Interview zur neuen "Zeit Leo"-Kinder- und Jugendbuch-Bestsellerliste

"Wichtigster Partner ist das Sortiment"

20. März 2019
Redaktion Börsenblatt
In der "Zeit" und im Börsenblatt erscheint ab sofort eine monatliche Kinderbuch-Bestsellerliste. Wie sie Kunden in Buchläden locken soll – das erläutern Sandra Kreft von der "Zeit" und Vertriebspartnerin Sabine Bischoff von S. Fischer.

Warum startet die "Zeit" jetzt eine Offensive, um Lesestoff für Kinder zu vermitteln?

Kreft: Es ist eine Herzensangelegenheit: Lesen und Literatur sind Teil unserer DNA. Wir haben vor über einem Vierteljahrhundert mit Konrad Heit­kamp die Kinder- und Jugendliteratur ins "Zeit"-Feuilleton geholt, wir haben den Luchs-Preis ins Leben gerufen, wir kuratieren seit mehr als zehn Jahren Kinderbücher in unseren eigenen Editionen und haben vor 15 Jahren mit der Stiftung Lesen und der Deutschen Bahn Stiftung den Vorlesetag initiiert. Und als ich mich im vergangenen Jahr bei einem Treffen der Holtzbrinck-Töchter mit Sabine Bischoff unterhalten habe, haben wir uns gefragt: Was können wir aktuell noch mehr für die Vermittlung von Büchern tun?

Bischoff: Der Fischer Verlag hat einen großen Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur, und uns treibt sehr die Frage um, wie man für Frequenz in den Buchhandlungen sorgen kann. "Die Zeit" und das Kindermagazin "Zeit Leo", das wir seit Kurzem im Buchhandel vertreiben, haben eine sehr buchaffine Ziel­gruppe – da lag es nahe, diese Marke zu nutzen. Das Magazin hat eine Auflage von über 40.000 Exemplaren, die "Zeit" erreicht mit einer Auflage von 500.000 Exemplaren knapp zwei Millionen Leser: Das ist eine gute Ausgangssituation, um Leser und Buchkäufer zu erreichen.

 

Eine Kernfrage vieler Eltern und Großeltern ist ja: Was sollen wir unseren Kindern und Enkeln schenken?

Kreft: Genau darauf möchten wir eine Antwort geben. Und zwar von drei Seiten: Zum Ersten spielt bei den Kindern die Lektüre der Peergroup eine Rolle. Zum Zweiten schauen die Erwachsenen, was in anderen Kinderzimmern liegt. Und zum Dritten sind bei unseren Lesern Empfehlungen von Experten gefragt, um auf die besonderen Perlen unter den Kinderbüchern aufmerksam zu werden. Die "Zeit" hat als Rezensent und medialer Vermittler diese Kompetenz und Orientierungsfunktion – vor Ort im persönlichen Kontakt ist es der Buchhändler.

Bischoff: Unser wichtigster Partner ist das Sortiment, das für seine Kunden ein individuelles und umfängliches Lese­angebot vorhält. Beratung ist ja eine der vielen Kernkompetenzen der Buchhändler. Deswegen hatten wir die Idee, die Buchhändler mit ihren persönlichen Rezensionen in der "Zeit" zu veröffentlichen und damit Eltern und Großeltern Entscheidungshilfe für die Lektüre ihrer Kinder und Enkel zu geben.

Kreft: Buchhändler sind von Flensburg bis Rosenheim die empfehlende Instanz vor Ort, die wollen wir deshalb auch fragen. Darum möchten wir das Börsenblatt mit seiner Reichweitenstärke und Fachkompetenz dabei haben. Die Zeit des alleinigen Vorgehens ist vorbei – wir müssen die Kräfte bündeln. Unser Leitbild der "Zeit Leo"-Literaturoffensive ist eine Art »magisches Drei­eck« aus Medien mit "Zeit" und Börsen­blatt, Buchverlagen und Buchhändlern.

