Die meisten Neueinsteiger – nämlich sieben – haben in dieser Woche die Sachbuch-Charts aufzubieten. Drei davon finden sich auf den hinteren Plätzen der Hardcoverliste: Auf Platz 24 startet "Ein ewiger Augenblick" (Heyne; ET: 9. August), die Autobiographie des beliebten TV-Schauspielers Fritz Wepper (geschrieben mit Anna Butterbod), der für "Derrick" nicht nur den Wagen holte und zuletzt als umtriebiger Bürgermeister im der ARD-Klosterserie "Um Himmels Willen" zu sehen war. Als Filmschauspieler glänzte Wepper, der am 17. August seinen 80. Geburtstag feierte (und in der vergangenen Woche die Heirat mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Susanne Kellermann bestätigt hatte), etwa im Antikriegsfilm "Die Brücke" (1959). Im Oscarprämierten Musical "Cabaret" (1972) spielte er in einer Nebenrolle einen Gigolo.
In seiner Autobiographie lese man "ausschließlich vom echten Fritz", verspricht Wepper im Vorwort (dem das Rilke-Gedicht "Du musst das Leben nicht verstehen" voransteht). Er mache dabei keinen Unterschied zwischen der öffentlichen und privaten Person. Menschen, die ihm nahestehen, habe er gebeten, offen von ihm zu erzählen. In seinen Erinnerungen gehe es nicht nur um die "süßen Lebens-Rosinen", sondern auch "um Tod und Verlust, um Versagen und Verzeihen".
Für das Buch hat Heyne eine große Marketing-Kampagne aufgelegt, mit Printanzeigen und Online-Werbung.
Welt im Umbruch
Etwas höher, auf Platz 21, beginnt der Politikwissenschaftler Herfried Münkler seine Chartreise mit seinem neuen Werk "Marx, Wagner, Nietzsche – Welt im Umbruch" (Rowohlt Berlin; ET: 14. August). Münkler will die drei prägenden Figuren vergleichend betrachten, wie er in der Einleitung formuliert, will unter anderem herausarbeiten, wie sie den Umbruch des 19. Jahrhunderts verfolgt haben, welche unterschiedlichen Schlussfolgerungen sie daraus gezogen haben. Aber die Drei "werden hier nicht festgestellt und festgezurrt – und dementsprechend tauchen sie im Verlauf des Buches immer wieder als andere oder Veränderte auf", betont Münkler.
"Ein famoses Gesamtpanorama", lobte der "General-Anzeiger", "scharfinnig und kenntnisreich", meinte Johan Schloemann ("Süddeutsche Zeitung") und Oliver Pfohlmann (SWR2) urteilte: "elegant erzählt und analytisch anspruchsvoll". Arno Orzessek ("Deutschlandfunk Kultur") vermisst dagegen womöglich "das restlos Bezwingende". Manchmal wirke das Buch wie ein Werk nach der Rezeptur 'aus drei mach eins'.
Schlaue Pflanzen
Neu auf Platz 25 reiht sich in der Hardcoverliste ein: "Geflochtenes Süßgras – Die Weisheit der Pflanzen" (Aufbau; ET: 19. Juli; Ü: Elsbeth Ranke, unter Mitarbeit von Wolfram Ströle und Friedrich Pflüger). Autorin ist die indigene US-amerikanische Pflanzenökologin Robin Wall Kimmerer. Das Buch – die Originalausgabe erschien 2013 – hat sich laut Verlag in den USA über eine Million Mal verkauft, stehe seit Anfang 2020 ununterbrochen auf der "New York Times"-Bestsellerliste.
Die Autorin möchte "einen Zopf aus Geschichten, für die Heilung unserer Beziehung zur Welt" verschenken (Vorwort). Dieser bestehe aus drei Strängen: "dem Wissen der Indigenen, naturwissenschaftlicher Erkenntnis, und der Geschichte einer Wissenschaftlerin vom Stamm der Anishinaabe, die versucht, alles drei zusammenzubringen, um dem Wichtigsten zu dienen." Es sei ein Geflecht aus Wissenschaft, Geist und Geschichten, eine Pharmakopöe, ein Arzneimittelbuch mit heilsamen Geschichten, fährt sie fort, "damit wir uns eine andere Beziehung vorstellen können, in der Mensch und Land füreinander gute Medizin sind." Offenbar ein Plädoyer für die Nachhaltigkeit und bewusstes Leben und damit einen Nerv der Zeit treffend.
Noch kurz angemerkt: An der Spitze der Hardcoverliste liegt, wie schon seit sieben Wochen Hape Kerkelings "Pfoten vom Tisch!" (Piper; ET: 30. Juni). Danach folgen Eckart von Hirschhausen mit "Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben" (dtv; ET: 18. Mai), Vorwoche Platz 3, und Peter Wohlleben mit "Der lange Atem der Bäume" (Ludwig; ET: 26. Juli), Vorwoche Platz 2.
Die Neuen beim Paperback und Taschenbuch im Überblick:
- Platz 22 (PB): "Die Frauen von Belarus" (Berlin Verlag; ET: 29. Juli) von Alice Bota
- Platz 24 (PB): "Von wegen Heilige Nacht!" (Gütersloher Verlagshaus; ET: 28. September 2020) von Simone Paganini und Claudia Paganini. Ein Faktencheck zur Weihnachtsgeschichte.
- Platz 25 (PB): "Future Sounds" (Suhrkamp; ET: 20. Juni) von Christoph Dallach. Für seine Geschichte des Krautrocks hat der Journalist Dallach dessen Pioniere wie Irmin Schmidt, Jaki Liebezeit, Holger Czukay (alle Can), Michael Rother (Neu!), Dieter Moebius (Cluster), Klaus Schulze (Tangerine Dream), Achim Reichel (AR Machines), Lüül (Agitation Free), Karl Bartos (Kraftwerk) und viele andere befragt. Entstanden ist eine breit gefächerte Oral History der Zeit.
- Platz 18 (TB): "Im Grunde gut" (Rowohlt Tb.; ET: 17. August; Ü: Ulrich Faure, Gerd Busse) des niederländischen Historikers Rutger Bregman. TB-Ausgabe des nicht mehr lieferbaren Hardcovers von 2020 (Rowohlt).