Kommentatoren im wbg-Webshop unterstellen "Zensur" und kritisieren u.a., den Mitgliedern werde nicht zugetraut, sich selbst eine Meinung zu bilden, manche drohen auch mit Kündigung. Die "Junge Freiheit" sieht jetzt darin ein Thema, ohne jedoch das Wort "Zensur" zu verwenden. Ihre Position: "Neben dem Zugänglichmachen von Literatur, dem Verlegen und Vertrieb von Büchern, will die Buchgesellschaft nun auch Haltung zeigen – und zwar durch das bewusste Nichtverbreiten bestimmter Werke", heißt es in dem Bericht zur wbg-Entscheidung contra Sarrazin und Kollegah. Thilo Sarrazin lässt sich dazu indirekt zitieren: Laut "Junge Freiheit" wirft der Autor Tom Erben, Direktor Community bei der wbg, vor, sein Buch über den Islam nicht gelesen zu haben und findet deshalb, Tom Erben blamiere die einst sehr angesehene Institution.
Widerstand kommt von Dirk H. Beenken, dem Geschäftsführenden Direktor der Buchgemeinschaft: Er vermutet heute in einer Pressemitteilung, Sarrazins Vorwurf gegen die wbg sei "offenbar der Versuch, sich wieder ins Gespräch zu bringen."
Publik gemacht hatte die wbg ihren Titel-Verzicht und die daraufhin entstandene Debatte selbst, über ihre Mitgliederzeitschrift (November-Ausgabe). Tom Erben schrieb dort, die Buchgemeinschaft habe "aufgrund der Tatsache, dass wir zwei Bücher der aktuellen Spiegel-Bestsellerliste nicht verfügbar machen, einige Zuschriften erhalten, die uns der Zensur bezichtigen". Zu den Beweggründen hatte er notiert: "Wir haben uns entschieden, dass Bücher bei der wbg nicht bestellbar sind, die rassistische oder frauenverachtende Meinungen verbreiten." Die wbg wolle damit nichts verbieten und auch keine Diskussion abwürgen. „Wir verbreiten nur Bücher, die auf wissenschaftlich fundierter Information basieren, um eine qualitative Diskussion überhaupt erst in Gang zu bringen (…) Aber Hetze und Hass sind keine Gespräche, sondern Demagogie.“ Erben schließt mit einer Einladung, mit ihm darüber zu diskutieren.
Um welche Titel und Autoren es geht, ließ Erben in seinem Text zunächst noch offen – die folgten jedoch heute: In der Pressemitteilung, in der auch Dirk H. Beenken zu Wort kommt, erklärt die wbg, sie habe sich auf Anregung ihrer Mitglieder dazu entschieden, "Feindliche Übernahme" von Thilo Sarrazin und "Das ist alpha!" von Felix Blume (alias Kollegah) nicht zu verkaufen. Ein großer Teil der Zuschriften, die es nach dem Erscheinen des Mitgliedermagazins gegeben habe, sei positiv und ermuntere dazu, "das Programm der wbg weiterhin aktiv zu kuratieren".
Die wbg (ca. 85.000 Mitglieder) bietet über ihren Onlineshop insgesamt rund 6.000 Titel an, außer den eigenen auch ausgewählte Novitäten aus anderen Verlagen, seit 2016 auch die Titel der Spiegel-Bestsellerliste.
Bitte erst mal informieren, was "Zensur" bedeutet! Das falsche Wort sollte man auf keinen Fall so in Schlagzeilen oder bei Facebook stehen lassen, denn ein Vorwurf angeblicher Zensur allein aus Gründen, dass einem etwas nicht passt, ist rechtsradikales Framing und hat im Börsenblatt nichts zu suchen, wenn es nicht reflektiert und entsprechend bezeichnet wird.
Ein Händler oder Verein kann ins Programm nehmen, was er lustig ist. Zensur findet nicht statt, denn es ist keine staatliche Stelle.
Lasst da dringend nochmal eine Redakteurin zum Korrekturlesen ran!
ich finde es total in Ordnung, wenn eine Buchhandlung beschließt, bestimmte Titel nicht ins Programm zu nehmen, weil sie sie als undemokratisch, rassistisch oder frauenfeindlich einschätzt.
Andererseits finde ich es ebenso legitim, wenn eine Buchhandlung wie Lehmkuhl in München sich entscheidet, solche Titel weiterhin im Programm zu anzubieten, um die politische Diskussion zu fördern. Freue mich natürlich, wenn das bewusst geschieht, nicht einfach nach dem Motto: Alles, was Geld bringt, ist schon ok. Wie eben bei Lehmkuhl.
Wir brauchen eine echte - und offene - Diskussion, statt den Diskurs zu verweigern oder zornig auf diejenigen einzureden, die nicht 100% unserer Meinung sind. Und müssen den anderen ein Recht auf ihre ganz persönliche Entscheidung zubilligen. Nur so schützen wir unsere Demokratie.
lieber Herr Beenken, lieber Herr Erben,
Sie haben sich angeblich selbst beschränkt. Dann bleiben Sie doch bei Ihrer selbst auferlegten Beschränkung, und überschreiten Sie doch bitte nicht Ihre eigenen Schranken. Wie Sie selbst feststellen können, kommt es auf diese Art und Weise zu einem Unglück. Die Spiegel-Bestseller-Liste ist mit Ihren Statuten nicht vereinbar: Sie sind angetreten "wissenschaftlich fundierte Information" zu verbreiten. Bitte durchfosten Sie Ihre 6.000 aktiven Bücher. Und dann lieber Schuster bleibe bei Deinen Leisten.
Mit freundlichen Grüßen H.-J.H. Buchhändler und Verlagsvertreter
Gerne würde ich jetzt schreiben: "Ironie off" - nur bin ich mir nicht mir ganz sicher, wie weit das noch ironisch ist und wie weit schon bittere Wahrheit.