Der Band "100 Gedichte" von Rammstein-Sänger Till Lindemann, der im März bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist, traf am vergangenen Wochenende auf viel Kritik. Sowohl auf Instagram positionierten sich Menschen gegen die Lyrik – mit dem Vorwurf Vergewaltigung zu romantisieren –, aber auch der "Tagesspiegel" oder SWR2 kritisierten die Gedichte.
Im Netz richtete sich die Kritik auch an Kiepenheuer & Witsch als Verlag. Helge Malchow, Editor-at-large bei KiWi, bezog auf Instagram und der Verlagswebsite im Namen des ganzen Verlags Stellung:
Zu der Kritik an Till Lindemanns Gedicht „Wenn du schläfst“ aus dem Gedichtband „100 Gedichte“:
Die moralische Empörung über den Text dieses Gedichts basiert auf einer Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten „lyrischen Ich“ mit dem Autor Till Lindemann.
Die Differenz zwischen lyrischem Ich und Autor ist aber konstitutiv für jede Lektüre von Lyrik wie von Literatur allgemein und gilt für alle Gedichte des Bandes wie für Lyrik überhaupt. Andernfalls wären keine literarischen Fiktionen und Phantasien des Bösen, der Gewalt, wie wir sie zahlreich aus der Weltliteratur von Henry Miller über B. E. Ellis bis zu A. M. Homes kennen, möglich und die Freiheit der Kunst damit hinfällig.
Dass der im Gedicht dargestellte Vorgang unter moralischen Gesichtspunkten zutiefst verwerflich ist, ist eine Selbstverständlichkeit und erlaubt keine persönliche Diffamierung des Autors.
Helge Malchow, editor-at-large, für den Verlag Kiepenheuer & Witsch.
Kann jemand mal diesen bescheuerten Angeberbegriff "Editor-at-large" aus unserem Sprachgebrauch entfernen?
Meister Malchow - wie nennen Sie Ihren Job selbst?
Besten Gruß
VvE
Verwechslung des fiktionalen Sprechers, dem sogenannten „lyrischen Ich“
Richtig wäre: »des sogenannten lyrischen Ichs«, und danach folgt zwingend ein Komma. Vermutlich hat die Urlaubsvertretung des Praktikanten das Textlein verfaßt und es Herrn Malchow untergeschoben.
Rammstein ist Rammstein und nicht nur Lindemann und mal ehrlich ,, Du riechst so gut " z. B. ist doch auch nichts anderes.
Verstehe die Aufregung darum nicht so ganz. Im Übrigen ist zeitgleich noch ein weiters Buch herausgegeben worden, eine Wiederauflage mit einem Inteview von Herrn Lindemann durch Herrn Malchow im Anhang. Hat das mal jemand von den Ereiferern eigentlich gelesen?
Für sein kurzlebiges JWD-Magazin hatte sich Joko Winterscheidt seinerzeit als "Editor-at-very-large" bezeichnet. Das hatte Größe.