"Es schneite. Dicke, wattige Schneeflocken. Unendlich viele weiße, zarte Fladen kamen geradewegs aus dem milchig blauen Himmel heruntergesegelt. Unablässig. Fröhlich. Heiter. Unabhängig. Frei. Lieblich. So lieblich, dass Tamara am liebsten angefangen hätte zu weinen." So beginnt der 160 Seiten schmale Roman "Die Weihnachtsgeschwister" von Alexa Hennig von Lange (DuMont, Oktober, 18 Euro). Tamara und ihre Geschwister Ingmar und Elisabeth sind mit Kindern und Partnern auf dem Weg zu ihren Eltern, um Weihnachten zu feiern. Gleich beim ersten gemeinsamen Abend, sozusagen der Vorbesprechung für den Festablauf, brechen zuverlässig die alten Konflikte und Eifersüchteleien auf. Als die drei an Heiligabend bei ihren Eltern klingeln, öffnet ihnen niemand die Tür. Das Trio macht sich auf die Suche und erinnert sich dabei an eine glückliche Kindheit. Wer Geschwister hat, dürfte sich in Alexa Hennig von Langes Weihnachtsroman wiederfinden.
Weihnachten zu Hause bei der Familie und Konkurrenz unter Geschwistern ist auch das Thema von "Das Winterwunder von Dublin", dem ersten Weihnachtsroman der durch ihre Alpen-Krimi-Serie bekannt gewordenen Autorin Nicola Förg (Piper, Oktober, 256 S., 12,99 Euro). Doch statt der Eltern verschwindet bei Förg die Stute Puzzle. Tatsächlich gibt es in Irland ein Problem mit ausgesetzten Pferden: In Wohlstandszeiten haben dort Leute Pferde gekauft, die nach der Finanzkrise nicht mehr dafür aufkommen konnten. Das Ergebnis: Hunderte verwahrloster, quasi herrenloser Tiere. Eines davon könnte Puzzle sein.
"Die Gamache-Krimis von Louise Penny sind gute Krimi-Unterhaltung, zwar ohne nervenzerfetzende Spannung, aber immer mit einer guten Geschichte und raffinierten Twists", urteilte die Rezensentin Cathrin Brackmann im WDR. Perfekt für Weihnachten! Louise Penny gilt mit weltweit sechs Millionen verkauften Büchern als erfolgreichste Krimiautorin Kanadas. Im Kampa Verlag erscheint im Oktober "Tief eingeschneit" (448 S., 16,90 Euro), eine Neuauflage des zweiten Falls für Gamache, der 2008 schon einmal bei Limes unter dem Titel "Und die Furcht gebiert den Zorn" veröffentlicht wurde. Im zugeschneiten Dörfchen Three Pines ist an den Weihnachtstagen ein Mord passiert, auf dem zugefrorenen See während des Curling-Wettbewerbs. Das Problem Gamaches: Alle waren da, aber keiner hat etwas gesehen.
Julie Peters hat erst Geschichte studiert, dann eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolviert und arbeitet heute als Schriftstellerin und Übersetzerin. "Der kleine Weihnachtsbuchladen am Meer" (Aufbau, 288 S., 10 Euro) ist eine Fortsetzung von "Mein wunderbarer Buchladen am Inselweg" – diesmal findet die Buchhändlerin Frieke jeden Adventstag ein Briefchen vor ihrer Haustür, ist schwanger und will Bengt heiraten. Fazit: unterhaltsame Mädels-Literatur im Weihnachtsambiente.
Wer Weihnachten eher humoristisch als emotional betrachten will, ist mit Michael Altingers "Auch das Christkind muss dran glauben" gut bedient (SüdOst-Verlag, Oktober, 160 S., 14,90 Euro). Altinger erzählt aus dem Leben eines bayerischen Kabarettisten und Familienvaters – und davon, was sich so zwischen Nikolaus und Dreikönig zuträgt. Das ist erwartungsgemäß lustig, wahrscheinlich aber nur mäßig autobiografisch. Selbstverständlich geht Altinger mit seinem Weihnachtsprogramm auch auf Tour.
