Bericht der Preisbindungstreuhänder

"In ruhigem Fahrwasser"

29. September 2023
Michael Roesler-Graichen

Dieter Wallenfels und Christian Russ, die Preisbindungstreuhänder der Verlage, haben ihren aktuellen Arbeitsbericht vorgelegt. Zwei Schwerpunkte darin: das Thema Rabattspreizung und die Frage, welche Nebenleistungen im Bibliotheksgeschäft handelsüblich seien.

Überzeugungsarbeit in die Branche hinein: Instagram-Motiv zur inneren Buchpreisbindung. 

Insgesamt, so die Preisbindungstreuhänder der Verlage, Dieter Wallenfels und Christian Russ (Kanzlei Fuhrmann Wallenfels), befinde sich die Preisbindung "in ruhigem Fahrwasser". Absichtliche Preisbindungsverstöße seien weiterhin selten, eine "nicht auszurottende Unsitte" sei es aber, verlagsneue Bücher als "Mängelexemplare" weit unter Ladenpreis anzubieten.

Problematisch seien zudem immer weiter reichende Dienstleistungsangebote im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen, die den mittelständischen Buchhandel verdrängten.

Ein weiteres Problem stellten Bonus-, Rabatt- und Kundenbindungssysteme großer Online-Player dar, derer man nicht mit dem Instrumentarium des Buchpreisbindungsgesetzes Herr werde.

Konditionen und Rabattspreizung

Ein Thema, das die Branche in den vergangenen Jahren sehr beschäftigt hat, sind die Konditionen und die Diskussion um Paragraf 6 des Buchpreisbindungsgesetzes. Wallenfels und Russ hatten sich schon vor Jahren für eine Gesetzesänderung eingesetzt, die die Generalklausel der Vorschrift in dem Sinne präzisiert, dass Rabatte, Boni und Werbekostenzuschüsse von insgesamt mehr als der Hälfte des Ladenpreises weder verlangt noch gewährt werden dürften. Da es weder in der gegenwärtigen politischen Konstellation eine Chance auf Realisierung eines solchen Vorschlags noch ausreichenden Rückhalt in allen Teilen der Branche gibt, habe sich der Börsenverein dafür entschieden, das Problem im Branchenkonsens zu lösen.

Zwei Umfragen förderten zutage,

dass viele Verlage ihre Konditionen auch zugunsten des Buchhandels angepasst haben,

dass der Zwischenbuchhandel Konditionenverbesserungen weitergegeben hat, und

dass die Probleme im Bereich der Konditionenspreizung in der Branche inzwischen als nicht mehr so dringlich eingeschätzt werden.

Eine weitere Beobachtung des Themas hält der Börsenverein aber für unabdingbar. Die zur Schlichtung eingerichtete Ombudsstelle sei nach wie vor wichtig und notwendig; über deren Arbeit sollte verstärkt informiert werden.

 

Branche gegen Mindestpreisbindung

Die von Thalia angestoßene Diskussion um einen Mindestladenpreis für Bücher nach österreichischem Vorbild lehnt die Branche nach Ansicht von Wallenfels und Russ ab. Unter anderem würde eine Mindestpreisbindung das Vertrauen der Kunden unterminieren, für die das Argument "Bücher haben feste Preise" entscheidend sei. In den Augen der Verbraucher wären die stationären Buchhändler die "preislich intransparenten Apotheken, der Online-Handel die transparente und immer günstigste Alternative".

Im November 2022 hatten sich die Fachausschüsse im Börsenverein mit deutlicher Mehrheit gegen eine Änderung des deutschen Buchpreisbindungsgesetzes ausgesprochen. 

Gerichtsverfahren

Noch nicht abgeschlossen ist das Gerichtsverfahren um die "10-Prozent-Adventsrabatt"-Aktion von Ebay. Nachdem das OLG Frankfurt am Main mit seinem Urteil vom 14. März 2023 der Argumentation des Online-Players folgte und eine Revision nicht zuließ, hofft der Börsenverein nun, dass die von ihm eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof Erfolg hat. Sollte der BGH die Revision zulassen, wäre ein anderer Verfahrensausgang immerhin denkbar.

In einem zweiten Verfahren, das die Preisbindungstreuhänder gegen Hugendubel digital anstrengten, ging es um die oben erwähnte Frage der "Mängelexemplare". Das Landgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 11. August 2021 entschieden, dass das Anbringen eines "Mängelstempels" nicht ausreiche, um den Ladenpreis zu unterbieten. "Der Mängelstempel setze einen tatsächlichen Mangel voraus und könne selbst nicht die Mangelhaftigkeit des Buches begründen."

Welche Nebenleistungen sind handelsüblich?

Der Streit um die Vergabe von Aufträgen im Bibliotheksgeschäft – hochgekocht in Leipzig und in Hannover – wirft die Frage auf, welche Dienstleistungen von Buchhändlern als handelsüblich angesehen werden können und welche nicht. Nach Meinung der Preisbindungstreuhänder gehe es "in vergaberechtlichen Angelegenheiten ... häufig um eine Verlagerung des unzulässigen Preiswettbewerbs auf die Ebene der Nebenleistungen". Wie problematisch eine Bewertung im Einzelfall sein kann, zeigt die Frage des Anbringens von Etiketten. Stellt diese die Bibliothek dem liefernden Buchhändler bereit, sei dies noch im Rahmen des Üblichen. Beschafft aber der Buchhändler selbst die Etiketten, um sie auf die Bücher aufzubringen, verlässt er den Rahmen des Erlaubten. Die Frage ist kompliziert und strittig, wie jüngste Entscheidungen von Vergabekammern zeigen. Es sei zunehmend schwierig, so Wallenfels und Russ, die Einhaltung der preisbindungsrechtlichen Spielregeln im Vergabeverfahren durchzusetzen.