Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Fitzek räumt ab

5. Mai 2021
Matthias Glatthor

Sofort auf Platz 1 steigt Sebastian Fitzek mit "Der erste letzte Tag", das anders ist als seine letzen Titel, in die Belletristik-Charts (PB) ein. Judith Hermann ist mit ihrem neuen Roman dabei und beim Sachbuch punkten zwei Bücher zum Thema Rassismus. Die Wochencharts auf Börsenblatt online. Mit dabei eine Spezial-Liste "Deutsche Sprachwissenschaft".

Die Wochencharts auf Börsenblatt Online

Ermittlungszeitraum: 26. April bis 2. Mai 2021

Belletristik: Fitzek stürmt auf die Eins

Von Null auf Eins springt Sebastian Fitzek (seine Website: https://sebastianfitzek.de/) mit "Der erste letzte Tag" (Droemer; ET: 28. April) – die Illustrationen stammen von Jörn Stollmann (der auch für Fitzeks Kinderbuch "Pupsi & Stinki". Pattloch 2017, gezeichnet hatte) – in unseren Belletristik-Paperbackcharts. Fitzeks neuester Nummer 1-Streich ist "Kein Thriller" wie es ausdrücklich im Untertitel heißt. Diesmal hat der Thriller-König einen "Roadtrip voller Komik" geschrieben. Livius Reimer fährt mit einem Mietwagen von München nach Berlin zu seiner Frau, seine Ehe wackelt. Den Wagen muss er sich mit der jungen, unkonventionellen Lea teilen. Diese schlägt ihm ein Gedankenexperiment vor. In einem FAQ des Verlags sagt Fitzek zu seinem neuen Buch: "Im Moment leben wir in einem Real-Time-Thriller und da fühlte es sich für mich total richtig an,etwas zu schreiben, das ans Herz geht und zum Lachen bringt. Wann., wenn nicht jetzt, brauchen wir etwas, worüber wir lachen können? Ich wollte nach dem düstersten Werk, das ich bisher geschrieben habe, 'Der Heimweg', in der Corona-Zeit einen Kontrapunkt setzen."

Höchstplatzierte Neueinsteigerin in den Hardcovercharts – auf Platz 4 – ist Judith Hermann mit ihrem zweiten Roman "Daheim" (S. Fischer; ET: 28. April). Eine Frau, die Ich-Erzählerin, lebt am Meer, hat dort neu angefangen – und blickt etwa auf eine Entscheidung vor fast 30 Jahren zurück, als sie in einer Zigarettenfabrik arbeitete. Zudem hat sie ihren Mann verlassen, schreibt ihm hin und wieder Briefe. Mit dem Buch ist Hermann für den Preis der Leipziger Buchmesse 2021 nominiert (siehe Meldung auf Börsenblatt online). Die Jury lobte: "Eine glasklare Prosa, die von den losen Enden der Lebensmitte erzählt: Hermann fängt zutiefst Existenzielles ein: Wer hat die Hoheit über eine Biographie, wie geht man mit dem Ende einer Liebe um, mit dem Alleinsein, dem Loslassen und Losgehen? Dicht, klug, eindringlich." Ob Judith Hermann den Preis der Leipziger Buchmesse gewinnen kann, klärt sich bei der Preisverleihung am 28. Mai.

Zwei weitere Titel finden neu den Weg in die Hardcoverliste:

  • Platz 15: "Nach dem Sturm" (Blanvalet; ET: 26. April; Ü: Margarethe van Pée; deutsche Erstausgabe) der US-Autorin Nora Roberts (ihre Website: https://noraroberts.com/). Ein Spannungsroman um die Schauspielerin Cate Sullivan, die als Neunjährige entführt wurde, sich aber selbst befreien konnte. Ein Erlebnis, das sie noch Jahre später nicht verarbeitet hat.
  • Platz 20: "Die Tierärztin – Große Träume" (Lübbe; ET: 30. April) von Sarah Lark (eins der Pseudonyme der deutschen Autorin Christiane Gohl). Der erste Band einer "Tierärztin-Saga" um die Tierärtzin Nellie und ihre Kollegin Maria setzt 1912 in Berlin ein. Dann, nach dem Ersten Weltkrieg, wollen sie eine eigene Praxis aufbauen. Den zweiten Band "Die Tierärztin – Voller Hoffnung", der in den 30er und 40er Jahren in Neuseeland nach der Flucht der Veterinärmedizinerinnen aus Deutschland spielt, kündigt der Verlag für den 30. September an.

