Neue Buchhandlung in der Leipziger Kolonnadenstraße

Theorie-Feinkost

26. November 2018
von Nils Kahlefendt
New Berlin? In Kooperation mit dem Merve Verlag bereichert Rotorbooks die Leipziger Buchhandelslandschaft.

Zu Zeiten von Peter Gente und Heidi Paris waren die Türen des Berliner Merve Verlags immer offen für Überraschungsgäste. Nach dem der inzwischen von Tom Lamberty geführte Verlag, der 2001 den allerersten Kurt-Wolff-Preis erhielt, vor einiger Zeit in die Leipziger Kolonnadenstraße übergesiedelt ist, soll nun an die alten Zeiten angeknüpft werden – mit einer kleinen, feinen unabhängigen Buchhandlung, die auch als Projektraum für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden wird.

Rotorbooks heißt der Laden, den Anke Schleper und Daniel Niggemann gemeinsam führen. Die Partnerin von Lamberty hat als Produktionsleiterin für das seit 2017 von Niggemann geleitete Leipziger Fotografie-Festival f/stop gearbeitet, das Ladenlokal in der Kolonnadenstraße, das zuletzt ein russisches Feinkostgeschäft beherbergte, haben sie eher zufällig entdeckt. Ursprünglich hatte eine Metzgerei ihr Domizil im Laden, daran erinnern die Kacheln, ein opulentes umlaufendes Deckenfries und alte Schwerlast-Träger, an denen einst Schinken und Schweinehälften baumelten. Das Kolonnadenviertel, von Medien schon mal als "hippste Platte Leipzigs" bezeichnet, ist geprägt von Wohngebäuden aus der DDR-Spätphase und wenigen erhaltenen Gründerzeithäusern. In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe von Künstlern und Grafikdesignern aus dem HGB-Umfeld in die innenstadtnahe und noch bezahlbare Gegend gezogen. Auch der Kunstverein Leipzig und das mzin, ein Laden für internationale Zeitschriften und Magazine, beleben das Viertel. "Ein spannendes Umfeld", sagt Daniel Niggemann, der als Mitstreiter des Kunstvereins vor Ort gut vernetzt ist. Zuletzt tauchte die Kolonnadenstraße auch als Kulisse in einer Reportage des Lifestyle-Magazins "Monocle" auf, das über die Leipziger Grafikdesign-Szene berichtete ("The new Berlin").

Das Angebot von Rotorbooks reicht von Theorie über zeitgenössische Philosophie bis zu Kunst, ein Schwerpunkt soll auf Selfpublishing und Künstler-Publikationen liegen – Titel, die "langsam aus den Barsortimenten verschwinden und auch vom klassischen Buchhandel kaum noch vorgehalten werden", wie Schleper sagt. Mindestens zwei Veranstaltungen pro Monat soll es geben, ab 2019 sind auch thematische Reihen geplant. Und: "Auf jeden Fall wollen wir eine Ausstellungsserie in der alten Kühlkammer machen." An dem Nebenraum, in dem das alte Kühlaggregat von der Decke baumelt (und nach Einschalten noch mordsmäßig brummt) hätte Gregor Schneider ("Haus u r") seine Freude. Zur Eröffnung las Heike Geißler, deren letztes Buch "Saisonarbeit" gerade vom "New Yorker" gepriesen wurde. Die Leipziger Buchhandelslandschaft kann eine Bereicherung wie Rotorbooks gut gebrauchen. Nur sollte man dann zu Espresso und Americano auch lecker Bücher kaufen.

Adresse

Rotorbooks
Kolonnadenstraße 5
04109 Leipzig