In einem Offenen Brief vom 13. Mai an den Intendanten protestieren 130 Kulturschaffende, darunter Verleger*innen und Autor*innen, gegen die Einstellung der NDR-Sendung "Bücherjournal". Initiiert wurde der Offene Brief von Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg und Mitglied des deutschen PEN. Im Wortlaut heißt es:
"Mit Entsetzen haben wir die Ankündigung wahrgenommen, dass der Norddeutsche Rundfunk sein TV-Magazin 'Bücherjournal', die älteste Büchersendung im deutschen Fernsehen, einstellen will. Wir halten das für eine folgenreiche Fehlentscheidung, von der ein fatales Signal ausgeht.
In den letzten Monaten wurde in der deutschen Öffentlichkeit allenthalben darum gekämpft, dass die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie das kulturelle Leben nicht dauerhaft zerstören und der Wert von Bildung, Leseförderung, Kunst und Kultur anerkannt bleibt.
In einer Zeit, da Buchhandlungen, Verlage und Kultureinrichtungen aller Art vor dem finanziellen Aus stehen, kommt es darauf an, den Stellenwert von Büchern stärker denn je herauszustellen und den Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Anstalten ernst zu nehmen. Die von Ihnen angekündigte Einstellung des 'Bücherjournals' spricht diesen Anstrengungen hohn und trägt zur Zerstörung unseres kulturellen Lebens bei.
Wir verstehen, dass der Norddeutsche Rundfunk zu Einsparungen gezwungen ist, doch wir verstehen nicht, dass ein – wenig kostenaufwändiges – Format wie das 'Bücherjournal' ein erstes Opfer sein soll.
Der Stellenwert der Literatur darf nicht weiter gemindert werden. Wir fordern Sie deshalb energisch auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen."
Unterzeichnet haben unter anderem Isabel Bogdan, Rainer Moritz, Regula Venske (Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschland), Zoë Beck, Julia Bielenberg, Kirsten Boie, Klaus von Dohnanyi, Kerstin Gleba, Florian Illies, Manfred Keiper, Karin Schmidt-Friderichs, Klaus Schöffling, Saša Stanišić, Ulrich Tukur und Thedel von Wallmoden.
Das "Bücherjournal" des NDR war ja eh schon so im Programm versteckt, dass es fast nicht mehr wahrgenommen wurde. Ein Format aus den 90ern eben, das seinen Zenit lange schon überschritten hat.
Warum überlegt sich man sich nicht etwas Neues? Anfang Mai wurde eine tolle Lesung aus dem Admiralspalast in Berlin mit Vincent Kliesch und Sebastian Fitzek über Facebook live übertragen. Das war wirklich super gemacht und ich habe richtig Lust auf den Roman "Auris" bekommen. Hier wurde aus der Corona-Not eine Tugend gemacht und ich fühlte mich wie "live dabei".
Dagegen sind und waren die Literatursendungen im Fernsehen - mit Ausnahme von Denis Scheck und natürlich Marcel Reich-Ranicki - einfach nur staubtrocken.
Es ist mir einfach nicht verständlich, warum kaum Konsequenzen aus der Studie "Buchkäufer - quo vadis?" aus dem Juni 2018 gezogen werden. Dort wurde festgehalten, dass Bücher häufig aus dem öffentlichen Diskurs und persönlichen Umfeld verschwinden und damit oft auch aus dem Blickfeld geraten. Zitat: "Bücher sind kein großes Gesprächsthema mehr, was zum einen Nicht-Lesen gesellschaftsfähig macht, zum anderen den Weg zum nächsten Buch erschwert."
Buchhandel und Verlage scheinen die letzte Instanz zu sein, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Vielleicht kann diese gesellschaftliche Tragödie ggf. durch vermehrte Bewegtbilder im Social-Mediakanäle kompensiert werden, um wenigstens die 20 - 49jährigen zu erreichen, die größte Guppe der Abwanderer, noch zu erreichen.
Aber das Sprechen über Bücher den Printmedien, Perlentaucher und Denis Scheck zu überlassen ist wirklich ein Armutszeugnis - ggf. aber auch eine Chance für Verlage, den Buchhandel oder den Börsenverein selbst, sich mehr auf anderen reichweitenstarken Kanälen wie Yutube, Facebook oder Instagram mit Bewegtbild zu tummeln. Ein Trost ist, dass wenigstens die Lit.cologne in Köln jetzt mit 500.000,- € bezuschusst werden wird.
Der Mechanismus ist dabei ganz einfach: Alle laufen dem Geld nach, nur dabei bleiben eben am Ende (fast) alle zurück.