Den Spitzenplatz in der Hardcoverliste behauptet Juli Zeh mit "Über Menschen" (Luchterhand; ET: 22. März) – zwei Neueinsteiger der vorigen Woche rücken ihr aber dichter auf die Pelle: Auf Platz 2 (Vorwoche: 13) schiebt sich "Französisches Roulette" (Diogenes; ET: 28. April) von Martin Walker vor, auf Platz 3 (Vorwoche: 4) "Achtsam morden am Rande der Welt" (Heyne; ET: 26. April) von Karsten Dusse. Beide waren in der vergangenen Woche bereits durch Vorab-Käufe in die Charts gekommen.

Netflix-Stoff beim Taschenbuch

Bei Netflix läuft gerade die erste Staffel der Fantasy-Serie "Shadow and Bone", die ins Königreich Ravka entführt, das durch die "Schattenflur", ein ewig dunkler, öder Landstreifen, bedroht wird. Die mit ungewöhnlichen Kräften ausgestattete Waise Alina verheißt Rettung. Die Serie basiert auf der Buch-Reihe "Legenden der Grisha" aus der Feder der US-amerikanischen Schriftstellerin Leigh Bardugo, auch bekannt durch ihre Krähen-Romane (ihre Website: https://www.leighbardugo.com/). Gleich zwei Bände der Legenden schaffen es, wohl mit Hilfe der Netflix-Serie, neu in die Belletristik-Taschenbuchcharts:

  • Platz 11: "Goldene Flammen" (Legenden der Grisha, Band 1) (Knaur Tb.; ET: 2. März; Ü: Henning Ahrens)
  • Platz 23: "Eisige Wellen" (Legenden der Grisha, Band 2) (Knaur Tb.; ET: 1. April; Ü: Henning Ahrens)

Sachbuch: Identität und Rassismus

Ein einziger Titel taucht neu bei den Hardcovercharts Sachbuch auf: "Schlacht der Identitäten" (dtv; ET: 23. April) von Hamed Abdel-Samad – auf Platz 13. Es beinhaltet, so der Untertitel, "20 Thesen zum Rassismus – und wie wir ihm die Macht nehmen". Der Autor macht "eine verkrampfte Debatte über Rassismus" aus. Er will, so formuliert er im Vorwort, "eine Art Weltreise meiner Rassismuserfahrungen nachskizzieren, ohne daraus einen Betroffenheitsbericht zu machen". Und versuchen, das Phänomen Rassismus "in seiner Vielschichtigkeit zu dekonstruieren, um es zu verstehen". Sein Buch richte sich an Opfer von Rassismus, aber auch an jene Menschen, die sich für Antirassisten halten, ohne selbst frei von Rassismen zu sein. "Es ist insofern auch eine Einladung zur Reflexion und zur Überprüfung des eigenen Handelns und Denkens", so Hamed Abdel-Samad.

Ebenfalls dem Thema widmet sich "Rassismus. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen!" (Atrium; ET: 23. April) von Natasha A. Kelly (ihr Instagram-Kanal). Die Kommunikationssoziologin beginnt neu auf Platz 9 in der Taschenbuchliste. Anhand von konkreten Beispielen aus der aktuellen Debatte will sie zeigen, wo die Strukturen des Rassismus verlaufen und Impulse für die Diskussion setzen. Es sei wichtig, betont sie in der Einleitung, sich darauf zu verständigen, "dass Rassismus strukturell ist und sich in alle Ebenen der Gesellschaft eingeschrieben hat. Erst dann können wir lösungsorientierte Maßnahmen dagegen entwickeln, die Erfolg versprechen und nicht nur symbolisch sind."

Bereits seit 64 Wochen in unseren Sachbuchcharts (PB) befindet sich "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten" (Hanserblau; ET: 23. September 2019; mittlerweile in der 18. Auflage) von Alice Hasters. Aktuell belegt der Titel wie in der Vorwoche Platz 13. Als Wiedereinsteiger ist auf Platz 22 bei den Paperbacks Mohamed Amjahid mit "Der weiße Fleck – Eine Anleitung zu antirassistischem Denken" (Piper; ET: 1. März) vertreten.

Vier weitere Premieren gibt es beim Sachbuch:

  • Platz 6 (PB): "Die Wim-Hof-Methode" (Integral; ET: 26. Aprli; Ü: Karin Weingart; deutsche Erstausgabe) von Wim Hof.
  • Platz 12 (PB): "Das Ende der Evolution" (Pantheon; ET: 28. April) von Matthias Glaubrecht, Professor Biodiversität der Tiere am Centrum für Naturkunde der Uni Hamburg. Softcover-Ausgabe des noch lieferbaren Hardcovers bei C. Bertelsmann vom Dezember 2019.
  • Platz 21 (TB): "HOAI 2021 – Textausgabe mit Interpolationstabellen" (Rudolf Müller; ET: 15. April) von Rainer Eich und Anke Eich.
  • Platz 24 (TB): "Und die Freiheit?" (Riva; ET: 27. April) des Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld und des Ethikers Christoph Lütge. Der Untertitel: "Wie die Corona-Politik und der Missbrauch der Wissenschaft unsere offene Gesellschaft bedrohen".

