Zwei bis drei Buchbesprechungen stellt er normalerweise pro Woche auf seinem Instagram-Account @literarischernerd online. "Urlaube und Überstunden gehen dafür drauf", so Florian Valerius. Bald darf er sich selbst Autor nennen: Im August erscheinen bei arsEdition die beiden Titel "Leseglück. 99 Bücher, die gute Laune machen" und "Bücher auf Rezept. Romane für jede Lebenslage", die er mit Co-Autorin Mareike Fallwickl zusammengestellt hat, außerdem zwei literarische Quizboxen. Im Hauptberuf leitet der 36-Jährige die Uni-Filiale von Stephanus Bücher in Trier. "Ich hatte ein knackiges Programm", sagt Valerius über die vergangenen Monate, in denen er neben den Buchprojekten zahlreiche Veranstaltungen und das Weihnachtsgeschäft stemmen musste.
Seine Welt dreht sich schneller, seit er im Sommer 2016 seinen Literaturblog aus der Taufe gehoben hat. "Aus reiner Langeweile heraus – es war Fußball-WM", blickt der bekennende "Fußballhasser" auf den Moment der Eingebung zurück. Schon im Jahr darauf wurden seine Social-Media-Aktivitäten im Rahmen der Frankfurter Buchmesse beim ersten Buchblog Award mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. 2018 ging es dann richtig rund: nominiert im Wettbewerb "Die Goldenen Blogger" (zweiter Platz im Bereich Instagram), Pressereisen nach Georgien und Norwegen, offizieller Blogger des Deutschen Buchpreises, Blog-Fahrten nach Leipzig, Mainz, Hamburg, Köln, Berlin … Dabei legt er großen Wert darauf, als Rezensent möglichst unabhängig zu sein. "Ich lese das, was wir in der Buchhandlung haben, und gebe jedes Jahr ein Monatsgehalt für Bücher aus. Ich will nicht in jemandes Schuld stehen oder eine Erwartungshaltung schüren", erklärt er.
Trotz seines Erfolgs als Blogger sieht sich Valerius in erster Linie als Buchhändler – ein Beruf, den er erst im zweiten Anlauf für sich entdeckt hat. Von der Offerte "Job statt Studium? Wir suchen für unsere Buchhandlung einen Auszubildenden" an der Tür von Stephanus Bücher in Trier fühlte sich der damalige Soziologiestudent augenblicklich angesprochen. Nach der Ausbildung wechselte er in die Universitätsfiliale, die er seit 2017 leitet. "Über die universitäre Klientel hinaus haben wir hier ein riesiges Einzugsgebiet", erläutert Valerius. Er genießt den engen Kontakt zu seiner langjährigen Stammkundschaft. Seine Einkaufsentscheidungen haben sich durch den regen Austausch in der Online-Community verändert, wie er sagt. Besonders in die Segmente Young Adult, Science-Fiction und Fantasy habe er jetzt einen besseren Einblick, der sich auch in höheren Verkaufszahlen niederschlage. Außerdem nehme er Titel aus unabhängigen Verlagen stärker wahr. "Insgesamt haben wir dadurch eine größere Bandbreite im Laden", so Valerius, für den der Buchhandel und das Bloggen ganz eng miteinander verzahnt sind. "Über den Blog kann ich meine Leidenschaft fürs Buch noch weiter über den Laden hinaustragen." Chef Georg Stephanus unterstützt die Social-Media-Aktivitäten seines Mitarbeiters und freut sich über die Aufmerksamkeit, die der Buchhandlung dadurch zuteil wird. Fotos und Berichte aus dem Alltag im Geschäft seien als "Blick hinter die Kulissen" bei den Lesern beliebt, weiß Valerius. Von den rund 14.000 Followern, die @literarischernerd inzwischen hat, kommen zahlreiche aus Trier. "Viele meiner Insta-Fans tätigen ihre Einkäufe hier bei uns", betont der Buchhändler.
Bevor im Sommer seine eigene Lesereise startet, stehen schon wieder einige Veranstaltungen an, von einer weiteren Lesereise nach Norwegen bis zur Moderation einer Buchvorstellung in Luxemburg. Jede Menge Inspiration also für viele überraschende Posts auf @literarischernerd. "Ich gehe durch die Welt und scanne sie automatisch nach Bildern für Instagram. Mal kommt mir beim Lesen die Idee für eine Inszenierung, mal entdecke ich Dinge, von denen ich weiß, dass ich sie später nutzen möchte." Seine Erfahrung gibt er inzwischen auch an Buchhandlungen und Autoren weiter. Anfang des Jahres hat er eine Autorin, die demnächst ihr Debüt im Fischer Verlag veröffentlicht, gecoacht, zusammen mit ihr einen Instagram-Account erarbeitet und erfolgreich an den Start gebracht.
Gemeinsam mit seinem langjährigen Partner, der in der Gastronomie tätig ist und sich an den @literarischernerd als ständigen Begleiter gewöhnt hat, kann sich Valerius ein Zukunftsprojekt vorstellen: ein Lesecafé, in dem alle Fäden zusammenlaufen.