Bei der Frage der Verlegerbeteiligung geht es darum, ob Verlage eine Vergütung erhalten können, wenn ihre Werke privat kopiert, durch Bibliotheken verliehen oder sonst in gesetzlich erlaubter Weise genutzt werden. Dies war seit Ende der 1950er Jahre gelebte Praxis. 2015 hatte der Europäische Gerichtshof – und in der Folge 2016 auch der Bundesgerichtshof – den Verlagen ihre Ansprüche jedoch aberkannt. In den vergangenen Jahren hatten sich Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag mehrfach für die Wiedereinführung der Verlegerbeteiligung ausgesprochen, dabei aber zunächst auf den europäischen Gesetzgeber gesetzt.
Die öffentliche Diskussion in den vergangenen Wochen und Monaten war von Artikel 13 der Richtlinie (in der finalen Fassung Artikel 17) dominiert worden, der den Umgang von Internetplattformen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten regeln soll. Kritiker dieser Vorschrift, unter ihnen die EU-Abgeordnete Julia Reda sowie zahlreiche Netzaktivisten und Youtuber, hatten den Einsatz sogenannter Uploadfilter befürchtet, die die Meinungsfreiheit im Netz beeinträchtigen und als Infrastruktur für Zensurmaßnahmen missbraucht werden könnten. Zuletzt kam es zu mehreren Kundgebungen gegen Artikel 13 bzw. die gesamte Reform, an der sich mehrere hunderttausend meist junge Menschen beteiligten.
Die Bundesregierung hat nun bis zu zwei Jahre Zeit, die Richtlinie der EU in nationales Recht umzusetzen.
Warum "hatten" und "könnten"
Jetzt, wo dieses unsägliche Gesetz durch ist, _haben_ wir ja umso mehr die Befürchtung, dass es die Meinungsfreiheit einschränkt und missbraucht werden _kann_. Kein Konjunktiv, keine Vergangenheitsform.
Mehrere Datenschützer und Uniprofessoren haben bestätigt, dass das so sein wird.
"Hätte man einen Abschnitt entfernt, wäre die innere Balance der gesamten Richtlinie zerstört worden."
Das stimmt so auch nicht, denn eine Überarbeitung von Artikel 13 wäre dringend nötig gewesen.
Dieser Kommentar ist übrigens nach Inkrafttreten von Artikel 13 nicht mehr möglich, da ein Filter urheberrechtlich geschütztes Material finden würde.
Dass es hier im Rahmen des Zitatrechts verwendet wird, ist für eine technische Lösung nicht ersichtlich. Zumindest nicht in den nächsten 20 Jahren
Interessant finde ich den Zusammenhang mit Nordstream 2, den die FAZ gestern beschrieben hat. Leider ist der vollständige Artikel hinter der Bezahlschranke.
Ganz sicher werden meine über die Verabschiedung der Richtlinie hochempörten heranwachsenden Söhne nie die CDU wählen. Es hat mich selbst überrascht, wie wütend die Jugendlichen insbesondere auf die CDU sind. Die CDU hat möglicherweise eine ganze Wählergeneration für diese Sache geopfert.
Falls sich jetzt ein rechter Troll mit mir solidarisieren möchte: Ich bin links-grün.
Sie schreiben, "Leider ist der vollständige Artikel hinter der Bezahlschranke." Warum leider? Sollen der Autor und der Verlag ihre Arbeitsleistung verschenken? Genau dafür ist das neue Urheberrecht da: Dass jeder seine schöpferische Leistung vergütet bekommt. Das ist im analogen Leben nicht anders. Oder erwarten Sie, dass man Ihnen die gedruckte FAZ am Kiosk schenkt?
Upload-Filter sind eine von verschiedenen Möglichkeiten, Urheberrechtsverstöße zu vermeiden. Eine andere Möglichkeiten wäre z. B. analog zum Kauf einer Papierkopie oder eines digitalen Massenspeichers eine Pauschalabgabe an die Verwertungsgesellschaften. Da die privaten Konzerne mit ihren Upload-Plattformen über Werbung sehr viel Geld verdienen, indem sie kostenlos(!) hochgeladene Inhalte/schöpferische Leistungen mit Werbung verbinden und somit vermarkten, würde es mich wundern, wenn sie sich über Upload-Filter selbst den Geldhahn zudrehen würden. Und selbst wenn diese Upload-Filter zum Einsatz kämen und technisch bedingt eventuell urheberrechtskonforme Inhalte blockieren würden: Erstens handelt es sich bei den Upload-Plattformen um Privatkonzerne, die bereits jetzt schon alles Mögliche filtern, zweitens hat niemand ein Recht auf den Uploads seiner Inhalte auf Upload-Plattformen und den (kostenlosen) Konsum dieser Inhalte (das sind lediglich Angebote(!) von privaten Konzernen) und drittens bleibt dadurch das Recht des Schöpfers der ursprünglichen Inhalte geschützt.
