Im Anschluss an die Sitzung trafen Vertreter der Branchenpresse die Vorsitzenden der Gremien – Matthias Ulmer (Ulmer Verlag) sprach für den Verleger-Ausschuss, Jan Orthey (Lünebuch, Lüneburg) für den Sortimenter-Ausschuss und Stefan Könemann (Barsortiment Könemann) für den Ausschusses für den Zwischenbuchhandel. Ihre Themen und Positionen:
Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz unter Beobachtung
"Wir haben versucht, in der Lobbyarbeit das Schlimmste abzuwenden – es ist uns nicht gelungen", so begann Matthias Ulmer seinen Bericht über die Auswirkungen des Ende Juni beschlossenen Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetzes. Bekommen habe die Branche "ein Trostpflaster": Nach vier Jahren soll überprüft werden, ob die theoretisch formulierten Regelungen auch zur Praxis passen.
Laut Ulmer wurde dazu eine Arbeitsgruppe angekündigt, die sich mit den Folgen des Gesetzes beschäftigen soll. Auch der Börsenverein werde dazu voraussichtlich eingeladen, so der Ulmer-Verleger. Derzeit bereite sich der Verband jedenfalls darauf vor – stelle erstes Material zusammen und prüfe, wie sich die für das geplante Abrechnungsmodell notwendigen Absatzzahlen erfassen ließen.
Danach gefragt, welche Auswirkungen eine Jamaika-Koalition für die Branche haben könnte, war seine Antwort knapp: "Durch eine Jamaika-Koalition scheinen die Urheberrechte besser gesichert zu sein als das zuletzt der Fall war." Schon vor der Wahl habe die FDP eine positive Haltung zum Urheberrecht gezeigt. "Das könnte man als Hoffnungsschimmer betrachten" (Archiv: Der große Wahl-Check auf boersenblatt.net).
VG Wort: Die Entscheidung fällt in Brüssel
Matthias Ulmer zog auch Zwischenbilanz beim zweiten Thema, das auf der Agenda der Diskussionen heute Vormittag stand: die Veränderungen bei der VG Wort.
Die Rückzahlungen seien erfolgt, der Härtefallfonds des Börsenvereinsgruppe sei ausreichend gefüllt – die hier geschaffene Reserve reiche aus, um allen zu helfen, die Hilfe beantragt hätten. Eine gute Nachricht? Ulmer blieb vorsichtig: Nur weil Verlage keinen Antrag gestellt hätten, heiße das nicht, dass sich das VG Wort-Urteil auf sie nicht auswirke. "Jeder musste und muss Konsequenzen ziehen", betonte er – Verlage sparten am Programm, an den Mitarbeitern und / oder an den Kunden (durch Konditionenreduzierung). Weitere Punkte dazu:
- Der Börsenverein, versicherte Ulmer, arbeite an Korrekturen der Situation, müsse aber nach wie vor nach Brüssel schauen: "Die wichtigste Entscheidung fällt in Brüssel", betonte er.
- Mit einem Votum aller beteiligten Länder in Sachen Verlegerbeteiligung rechnet Ulmer bis Ende 2018. Von einer Ablehnung will sich der Verband nicht überraschen lassen. "Wir müssen uns schon jetzt damit auseinandersetzen, wie die langfristigen einer solchen Entscheidung wären", forderte Ulmer.
Das neue Urhebervertragsrecht in der Praxis
Ulmer zufolge setzen Autorenverbände nach der Reform des Urhebervertragsrechts jetzt auf eine Anpassung der Normverträge. Die Gespräche dafür sollen demnächst beginnen. Ulmer rechnet damit, dass die Autoren auch Forderungen einbringen werden, die es nicht ins Gesetz geschafft haben. Betroffen seien vor allem die Publikumsverlage.
Datenschutzverordnung der EU
Als eines ihrer zentralen Themen betrachten die Fachausschüsse auch die neue Datenschutzverordnung der EU, die im Mai 2018 in Kraft tritt. Da sich hier besonders der Zwischenbuchhandel angesprochen sieht, übernahm diesen Part im Pressegespräch Stefan Könemann. Seine Position:
- Alle Segmente der Branche sind betroffen, sowohl Verlage und Buchandlungen als auch Zwischenbuchhändler und andere Dienstleister. Könemann warnte: "Mit einer 3-Punkte-Checkliste kommt man hier nicht weit."
- Die wichtigste Änderung bezieht sich auf die Sanktionen. Ein Verstoß ziehe künftig "drakonische Strafen" nach sich – die zuständigen Behörden richteten sich längst darauf ein, Unternehmen beim Datenschutz sehr akribisch zu prüfen.
- Jedes Unternehmen, zumal die etwas größeren ab 10 Mitarbeiter, brauche einen Datenschutzbeauftragten. Der ließe sich intern oder auch extern finden – über die örtliche IHK. Die IHKs seien auch für inhaltliche Anfragen zur Verordnung gerüstet.
Bei folgenden Apekten fühlen sich Könemann zufolge die Zwischenbuchhändler angesprochen und für ihre treffen für ihre Kunden (Buchhandlungen, Verlage) entsprechende Vorkehrungen: Bei der Frage des Schutzes persönlicher Daten von Endkunden, etwa in den White Label-Shop der Barsortimente oder auch bei den Fullment-Diensten der Verlagsauslieferungen.
VLB-TIX (MVB) nennt Performance-Ziele
Last but not least ging es in der Sitzung der Ausschüsse auch wieder um VLB-TIX, das von der MVB entwickelte Titelinformationssystem. Buchhändler Jan Orthey präsentierte den Status quo und gab einen Ausblick. Im Schnelldurchlauf:
- Orthey erklärte, dass die Nutzerzahlen auf allen Seiten steigen würden, auch sukzessiv mehr digitale Vorschauen im System vorhanden seien – "wir sind jedoch weiter in der Testphase". Die Liste an To-Dos, die erledigt werden müssten, um mit dem System rundum vernünftig arbeiten zu können, sei lang. Sein Fazit: "Es passiert ganz viel, aber wir sind noch am Anfang des Weges."
- "Entscheidend ist die Performance" – also die Geschwindigkeit, die Reaktionszeit des System. Abhilfe erhoffe er sich von einer Offline-Variante, die die MVB 2018 anbieten wolle. "Der Plan dazu wurde uns heute vorgestellt."
- Wichtig sei auch, das war Ortheys dritter Punkt, Verlagsvertreter stärker für das System zu interessieren und bei ihnen Wissenslücken zu schließen. Besprochen wurde ihm zufolge, die Vertreter, auch die freien, stärker in die Nutzung des Systems einzubinden. "Vertreter sind noch nicht auf dem Stand, den wir uns wünschen."
Mehr über den Stand der Dinge bei VLB-TIX, über Erfahrungen von Buchhändlern und die Pläne der Entwickler lesen Sie morgen im (gedruckten) Börsenblatt.