Eine Weihnachtsgeschichte nennt Peter Stamm seinen 80 Seiten kurzen Roman "Marcia aus Vermont" (S. Fischer, Oktober, 80 S., 14 Euro). Darin geht es, wie meistens bei Peter Stamm, um die wahre Liebe, das echte Gefühl. Und das im typisch melancholisch-nüchternen Stamm-Sound: "Sie erzählte mir von ihrer Familie in Vermont, die sie seit Jahren nicht gesehen hatte, von ihrem Bruder, ihrem kleinen behinderten Bruder, wie sie ihn nannte. 'Das meinst du jetzt nicht im Ernst', sagte ich. 'Das klingt wie eine dieser schrecklichen Weihnachtsgeschichten. Du schläfst mit mir, um Geld für seine Medikamente zu verdienen. Und am Schluss sitzen wir alle zusammen, du und ich, deine Eltern und dein kleiner behinderter Bruder, um einen ärmlichen Weihnachtsbaum und singen Stille Nacht.'" Das sagte Peter an einem Weihnachtsabend vor 30 Jahren zu Marcia. Dann begegnet er ihr wieder.
Und zum Schluss noch eine feine Erzählungssammlung, für die unter anderen Carmen Korn, Kirsten Fuchs, Tex Rubinowitz, Ralf König und Till Raether ihr Bestes zum Thema Weihnachten gegeben haben: "Weihnachten mit Punkt Punkt Punkt" (Rowohlt, Oktober, 272 S., 10 Euro). Diese 17 eigenwilligen Geschichten decken auf alle Fälle die ganze Palette zwischen Stress und Besinnlichkeit ab!
Da hilft nur Glühwein: Betrunkene Schwager, esoterische Nichten, schmollende Schwestern und großkotzige Onkel – seit 2012 gibt der Hamburger Satiriker Dietmar Bittrich eine Weihnachtsanthologie mit Geschichten rund um die bucklige Verwandschaft raus. Immer wieder schön, denn dank Bittrich wissen alle Weihnachtsgeplagten: Sie sind nicht allein!
Dietmer Bittrich (Hrsg.): "Blut ist dicker als Glühwein", gelesen von Simon Jäger, Nana Spier u. a., Argon, 2 CDs, 10 €
Zurück im Kinderzimmer: Christian Huber ist Autor und Komponist und führt unter dem Pseudonym Pokerbeats einen witzigen Twitter-Account. Das Thema Weihnachten hat er schon 2017 aus der Studentenperspektive beleuchtet: Bastian fährt in die Kleinstadt zu seinen Eltern. Seine Studentenweihnacht zu Hause gibt es jetzt auch zum Hören.
Christian Huber: "7 Kilo in 3 Tagen", gelesen von Oliver Rohrbeck, Lübbe Audio, CD, 12 €
Alfons Friedrichsdorf als Christkind: Jeden Tag ein Mord – das satirische Thrillerhörspiel in 24 Teilen, das der Kabarettist Kai Magnus Sting im vergangenen Jahr für den SWR / Hörverlag geschrieben hat, erfährt eine Fortsetzung! Der Schauplatz: ein verschneites Luxushotel im Schwarzwald. Chefermittler ist wieder Hobbydetektiv Alfons Friedrichsberg, verfressen und schlau wie eh und je. Die Hauptrolle hat diesmal ein Yeti bekommen ... Ein großer, alberner Spaß!
Kai Magnus Sting: "Tod unter Lametta 2", Hörspiel mit Bastian Pastewka, Kai Magnus Sting, Jochen Malmsheimer und Annette Frier, Der Hörverlag, Oktober, 2 CDs, 9,99 €
Märchen mit Musik: Die kleine Edition See-Igel aus Iznang am Bodensee verbindet seit fast 30 Jahren schöne Geschichten mit klassischer Musik – und wird für ihre Produktionen regelmäßig ausgezeichnet, zum Beispiel vom Verband deutscher Musikschulen (VdM). Die "Dezemberpäckchen", besinnliche Weihnachtserzählungen und Musik von Georges Bizet, César Franck, Enrique Granados und Georg Friedrich Händel für zwei Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass und Klavier, dürften bei den Preisjurys (und den Hörern) wohl wieder überzeugen.
Ute Kleeberg, Hans Christian Andersen u. a: "Dezemberpäckchen. Geschichten für besondere Tage im Dezember", erzählt von Barbara Auer, Friederike Wagner und Christian Brückner mit klassischer Musik, Edition See-Igel, CD, 15,50 €