@Herr Stankewitz und Branchenbeobachter: Natürlich greift der Uploadfilter auch bei Kommentarspalten. Das ist doch ein wichtiger Bestandteil des Protests gewesen, den die Verlage und andere Lobbyvereine nur zu gerne unter den Tisch haben fallen lassen. Dass Moderatoren einen urheberrechtlich relevanten Inhalt löschen ist nach Inkrafttreten nicht mehr gegeben, da diese bereits beim Upload gelöscht werden müssen und gar nicht erst auf der Seite erscheinen dürfen. Das bedeutet, dass die Herrschaften dieser, diesen Blödsinn feiernden Seite einen, nach groben Schätzungen 100.000.000 Euro teuren Uploadfilter der Firma Alphabet werden lizensieren müssen. Und mal nur so aus Neugier: Wie sähe eine derartige, weltweit bekannte, maschinell zuverlässig auslesbare Kennzeichnung eines Zitates aus? Wie wird sichergestellt, dass ein urheberrechtlich geschützter Inhalt, trotz dass er von mir mit dem weltweit bekannten Zitatkennzeichen gekennzeichnet wurde gelöscht wird, wenn dies notwendig ist? Wie erkennt eine Maschine diese Notwendigkeit? Google vermag dieses bislang nicht. Aber die IT-Kräfte des Börsenvereins sind bestimmt fähiger und bauen so etwas in den nächsten zwei Jahren, gelle?
@Warum "leider": Ich bin in meiner beruflichen Tätigkeit unter anderem für die Einhaltung urheberrechtlicher Vorgaben zuständig und trage sehr viel dazu bei, dass schöpferische Leistungen respektiert und vergütet werden. Eine Erwartung, etwas geschenkt zu bekommen, habe ich nicht. Ob ein Artikel vor oder hinter der Bezahlschranke ist, macht für die Autoren der FAZ hoffentlich keinen Unterschied. Ich gehe davon aus, dass die FAZ ihre Autoren auch dann bezahlt, wenn ihre Artikel kostenfrei auf der Website stehen. Weiterhin finanzieren sich die kostenfreien Artikel über die Werbeanzeigen auf der Website. Zum Vergleich mit den analogen Leben: Wenn ich die FAZ am Kiosk kaufe, bekomme ich auch einen großen Teil der Zeitung kostenfrei, weil der Kaufpreis nicht die gesamten Herstellungskosten abdeckt. Ein nicht unerheblicher Anteil wird über die die Werbeanzeigen abgedeckt.
Im übeigen hat einen Anspruch bei Urheberrechtsverletzungen der Rechteinhaber. Eine Klage wird der wohl kaum anstrengen, wenn sein Film in einem Film im Hintergrund läuft, sondern wenn der Film als solcher hochgeladen wurde.
Oder milde gesprochen: habt keine Angst, Eure Welt wird sich nicht spürbar verändern, jetzt wartet mal ab.
Zitat: "Für wen gelten die Regelungen nicht?
Artikel 13 ist keine Regelung zur Regulierung „des Internets“, sondern gilt nur für die großen kommerziellen User Uploaded Content-Plattformen. Von dieser Regelung ausdrücklich ausgenommen sind... Darüber hinaus fallen auch sämtliche Plattformen oder Webseiten, deren „Hauptzweck“ gerade nicht darin besteht, große Mengen an urheberrechtlich geschützten Werken zugänglich zu machen, ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 13. Diskussionsforen auf Blogs oder kommerziellen Nachrichtenseiten fallen daher ebenso wenig unter die Regelungen wie kleine Nischen-Netzwerke, die nicht dem Austausch urheberrechtlich geschützter Werke dienen – auch wenn diesbezüglich immer wieder Falschinformationen verbreitet werden. Darüber hinaus gelten im Anwendungsbereich von Artikel 13 spezielle Vorgaben für Start-Ups (s.u.)." Zitat Ende
Der Kampf um den Erhalt der Einnahmequelle Contentklau findet im Netz mit allen möglichen Mitteln statt. Dazu gehört heutzutage wohl auch die gezielte Falsch- und Desinformation, wo immer dieses Thema diskutiert wird. Allerdings wird dabei auch mal etwas auffällig und eindeutig zu dick aufgetragen.