Wie sollen die drei Zugänge – Peergroup, Benchmark und Expertentipp – in der »Zeit« abgebildet werden?

Kreft: Für die Peergroup erzählen Kinder in der Rubrik "Mein Buch – Dein Buch" im Gespräch mit ihren Eltern von ihren Lieblingsbüchern. Damit sich die Leser an anderen gut laufenden Titeln orientieren können, machen wir eine eigene Kinderbuch-Bestsellerliste. Und unter der Rubrik "Was können Sie empfehlen?" emp­fiehlt jeweils ein Buch­händler ein Kindersachbuch und einen belletristischen Kindertitel. Und all das zwölf Mal im Jahr in der "Zeit": acht Mal auf der Seite von "Zeit Leo", vier Mal in einem großen Familienspezial.

 

Was beinhaltet die neue Bestsellerliste?

Kreft: Media Control erhebt die Daten aus den Unterwarengruppen 240 (Erstlesealter), 280 (Sachbücher), 270 (Biografien), 250 (Kinderbücher bis elf Jahre) und 260 (Jugendbücher), aber hier nur Titel, die nicht über dem Alter der »Leo«-Zielgruppe bis 13 Jahre ansetzen. Katrin Hörnlein, unsere verantwortliche Re­dakteurin des Ressorts "Junge Leser", wird die Liste kuratieren und zum Beispiel bei Serientiteln wie "Greg" oder "Lotta" nur den jeweils höchstplatzierten Titel aufnehmen – sonst kann die Liste rasch zu wenig vielfältig sein.

 

Wie soll sich die Initiative in der Buchhandlung spiegeln?

Bischoff: Wir haben die Buchhändler ins Boot geholt und sie nach ihren Bedürfnissen gefragt – und jeder, mit dem ich gesprochen habe, fand die Idee gut. Robert Duchstein von Reuffel in Koblenz hat überlegt: Was wäre der Mehrwert für Buchhandlungen? Frederik Wrensch von Graff in Braunschweig hat beschäftigt, wie man Liste und Buchhändlertipp am Point of Sale präsentieren könnte, denn die Seiten in der "Zeit", "Zeit Leo" und im Börsenblatt machen neugierig – aber dann muss der Kunde in der Buchhandlung abgeholt werden.

Kreft: Die Zeiten, als Buchhändler Bestsellerlisten ausgehängt haben, sind vorbei. Das muss man heute intelligen­ter machen. Wir setzen auf integrierte Lösungen, die wir mit den Buchhändlern gemeinsam entwickeln. Mal geht es um ein ganzes, individuell gestaltetes Regal mit der "Zeit Leo"-Marke, mal um eine schlüssige Tisch-Präsentation. 

Bischoff: Richtig, und unsere Vertreter werden dem Sortiment diese neu konzipierten POS-Materialien auf der Herbstreise anbieten.

 

Wird das Ganze auch digital gespielt?

Kreft: Wir wollen neben der Veröffentlichung über www.zeitleo.de monatlich einen "Zeit Leo"-Buchgeschenke-Newsletter an 20.000 Abonnenten senden, mit den Empfehlungen eben jener Buchhändler, der "Zeit Leo"-Bestsellerliste, den Empfehlungen unserer Redaktion und den Luchs-Titeln sowie Lesetipps von Verlagen. Auf boersenblatt.net wird dieses Angebot ebenfalls zu finden sein. Das ist die digitale Übersetzung dessen, was wir in den gedruckten Ausgaben machen und ein komprimierter Service für Eltern, Großeltern und alle, die Kindern Bücher schenken möchten.  

Bischoff: Alle überlegen ja seit der Käufer-Studie, wie man wieder Leser gewinnen kann. Und hier haben wir eine Initiative, wo wir nichts zerredet, sondern sehr schnell gehandelt haben, und mit der wir gemeinsam – und nur so geht es – Leser und Käufer zurück­gewinnen wollen.