Ratgeber: Neues von Franziska Rubin

Mit "10 Kräuter gegen 100 Krankheiten" (Becker Joest Volk; ET: 23. April) landet ein einziger neuer Titel in den Ratgeber-Charts – auf Platz 16. Verfasst von Franziska Rubin (ihre Website: https://www.franziska-rubin.de/) und Co-Autorin Gudrun Strigin. Strigin leitete von 1998 bis 2015 das Gesundheitsformat "Hauptsache Gesund" beim MDR, das Rubin jahrelang moderierte. Die zehn Kräuter, die sie in den Mittelpunkt rücken sind Petersilie, Rosmarin, Melisse, Thymian, Salbei, Koriander, Lavendel, Kapuzinerkresse, Pfefferminze und Knoblauch. "Mit der richtigen Auswahl von Küchenkräutern können wir Krankheiten vorbeugen, sie aber auch bessern und zu ihrer Heilung beitragen", so Rubin im Grußwort an die Leser*innen. Man könne Kräuter also genießen und damit bereits etwas für seine Gesundheit tun.

An der Spitze der Charts steht weiterhin Steffen Hensslers "Hensslers schnelle Nummer" (Gräfe und Unzer; ET: 2. März). Henssler ist damit neun Wochen auf Platz 1 – so lange am Stück hat in den letzten beiden Jahren niemand Stefanie Stahl mit "Das Kind in dir muss Heimat finden" (Kailash; ET: 16. November 2015) vom Thron ferngehalten. Stahl bewegt sich seit 189 Wochen in unseren Ratgeber-Charts.

Spezial-Liste "Deutsche Sprachwissenschaft"

Platz 1: Den ganzen Reichtum der deutschen Sprache, darunter viele untergegangene Wort-Schätze, bietet die im Verlag Das kulturelle Gedächtnis erschienene "Unerhörte Auswahl ..." aus einer nie veröffentlichten Sammlung – dem "Glossarium Teutonicum" von Johann Jacob Spreng (1699–1768). Statt in Neologismen zu schwelgen, sollte man lieber dieses Buch zurate ziehen und die manchmal anämische Gegenwartssprache auffrischen.

Schaut man sich die aktuellen Top 25 der Publikationen zur Deutschen Sprachwissenschaft an, kommt man abwechselnd ins Staunen und ins Grübeln. Was, um alles in der Welt, hat der "Kleine Sprachatlas von Baden-Württemberg" auf Platz 2 der Liste verloren? Ist das Interesse von Hochdeutsch-Sprechern, die sich dem Land der Hochdeutsch-Verweigerer ("Mr könnet älles außer Hochdeutsch") nähern wollen, so signifikant gestiegen?

Immerhin: Auf Platz 3 steht Victor Klemperers Klassiker "LTI", sprich: Lingua Tertii Imperii, die luzide Analyse der nationalsozialistischen Rhetorik, die zugleich vor Augen führt, in welch trüben Sprachgewässern sich Rechtspopulisten und -extreme von heute tummeln.

Und siehe da: Die Reclam-Ausgabe der Grimmschen Märchen erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit (Rang 17). Interessant auch, dass das Mittelhochdeutsche nach wie vor Abnehmer*innen findet: Allein drei Titel widmen sich der Sprache, wie sie bis 1350 gesprochen wurde.

Autor des Beitrags zur Spezial-Liste ist Michael Roesler-Graichen

Der Link zu den Wochenlisten:

https://www.boersenblatt.net/news/bestseller

In dieser Woche haben wir insgesamt 19 Neueinsteiger und 13 Wiedereinsteiger in die Charts.

Über die Bestsellerlisten

Die Börsenblatt-Bestsellerlisten basieren auf Verkaufszahlen, die von unserem Kooperationspartner Media Control erhoben werden. Hierzu werden wöchentlich, elektronisch die Verkaufszahlen aus den Warenwirtschaftssystemen von deutschlandweit mehr als 6.550 Verkaufsstellen ausgelesen: Sortimentsbuchhandlungen inklusive eCommerce, Bahnhofsbuchhandel, Kauf- und Warenhäuser sowie Elektro- und Drogeriemärkte. Bezogen auf das Umsatzvolumen bilden die Daten 88 Prozent des gesamten deutschen Buchmarktes ab. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.