"Lieber Christian,
als die Nachricht von deinem Tod auf meinem Bildschirm aufflackerte, stand die Buchwelt für einen Moment still. Wir alle wussten, es geht dir nicht gut. Wir alle spürten, du ziehst dich zurück. Wir alle sahen, du regelst deine Dinge.
Du, der du immer Verantwortung für dein Team übernommen hast, du, der du immer für alle da warst, verabschiedetest dich aus der ersten Reihe. Aber doch bitte nicht ganz!
Lieber CvZ,
seit ich denken kann bist du einer der Dreh- und Angelpunkte dieser Branche, in die ich per Zufall kam, in der ich blieb, auch, weil ich so freundlich aufgenommen wurde. Vor allem eben auch von dir. Deine Neugier, dein immer offenes Ohr, ja auch, dein offenes Herz.
Eines unserer ersten Gespräche drehte sich darum, was die Buchbranche von den Creative Industries lernen könnte, in denen unser Verlag zuhause ist. Wir standen zusammen und tauschten Gedanken aus, wahrscheinlich tranken wir ein Glas Bier. Ich erzählte dir vom Wettbewerb des Art Directors Club. Du warfst Andreas Meyer, der neben mir stand, einen fragenden Blick zu „spinnt die oder wäre das nicht auch was für uns?“ – und zack – war der BuchMarktAward geboren.
Ich durfte die ersten Jahre begleiten, dann legten wir das Projekt in andere Hände. Es war eine Chance für mich, die Neue. Es war ein Impuls für die Branche. Etwas Neues. Das Neue hat dich immer gereizt.
Wenn du vertrautest, dann ganz. Deiner Familie, deinem Team – und plötzlich eben auch mir.
Dabei war ich doch erst kurz dabei. Quereinsteigerin. Das interessierte dich nicht. Ich glaube, du hast Menschen gesammelt. In deinem großen, offenen Herzen. Wer darin einmal seinen Platz gefunden hatte, der hatte ein Zuhause.
Manchmal wenn ich samstags auf dem Weg in die Stadt war, riefst du an. Du wusstest, dass ich für dich umdrehe und aufs Zeichen genau schreibe - und manchmal bekam ich diese Chance.
Irgendwann hatte ich wohl eine nach außen nicht definierte Hürde genommen, du ludst mich ein nach Meerbusch, zeigtest mir die Buchhandlung deiner Frau. Den Weinladen, den du damals gegenüber führtest. Bei euch zuhause aßen wir Kuchen und ich verstand, wem du die unendlich vielen Lachfalten auf deinem Gesicht verdanktest: Mrs Books.
Als sie krank wurde, als sie starb, da ging auch ein Teil von dir.
Du hast dich dann noch einmal neu erfunden. Und dann kam der Krebs ein zweites Mal in eure Familie. Das Leben ist nicht fair!
Lieber CvZ,
die Buchbranche verdankt dir mehr als ich in Worte zu fassen vermag. Wir können von deinem unerschütterlichen Mut lernen und dein großes Herz in Erinnerung behalten. Vielleicht warst du so etwas wie der Herzschrittmacher der Buchbranche. Du, der du jeden kanntest, alles wusstest - und doch immer auch zu schweigen vermochtest. Und zu vernetzen. Zu vertrauen. Und zu improvisieren. Eine Branche, die solch einen Menschen in ihren Reihen hat, kann sich glücklich schätzen.
Und sie ist ohne dich nicht mehr dieselbe.
Lieber Christian,
ich bin kein wirklich gläubiger Mensch und an ein Leben nach dem Tod glaube ich nicht. Aber in deinem Fall kann ich nicht anders: ich stelle mir die Wiedersehensfreude mit deiner Frau vor, weil ich selten ein Paar erlebt habe, das so innig aufeinander bezogen war. Ich stelle mir vor, dass es einen guten Wein gibt dort oben und dass die Engel nicht mehr zum Harfespielen kommen, weil ab jetzt Buchbegeisterung herrscht. Vorgelesen wird und debattiert – wie überall, wo du bist. Wo Ihr seid: Mr. und Mrs Books.
Mach es gut, lieber Christian, und danke!"