Kochbuchblogger Benjamin Cordes auf der Suche nach den Besten

Scheren statt Punkte

3. April 2019
Redaktion Börsenblatt

Das junge Onlinemagazin "Kaisergranat" will die wichtigsten Kochbücher der Saison rezensieren. Geht das? Antworten von Gründer Benjamin Cordes.

Wie wurde "Kaiser­granat" geboren?
Sehr unromantisch: auf dem Fahrrad, beim Heimweg vom Büro. Die Idee zu einem Portal für Kochbuchkritik kam mir, weil mich die Themen Kulinarik und Lebensmittel schon mein ganzes Berufsleben lang begleiten, etwa bei meiner Arbeit für das NDR-Verbrauchermagazin "Markt" oder für den "Feinschmecker". Meine ersten Kochbücher habe ich als Teenager gekauft – und seitdem koche ich auch.

2018 sind laut Verzeichnis lieferbarer Bücher gut 1.700 gedruckte Kochbücher erschienen. Wie wählen Sie da aus?
Ich sichte systematisch die Vorschauen von rund 40 Verlagen. Pro Halbjahr bespreche ich 100 bis 120 Kochbücher, die interessant klingen oder das Zeug zum Bestseller haben. Maßgabe ist, über die wichtigsten Kochbücher der Saison zu informieren, ob sie nun von Jamie Oliver oder von Sterne-Koch Christian Bau kommen. Wenn man weiß: Das wird ein Bestseller, dann ist das zwar noch lange kein gutes Buch – aber natürlich wichtig für den Markt. Also wird es auch besprochen.

Sind die Verlage kooperativ, wenn es um Rezensionsexemplare geht?
Die meisten Verlage haben uns einen Vertrauensvorschuss gegeben – wir kamen ja aus dem Nichts. Auf meine erste Anfrage nach Rezensionsexemplaren habe ich nur eine einzige böse E-Mail bekommen, das war allerdings eine wahre Hasstirade gegen Blogger.

Das Portal kostet Zeit und auch Geld. Wie stemmen Sie das?
Unsere Umsätze sind weit davon entfernt, "Kaisergranat" hauptberuflich betreiben zu können, aber ein Taschengeld ist schon das Ziel. Wir verlinken deshalb zu Amazon – aber auch zur Buchhandelsplattform Genialokal. Ab und an empfehlen wir Produkte, wie Jamie Olivers Pfanne. Die steht bei mir im Schrank und ist wirklich gut.

Haben Sie schon Kochbücher verrissen?
Selten – was auch an der strengen Vorauswahl liegt. Wir wollen vor allem für Transparenz sorgen: Welche Erwartungen weckt ein Kochbuch – und erfüllt es sie auch? Ein gutes Beispiel ist "Meine Aromenküche" von Ali Güngörmüs (DK). Auf den ersten Blick denkt man: Toll, jetzt lerne ich die authentische Küche aus der Türkei kennen. Aber dann folgen recht austauschbare Rezepte. Der Titel ist kein schlechtes Kochbuch, aber nicht das, was man erwarten würde. Wir sagen dem Leser, was er bekommt.

Sind Sie mit dem aktuellen Kochbuchjahrgang zufrieden?
Umgehauen hat er mich bisher noch nicht – aber das zweite Kochbuchhalbjahr ist ja traditionell stärker. Was mich oft stört, ist ein verkünsteltes Layout. Auf vielen Seiten tummeln sich unterschiedliche Schriftarten, Info-Boxen, eine pseudolockere Sprache und andere Spielereien. Das strahlt mir einfach zu viel Unruhe aus. Eine klare Struktur gefällt mir nach wie vor am besten: eine Seite Bild, eine Seite Rezept, fertig.

Sie küren auch die besten Kochbücher des Jahres – und haben 2018 zu einer kleinen Preisgala nach Hamburg eingeladen …
Ja, viele der prämierten Autoren sind gern vorbeigekommen, da waren wir hocherfreut. Wir nominieren die Titel in verschiedenen Kategorien, die wir davon abhängig machen, wie die aktuelle Produktion aussieht. Es ist ja sinnlos, eine Kategorie Bestes vegetarisches Kochbuch auszurufen, wenn es gerade gar keine guten Bücher dazu gibt. Wir benennen pro Kategorie fünf gute Titel – daraus wird dann der Sieger ermittelt. Auch ein Publikumspreis gehört dazu …

Außerdem rufen Sie noch die Lieblinge des Jahres aus, die in keine Kategorie passen. Was muss so ein Buch mitbringen?
Einer meiner Lieblinge ist zum Beispiel "Der Gastronaut" von Thomas Vilgis, erschienen bei der Stiftung Warentest. Vilgis erklärt darin, was Physik, Chemie und Mechanik mit Kochen und Genuss zu tun haben. Und das noch dazu sehr unterhaltsam. Kein Fall für die Bestsellerlisten, sondern einfach etwas ganz besonders. Das macht es zum Lieblingsbuch.

Sie bieten auch ein Recherche-Tool an, mit dem man alle Kochbücher, die in den vergangenen Jahren erschienen sind, nach Preis, Zubereitungsart, Jahrgang oder Ernährungsweise durchsuchen kann – nicht nur die rezensierten. Welche Datenbank liegt dem zugrunde?
Das ist eine VLB-Schnittstelle, für die wir ganz normal bezahlen. Die Kochbuchsuche könnte allerdings noch viel besser funktionieren, wenn die Verlage die Qualität ihrer Verschlagwortung im Verzeichnis lieferbarer Bücher erhöhen würden.

Hat ein Titel schon mal alle 10 Punkte bekommen – bei Ihnen Kaisergranat-Scheren?
Nein, das ist wie beim "Gault Millau" – der hat auch noch nie die volle Punktzahl vergeben.

Aus "Kaisergranats Beste"

Mindestens neun von zehn möglichen Punkten ("Scheren"):

  • Christian Bau: "Bau.steine" (Matthaes)
  • Tim Raue: "My Way" (Callwey)
  • Christian Hümbs: "Richtig gut backen" (DK)
  • Sarah Henke: "Korea" (Christian Verlag)
  • Manuela Rüther: "Backe, Brust und Bauch" (AT)
  • Lutz Jäkel: "Hand in Hand" (Ars Vivendi)
  • Stevan Paul: "Meine japanische Küche" (Hölker)
  • Claudia Zaltenbach: "Miso" (Hädecke)
Kaisergranat.com
  • Konzept: Onlinemagazin für Kochbuch-Rezensionen, seit 2017, benannt nach einer Delikatesse: einem hummerartigen Krebs
  • Größenordnung: ca. 120 Rezensionen / Halbjahr, 20.000 Nutzer / Monat
  • Köpfe: Stefan Spiegel und Benjamin Cordes (Journalisten, unter anderem für NDR und "Feinschmecker")
  • Extras: VLB-Schnittstelle für Kochbuch-Recherche, Kür der Kochbücher des Jahres, Bestsellerlisten (Media Control), klare Struktur der Kritiken (etwa Zielgruppe, Schwierigkeitsgrad, Optik)

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