandlung Lünebuch

Das Engagement von Lünebuch ist laut und sichtbar wie im Falle der früheren Ladenschließung am Samstag, dem 20. Januar. Nicht nur in den Sozialen Medien positionierte sich die Buchhandlung mit ihrem Plakat, auch vor Ort fand es aufmerksamkeitswirksam an der Ladentür seinen Platz. Über Aufsteller an den Kassen und persönlicher Ansprache wurden wirklich alle Kund:innen über die Kundgebung und Lünebuchs Zeichen gegen rechte Politik informiert. Um 17 Uhr versammelte sich das Lünebuch-Team mit um die 10.000 weitere entschlossene Bewohner:innen der Kleinstadt auf dem Rathausplatz.

Warum so deutlich? "Die allgemeine politische Lage bereitet uns Sorge, unsere Demokratie wird massiv angegriffen", erklärt Sylvia Anderle im Gespräch. "Daher beziehen wir noch deutlicher Position – und wollen dies auch allen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen." Seit dem 27. Januar, dem Gedenktag für die Befreiung von Auschwitz, steht ein Aufsteller mit dem Aufdruck #niewiederistjetzt bei Lünebuch. Bald können auch Kund:innen und Mitarbeiter:innen  das Motiv auf Buttons tragen, die Pressmaschine ist schon bestellt.

Die Rückmeldungen zur früheren Ladenschließung können dabei als Motivation für die Zeichensetzung der Buchhandlung wirken. "Es wurde unglaublich viel Sympathie, Dank und Anerkennung für unsere klare Positionierung geäußert, sowohl in der direkten Kundenansprache, in der Stadt, in Gesprächen mit Bekannten – und ebenfalls ausschließlich positiv – auf unseren Social Media-Kanälen. Das hat uns sehr beeindruckt", so Sylvia Anderle. Damit hätten sie im Vorfeld nicht so stark gerechnet.

Das Plakat zur Demonstration 

Nein sagen zu extremistischen Inhalten

Neben der üblichen Buchhandlungs-Waffe – einem Büchertisch mit politisch aufklärender Literatur zum Beispiel – hat Lünebuch-Inhaber Jan Orthey noch eine andere Möglichkeit ergriffen, der Verbreitung von extremistischen Ideen entgegen zu steuern, erörtert Anderle: "Wir listen rechts- und linksradikale Verlage und AutorInnen aus – und argumentieren dies auch den Menschen, die diese Bücher bei uns bestellen möchten, gegenüber." Den Vorwurf, damit zu zensieren, würden sie dabei am häufigsten hören, erzählt die Buchhändlerin. "Zensur ist eine staatliche Angelegenheit. Wir zensieren nicht. Wir entscheiden uns nur dafür, dass wir mit diesen Inhalten keine Geschäftsverbindungen eingehen möchten. Die Kunden dürfen immer noch woanders ihren Lesestoff erwerben."

Ein Buch nicht zu liefern und zu verkaufen sei erstmal ein Bruch mit der buchhändlerischen Arbeitsweise, aber bei extremistischen Inhalten gehe es nicht um persönliche Meinungen und Einstellungen, verdeutlicht Sylvia Anderle. Die Mitarbeiter:innen seien dabei frei in ihrem Urteil: "Unsere BuchhändlerInnen sind bevollmächtigt, diese Entscheidungen selbständig und konsequent zu treffen. Sollte uns über unseren Webshop doch einmal eine Bestellung 'durchrutschen', stornieren/remittieren wie die Titel und teilen den Kunden mit, dass wir zu dem betreffenden Verlag keine Geschäftsbeziehung haben." Auszubildende seien durch fehlende Erfahrung in manchen Situationen noch unsicher, erhalten aber Förderung: "Unsere Auszubildenden werden diesbezüglich besonders hausintern geschult – und holen sich bei Bedarf die Unterstützung erfahrener KollegInnen hinzu."

Nur der Anfang

Das auch mit allen kreativen Möglichkeiten und zukünftigen Veranstaltungen noch nicht genug getan ist, ist am Ende des Gesprächs ersichtlich. "Wir müssen alle gemeinsam dranbleiben. Wir als Lünebuch und jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin für sich wird aktiv bleiben", so Anderle. Auch bei der Gedenkveranstaltung in der Stadt am 27. Januar haben einige Buchhändler:innen aus dem Lünebuch-Team teilgenommen. "Wir rufen dazu auf, sich auch in der Mitte zu positionieren – und die ist breit und vielfältig. Sich positionieren, das ist nicht immer die bequemste Lösung, aber in der Machbarkeit das, was jeder kann."