Das vom Amazon-Verlagsimprint Tinte & Feder zum Weltkindertag produzierte Buch soll in gedruckter Form und als E-Book ab 20. September bei Amazon, Thalia und Hugendubel erhältlich sein. Stiftung Lesen und Amazon zufolge ist das Ziel, insbesondere solche Familien fürs gemeinsame Vorlesen zu begeistern, bei denen Lesen noch nicht zum festen Bestandteil ihres Alltags gehört. "Die Stärke der Stiftung Lesen zeigt sich immer dann, wenn ein Mitglied eigene Ideen entwickelt, die in unserem Netzwerk aus Unternehmen und Institutionen aufgegriffen und multipliziert werden", sagt Jörg F. Maas, Geschäftsführer der Stiftung Lesen. "Uns allen geht es darum, dass das Lesen seinen Platz im Alltag der Menschen findet und behält." Welche Autoren die fünf neuen Märchen in dem Buch schreiben, ist noch nicht bekannt.
Update 25.7.: Die Stiftung Lesen erklärt in einem Statement: "Die Verfügbarkeit im weiteren stationären Buchhandel ist für Stiftung Lesen und Amazon ein ausdrückliches Ziel, allerdings können zum derzeitigen Zeitpunkt leider noch keine weiterführenden Angaben hierzu gemacht werden." Auf Nachfrage erklärt ein Stiftungs-Sprecher, Amazon arbeite derzeit daran, das Verschenkbuch auch im übrigen stationären Handel verfügbar zu machen.
Seit Anfang des Jahres ist Amazon ebenso wie Thalia und Hugendubel Mitglied im Stifterrat der Stiftung Lesen, dessen Vorsitz zur Zeit die Holtzbrinck-Gruppe hat. Die Stifterratsmitglieder stellen der Stiftung Lesen 250.000 Euro zur Verfügung oder geben ihr über mindestens drei Jahre je 25.000 Euro pro Jahr. Weitere Stifterratsmitglieder sind die Verlage C.H. Beck, Beltz, Carlsen, Cornelsen, Edel, Egmont, Fischer KJB, die Holtzbrinck-Gruppe, Lingen, Loewe, Oetinger, Random House, Ravensburger, Sailer, Ullmann und Vemag. Auch der Börsenverein und der Bibliotheksdienstleister EKZ gehören dem Stifterrat an, desweiteren Zeitungs- und Zeitschriftenverlage wie die "F.A.Z.", die "Zeit", Gruner + Jahr, Hubert Burda Media, Funke Medien-Gruppe, Wort & Bild, Sender wie RTL Deutschland und Super RTL und weitere Firmen wie Deutsche Post DHL und Aldi sowie Stiftungen wie Commerzbank Stiftung und Deutsche Bahn Stiftung. Auch Bundesländer sind im Stifterrat vertreten: Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz.
Einerseits steht im Raum, dass damit Menschen erreicht werden, die sonst nicht erreicht würden, denn Amazon ist ja eher ein großes Gemischtwarenkaufhaus. Ob das so stimmt, sei dahingestellt, denn wie sollen bitte die Bücher von dort aus an "das Kind" kommen? Diejenigen, die sie haben wollen, werden nachfragen müssen und das wiederum steht dem eindeutig entgegen.
Andererseits sind es die Buchhandlungen vor Ort (und da vor allem viele, höchst aktive kleine Buchhandlungen!), die seit Jahren und Jahrzehnten Leseförderunge machen und die nun "plötzlich" außen vor sind. Es sind genau diese aktiven Buchhandlungen, deren Arbeit letzendlich diskreditiert wird, weil die Kundschaft wahrnimmt "dass die das ja nicht können". Dabei könnten die Buchhandlungen genau as übernehmen (wenn es denn tatsächlich noch eine weitere Aktion mit Verschenkbüchern sein muss ...) - den kreativen Köpfen dort fällt immer noch irgend eine schöne Sache ein.
Davon abgesehen ist es absolut nicht nachzuvollziehen, dass eine Stiftung, die auch davon abhängig ist, dass die Zusammenarbeit mit dem Buchhandel gut funktioniert, diesem in den Rücken fällt. Erst recht nicht, wenn sie zum Teil vom örtlichen Buchhandel finanziert wird.
Wäre doch für uns kleine die beste Lösung. Wie soll ich sonst unseren Kunden die Verbindung Amazon/Filialisten und der Stiftung Lesen erklären?
Die "Kleinen" machen unglaublich viel. Lesefeste und -nächte, Bilderbuchkino, Lesetüten etc - die ganze Bandbreite an Leseförderung für verschiedene Altersgruppen, zielgerichtet, mit persönlicher Ansprache an die Kinder. Was letzendlich den Erfolg einer Aktionen ausmacht! Mit dem Geschenktbekommen ist nämlich eben gerade keine Leseförderung per se passiert - da muss man ganz anders heranführen.
(Mal als Beispiel: Die Aktion zum 23. April funktioniert hier am Ort mit über 550 Kindern, weil ich mich persönlich reinknie und mit den Kindern das Buch beginne. Dann lesen immer noch nicht alle es fertig - aber ein sehr viel größerer Teil, als wenn ich ihnen das Buch einfach hingebe.)
Das kann Amazon gar nicht leisten, weil da keine Menschen greifbar sind.
Insofern wehren wir uns dagegen, dass auch unser Geld (über den Verband zahlen wir ja auch an die Stiftung Lesen) für eine Aktion ausgegeben wird, die mit uns Kleinen sehr viel sinnvoller wäre.
Natürlich kann man einem Kind ein Buch in die Hand drücken und sich dann ganz heftig auf die Schulter klopfen, was für eine tolle Leseförderung man betreibt - nicht! Das können unsere vielen Bibliotheken nämlich schon ganz gut, okay, sie wollen das Buch später wiederhaben, aber der Zugang zum Buch ist einfach und kostenlos möglich.
Leseförderung ist was ganz anderes: gezielt aussuchen. Gezielt ansprechen. Auf Bedürfnisse eingehen. Den Spaß an der Sache vermitteln. Die Kinder mitnehmen. Und das leisten wir in unseren kleinen und größeren Buchhandlungen täglich. Zusätzlich dazu größere Aktionen unter dem Jahr.
Dann kommt auf einmal so ein Internetriese daher und verteilt mit den Gießkannen Thalia und Hugendubel ein Buch an Kinder. Alle feiern sich, wie großartig sie doch das Lesen fördern. Toll, wirklich... als Marketing-Gag. Mal ganz abgesehen davon, dass ich unsere kleinen Lesefeinde mit Märchen sicher nicht hinterm Ofen vorlocke (außer, es käme vielleicht Minecraft drin vor..), ist das eine üble Verarxxx all derer, die wirklich LESEN FÖRDERN!