Geschichte zum Titel

Stella Goldschlag. Eine wahre Geschichte

26. März 2019
Redaktion Börsenblatt
Im Jahr 1993 veröffentlichte der Steidl Verlag eine außergewöhnliche Geschichte: »Stella«, die Biografie der sogenannten »Greiferin« Stella Goldschlag. Aus ­aktuellem Anlass legt der Verlag den Titel jetzt neu auf.   TONI HECHT

Seit einigen Wochen klingelt im Steidl Verlag überdurchschnittlich oft das Telefon. Ein Titel ist gefragt, der vor über 25 Jahren erschienen ist und seinerzeit hohe Auflagen erzielte: das Buch »Stella« des 1998 verstorbenen Autors Peter Wyden. »Durch die Debatte rund um Takis Würgers Roman erinnern sich Buchhändler, Journalisten, Leser an ›Stella‹ und wollen das Buch noch einmal lesen«, erklärt Claudia Glenewinkel, Leiterin der Steidl-Pressestelle. Sie hat jetzt viel zu tun. Der Titel ist längst vergriffen, auch antiquarisch ist er nicht mehr erhältlich. Angesichts der hohen Nachfrage hat sich der Verlag entschieden, die Rechte neu einzukaufen und das Buch noch einmal aufzulegen, nun mit einem Vorwort von Schriftsteller und Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees Christoph Heubner. Und mit dem geänderten Titel »Stella Goldschlag. Eine wahre Geschichte«, da die Titelrechte für »Stella« nun bei Hanser liegen. Wyden erzählt in seiner Biografie die Lebensgeschichte von Stella Goldschlag, jener schönen, talentierten jüdischen Frau, die unter anderen Umständen wohl eine glänzende Karriere gemacht hätte. Aber Stella lebte zur Nazizeit in Deutschland, sie wurde die sogenannte »Greiferin« und half der Gestapo, untergetauchte jüdische Mitbürger aufzuspüren.

Ihre Motivation zu Beginn, sagt sie, sei gewesen, die eigenen Eltern vor dem Transport in ein Konzentrationslager zu bewahren. Doch auch, als ihr das nicht gelang, arbeitete sie weiter als Greiferin. Peter Wyden sucht in diesem Buch Antworten, auch aus einem persönlichen Interesse: Er ist mit Stella Goldschlag zur Schule gegangen und war, wie fast alle Jungen dort, in sie verliebt. Er vergaß Stella auch nicht, als er mit seiner Familie in die USA floh. Dass sie das »blonde Gift« wurde, das Hunderte Juden in den Tod schickte, erfuhr er, nachdem er 1945 als junger US-Soldat nach Berlin zurückgekehrt war. »Mit diesem Tag beginnt der Versuch Peter Wydens – jenseits aller Verstörung und aller Verachtung – zu verstehen ...«, schreibt Heubner in seinem Vorwort. »Ihn treibt nichts als die brennende Frage eines Beteilig­ten, der davongekommen und dennoch gezeichnet ist: warum?« Wyden recherchierte jahrelang, sichtete Archivmaterial und sprach mit mehr als 150 Personen: Überlebenden, Augenzeugen, Historikern und Psychologen. Und: Er sprach mit Stella, die in Westdeutschland im Verborgenen lebte, bis sie sich 1994 das Leben nahm. Das Ergebnis ist eine behutsame Annäherung, die nicht urteilen und nicht entschuldigen will, sondern tatsächlich nur eins: verstehen. Aus diesem beharrlichen Versuch ist ein erschütterndes Sachbuch entstanden, das sich fast liest wie ein Kriminalroman. Und es ist gleichzeitig eine Warnung: »Denn was gestern verübt werden konnte, könnte morgen noch einmal versucht werden und uns selber oder unsere Kinder betreffen«, wird Primo Levi vorab zitiert. Dieses Buch sorgt dafür, dass wir das nicht vergessen.

Normal 0 21 false false false DE X-NONE X-NONE MicrosoftInternetExplorer4 /* Style Definitions */ table.MsoNormalTable {mso-style-name:"Normale Tabelle"; mso-tstyle-rowband-size:0; mso-tstyle-colband-size:0; mso-style-noshow:yes; mso-style-priority:99; mso-style-parent:""; mso-padding-alt:0cm 5.4pt 0cm 5.4pt; mso-para-margin:0cm; mso-para-margin-bottom:.0001pt; mso-pagination:widow-orphan; font-size:10.0pt; font-family:"Times New Roman",serif;}

FAKTEN ZUM BUCH

Peter Wyden:
»Stella Goldschlag.
Eine wahre Geschichte«
Übersetzt von Ilse Strasmann
Steidl Verlag
384 Seiten
20,00 € (D)  /  20,60 € (A)
Auch als E-Book lieferbar.

PETER WYDEN
wurde 1923 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren. 1937 floh die Familie in die USA, wo Wyden an der City University of New York studierte. Anschließend verpflichtete er sich bei den amerikanischen Streitkräften und ging mit der Psychological Warfare Division der US-Armee gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Europa. Als Sergeant leitete Wyden 1945 die Lokalredaktion der Allgemeinen Zeitung in Berlin. Zu seinen Reportern gehörten Egon Bahr und Peter Boenisch. Nach Kriegsende arbeitete er weiter als Reporter in den USA für u. a. The Wichita Eagle, The St. Louis Post-Dispatch, Newsweek und Saturday Evening Post. Bis zu seinem Tod 1998 lebte Wyden in Ridgefield, Connecticut

» Ich wollte wissen, wie sich Menschen verhalten, die vor der letzten Entscheidung stehen: zu sterben oder mit dem Teufel gemeinsame Sache zu machen.«
Peter Wyden

FÜR BESTELLUNGEN & TITELINFORMATIONEN
wenden Sie sich bitte an:
Susanne Schmidt / Matthias Wegener
Tel.: 0551 49 60 60
Fax: 0551 49 60 649
E-Mail: bestellung@steidl.de