Europaparlament stimmt für Copyright-Richtlinie

Börsenverein: "Weg frei für ein faires und zukunftsfähiges Urheberrecht"

26. März 2019
Redaktion Börsenblatt

Das Europäische Parlament hat heute die Richtlinie über das Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt verabschiedet. Damit schafft es die Grundlage für ein faires und zeitgemäßes Urheberrecht. Für die Verlage in Deutschland entscheidend: Die Reform ermöglicht es, dass Verlage künftig wieder an den Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften wie der VG Wort beteiligt werden können.

„Das Europäische Parlament bekennt sich mit seiner heutigen Entscheidung zu einer starken und vielfältigen Kreativwirtschaft. Es macht den Weg frei für ein faires, modernes und zukunftsfähiges Urheberrecht. Die heute beschlossene Reform stärkt Urheber und Verlage, befreit Nutzer von der Haftung und zwingt Onlineplattformen in eine angemessene Verantwortung. Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen Europaabgeordneten, stellvertretend bei Axel Voss und Helga Trüpel, die dafür gekämpft haben, dass die geistige Leistung der Kreativen respektiert wird“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Peter Kraus vom Cleff, Kaufmännischer Geschäftsführer von Rowohlt und Mitglied im Vorstand des Verleger-Ausschusses, begrüßt das Ergebnis ebenfalls: "Die Abstimmung im Europäischen Parlament für die Urheberrechtsreform ist ein großer Schritt zum Erhalt der einmaligen europäischen kulturellen Vielfalt und ein wichtiges Zeichen, dass in Europa der Schutz des geistigen Eigentums Vorzug erhält vor den Interessen der Internetgiganten. Großer Dank an all die Politiker*innen, die ihrer inneren Überzeugung gefolgt sind – trotz starken öffentlichen Drucks und teilweise massiver persönlicher Anfeindungen. Nach den erheblichen Verwerfungen muss es uns im Interesse der Demokratie darum gehen, die nächsten Schritte achtsam und unter Berücksichtigung möglichst vieler Argumente zu tun, um rasch und entschieden die EU-Richtlinie in nationales Recht zu überführen. Dabei muss es uns auch gelingen, die junge Generation mit Argumenten zu überzeugen und einzubinden."

Beobachter und Abgeordnete hatten mit einem knappen Abstimmungsergebnis gerechnet. Am Ende entfielen von 658 abgegebenen Stimmen 348 Stimmen für die Richtlinie, 274 dagegen. 36 Parlamentarier enthielten sich. Für Jessica Sänger, Rechtsanwältin und Direktorin für europäische und internationale Angelegenheiten im Börsenverein, ist das Votum auch ein wichtiger Erfolg der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Branchen. "Verleger und Produzenten haben hier gemeinsam mit Urhebern ein Gesamtpaket erarbeitet, das allen etwas bringt", so Sänger. Hätte man einen Abschnitt entfernt, wäre die innere Balance der gesamten Richtlinie zerstört worden. Dann wäre das ganze Paket zum Scheitern verurteilt gewesen.

Für die Verlage in Deutschland ist Artikel 16 (in der früheren Fassung Artikel 12) der Richtlinie von größter Bedeutung: „Durch die über Jahre ausbleibenden Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften sind gerade viele kleine und unabhängige Verlage in ihrer Existenz und Arbeit gefährdet worden. Mit der Richtlinie und der kommenden Umsetzung in deutsches Recht können Buchverlage weiterhin investieren und die Vielfalt und Qualität des deutschen Buchmarkts sicherstellen. Nun ist es an der Bundesregierung, die verabschiedete Richtlinie in nationales Recht umzuwandeln und damit zu einer rechtssicheren und praktikablen Lösung in Deutschland zurückzukehren. Damit zeichnet sich ein Ende der seit mehr als drei Jahren andauernden Hängepartie um die Zukunft der gemeinsam von Autoren und Verlagen gegründeten VG Wort an“, sagt Skipis.

Bei der Frage der Verlegerbeteiligung geht es darum, ob Verlage eine Vergütung erhalten können, wenn ihre Werke privat kopiert, durch Bibliotheken verliehen oder sonst in gesetzlich erlaubter Weise genutzt werden. Dies war seit Ende der 1950er Jahre gelebte Praxis. 2015 hatte der Europäische Gerichtshof – und in der Folge 2016 auch der Bundesgerichtshof – den Verlagen ihre Ansprüche jedoch aberkannt. In den vergangenen Jahren hatten sich Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag mehrfach für die Wiedereinführung der Verlegerbeteiligung ausgesprochen, dabei aber zunächst auf den europäischen Gesetzgeber gesetzt.

Die öffentliche Diskussion in den vergangenen Wochen und Monaten war von Artikel 13 der Richtlinie (in der finalen Fassung Artikel 17) dominiert worden, der den Umgang von Internetplattformen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten regeln soll. Kritiker dieser Vorschrift, unter ihnen die EU-Abgeordnete Julia Reda sowie zahlreiche Netzaktivisten und Youtuber, hatten den Einsatz sogenannter Uploadfilter befürchtet, die die Meinungsfreiheit im Netz beeinträchtigen und als Infrastruktur für Zensurmaßnahmen missbraucht werden könnten. Zuletzt kam es zu mehreren Kundgebungen gegen Artikel 13 bzw. die gesamte Reform, an der sich mehrere hunderttausend meist junge Menschen beteiligten.

Die Bundesregierung hat nun bis zu zwei Jahre Zeit, die Richtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen.