Sparmaßnahmen des Senders

NDR streicht "Bücherjournal"

11. Mai 2020
Redaktion Börsenblatt
Seit über 30 Jahren läuft das "Bücherjournal" im NDR Fernsehen, nun wird es im Zuge der Sparmaßnahmen des Senders im Umfang von 300 Millionen Euro zum Jahresende aus dem Programm genommen.

Die letzte Ausgabe des "Bücherjournals" (zur Website der Sendung) laufe voraussichtlich am 1. Dezember 2020 im NDR Fernsehen, bestätigt eine Sprecherin des Senders gegenüber Börsenblatt Online. Damit würde es in diesem Jahr noch vier Sendetermine geben: 9. Juni, 25. August,  27. Oktober und 1. Dezember (jeweils 45 Minuten lang). Moderiert wird das "Bücherjournal" aktuell von Julia Westlake.

Das "Bücherjournal" gibt es seit über 30 Jahren − zum Archiv in der NDR-Mediathek.

"Druckfrisch" soll es richten

Der NDR werde in den kommenden vier Jahren insgesamt 300 Millionen Euro einsparen müssen, begründet die Sprecherin die Entscheidung: "In einem Priorisierungsprozess wurden alle Formate bewertet, auch die unterschiedlichen Kulturformate." Vor dem Hintergrund, dass es in der ARD mit "Druckfrisch" ein Literaturmagazin gebe und Literatur keine regionalen Grenzen kenne, "sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass ein eigenes lineares Literaturmagazin im NDR Fernsehen in der herkömmlichen Form nicht zwingend notwendig ist."

Man sei stattdessen davon überzeugt, dass die Inhalte des "Bücherjournals" multimedial ausgespielt werden sollten und habe dafür bereits "etablierte Gefäße": vom "Kulturjournal" im NDR Fernsehen bis zu unterschiedlichen Rubriken in verschiedenen NDR Hörfunkwellen. "Wir erhoffen uns davon, die Inhalte der Literaturberichterstattung jenseits eines Sendeplatzes für mehr Menschen zeitunabhängig zugänglich zu machen", so die Sprecherin. Literaturberichterstattung finde weiter im NDR Fernsehen statt. Wir stellen regelmäßig Bücher im "Kulturjournal" vor: Sachbücher, Belletristik und jeweils das "NDR Buch des Monats". Weiterhin laufen werde die Off-air-Veranstaltungsreihe "Der Norden liest" mit zahlreichen Lesungen im Sendegebiet.

Im Jahr 2019 hatte das "Bücherjournal" im NDR Fernsehen laut Sprecherin im Schnitt einen Marktanteil von 2,5 Prozent. Das "Bücherjournal" wird recht spät ausgestrahlt, jeweils in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch (die Sendung vom 1. April 2020 beispielsweise lief um 0:00 Uhr). Der Jahresmarktanteil des NDR Fernsehens habe 2019 7,8 Prozent betragen.

Zum NDR-Sparprogramm

Der NDR muss in den kommenden vier Jahren 300 Millionen Euro einsparen. Ausgaben für Personal, Produktion, Verwaltung und Programm werden gesenkt, teilte der Sender in einer Presseinformation mit. Bis 2028 will der NDR 10 Prozent seines Aufwands für Personal kürzen. Dafür werden über alle Bereiche hinweg mindestens 200 Planstellen nicht nachbesetzt. Betriebsbedingte Kündigungen habe der NDR bis 2024 tarifvertraglich ausgeschlossen. In der Produktion werden flächendeckend Standards gesenkt und auf Investitionen in Technik verzichtet, heißt es weiter.

Im Fernsehen werde es in erster Linie Einschnitte im Bereich Unterhaltung geben. Dies betreffe auch die Zulieferungen des Senders für die ARD. Zukünftig werde es weniger Tatorte, Unterhaltungsshows und Fernsehspiele vom NDR geben. Einige Sendungen wie "Inselreportagen" und "Lieb und teuer" werde es nicht mehr geben. "Zapp" und das "Kulturjournal" verlagern, auch mit Blick auf die veränderte Mediennutzung, ihre Inhalte zunehmend in Online-Angebote und digitale Verbreitung. Das Engagement des NDR für die Gemeinschaftseinrichtung ARD-aktuell in Hamburg (tagesschau, tagesthemen) behalte höchste Priorität. Die crossmediale Zusammenführung von Programmbereichen werde ausgebaut.

Im Hörfunk stärke der NDR die Information und senke gleichzeitig Kosten. Das Engagement des NDR bei Off-Air-Veranstaltungen wird deutlich verringert.

Der NDR Verwaltungsrat unterstütze den Intendanten Joachim Kunth und den NDR bei den schwierigen Einschnitten. Das Maßnahmenpaket sei notwendig, weil die für den NDR zu erwartenden Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag die allgemeinen Kostensteigerungen nicht auffangen könnten. Der Rundfunkbeitrag sei seit 2009 nicht gestiegen, sondern sank 2015 um 48 Cent auf 17,50 Euro. Die Folgen der Corona-Krise habe die Einsparnotwendigkeit für die nächsten Jahre noch einmal deutlich erhöht. Ein durch Asbestfunde in Hamburg notwendig gewordener Neubau belastet das Budget zusätzlich. Diese Sondereffekte zwingen den Norddeutschen Rundfunk zu den drastischen Ausgabenkürzungen.