Bücher wollen beworben werden. Das Frühjahrsprogramm ist durch die Coronakrise beinahe unsichtbar. Die Sichtbarkeit ihrer Werke ist ein gemeinsames Interesse von Verlagen, Buchhandlungen und Schriftsteller*innen. Und doch ist Marketing eine verlagsseitige Aufgabe, die ja oft auch vertraglich festgehalten wird.
Die Grenze zwischen Marketing und Solidarität ist hier ein fließender, man muss sich die einzelnen Fälle genau ansehen. Es kommt meines Erachtens sehr stark auf die Verlagsgröße einerseits und die Plattformen andererseits an. Liest eine Autorin, ein Autor eines Kleinverlags aus Eigeninititative selbst auf dem eigenen Twitch-Kanal oder per Instagram aus dem eigenen Werk, kann man dagegen kaum einen Einwand erheben. Besonders nicht, wenn dies geschieht, um Menschen in Zeiten des Kontaktverbots und abgesagter Kulturveranstaltungen in ihren Wohnungen Mut zu machen.
Die Grenze wird dort überschritten, wo die meist größeren Verlage die Lesungen selbst als Marketingmaßnahme anfragen oder gar für das Marketing einplanen. Diese Lesungen, die oft über die Verlagsseiten oder eine ähnlich große Plattform (Der Spiegel o.ä.) ausgestrahlt oder vor der Ausstrahlung aufgezeichnet werden, sollten unbedingt vergütet werden.
Man darf nicht vergessen, dass Präsenzlesungen und Online-Lesungen vorbereitet werden wollen. Das geht von der Auswahl und Einübung der entsprechenden Textstellen über die Selbstpräsentation und die Strukturierung eines solchen Auftritts bis hin zum technischen Aufwand. Die Lesung selbst kostet Zeit. Öffentliche Auftritte sind zudem anstrengend; ich kenne nur wenige Menschen, die danach ohne angemessene Pause sofort zur Arbeit zurückkehren können. Bei Präsenzlesungen kommen Reisekosten und -zeiten hinzu.
Eine Blitzumfrage im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS in ver.di) nach dem 22. März hat ergeben, dass der Verlust durch Absagen von Lesungen sehr unterschiedlich ist. Besonders hart trifft es die Kinder- und Jugendbuchautor*innen, deren Schullesereisen abgesagt wurden, aber auch andere Autor*innen, von Genre bis Hochliteratur, haben Ausfälle, die fest für den Lebensunterhalt eingeplant waren.
Lesungen dienen immer auch dem Marketing des Buchs und damit seiner Sichtbarkeit. Im Bundesvorstand des VS haben wir uns entschieden, dass die Krisenzeit nicht der Augenblick ist, das Thema in großem Umfang zu diskutieren. Im Augenblick muss der Karren aus dem Dreck gezogen werden. Aber sobald sich die Branche wieder etwas stabilisiert, muss das Thema Lesungsvergütung allgemein, sowohl off- wie online, thematisiert werden.
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Dies bedeutet auch Änderungen für Autoren/- innen.
Entscheidend wird sein, wie das Buch, also in einer haptischen Form zum Lesen, wieder zu den Buchlesern/- innen finden wird, denn diese sind ja gerade auf E-Books und der Digitalisierung in den Medien eingestellt.
Wichtig ist dazu eine weitere Präsenz der kleineren Buchhandlungen, die hoffentlich nach der Krise ein Konjunkturprogramm auch erfahren werden.
Der Börsenverein und die Landesverbände sollten dann diese Buchhandlungen vor allem mehr unterstützen.
"Lesen ohne Honorar" ist auch in Zeiten von Corona und des Medienwandels fast nicht machbar.
Es bleibt deshalb zu hoffen, dass auch dazu Verlage mit den Autoren/- innen nach der Coronakrise neue Wege finden.
Auch Kulturelles verfügbar zu machen, ist Wertschöpfung. Nur zusammen ist es eine Wertschöpfungskette, deren Bedeutung nun sichtbar wird. Nichts ist einfach da, sondern muss bezahlt werden, wenn es für notwendig erachtet wird, individuell und kollektiv - zumindest Kulturelles.
Die Form der Verfügbarkeit unterliegt dem Wandel; auch das wird in der Krise deutlich - teilweise sehr schmerzlich.