Vorlesestudie 2017

Eltern beginnen zu spät mit dem Vorlesen

24. Oktober 2017
Redaktion Börsenblatt
55 Prozent aller Eltern lesen ihren Kindern in den ersten zwölf Monaten nicht regelmäßig vor − in 28 Prozent der Familien ist das sogar innerhalb der ersten drei Jahre nicht der Fall. Das sind die zentralen Ergebnisse der repräsentativen Vorlesestudie 2017, die die Stiftung Lesen, die "Zeit" und die Deutsche Bahn Stiftung heute in Berlin vorgestellt haben.

Die von Iconkids & youth durchgeführte Studie hat als Grundgesamtheit alle 0- bis 3-Jährigen in Privathaushalten in Deutschland (ca. 2,97 Millionen) genommen und von 2. Juni bis 6. Juli 2017 insgesamt 523 Eltern von Kindern zwischen 3 und 39 Monaten befragt (128 Interviews mit Vätern und 395 Interviews mit Müttern).

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass den befragten Eltern eine gute, vielseitige Bildung ihrer Kinder besonders wichtig ist und am häufigsten als Erziehungsziel genannt wird (86 Prozent) − noch vor gutem Benehmen und Umgang mit Geld (83 und 79 Prozent). Gute Lesefähigkeiten sind 71 Prozent der Eltern besonders wichtig, fast ebenso vielen wie eine gesunde Lebensweise (72 Prozent). Und: 91 Prozent der befragten Eltern schreiben dem Vorlesen einen großen bzw. sehr großen Einfluss auf die Entwicklung ihrer Kinder zu.

Wann sollte man mit dem Vorlesen anfangen?

Ein gutes Drittel der Eltern weiß jedoch nicht genau, wann der richtige Zeitpunkt ist, um mit dem Vorlesen anzufangen. Fast ebenso viele sehen die ausreichende Konzentrationsfähigkeit ihres Kindes als entscheidende Voraussetzung dafür an. Einem Viertel der Eltern, die ihrem Kind bereits im ersten Lebensjahr vorlesen, fällt es schwer, die richtige Buchauswahl zu treffen: Hier sind insbesondere beratende Buchhändler und Bibliothekare gefragt.

Die Stiftung Lesen empfiehlt Eltern, so früh wie möglich mit dem gemeinsamen Betrachten und Vorlesen von Büchern zu beginnen. Studien zur Wirksamkeit des Vorlesens zufolge sollte es bereits im ersten Lebensjahr des Kindes zu einem festen Bestandteil des Tagesablaufs werden.

"Viele Eltern knüpfen das Vorlesen an bestimmte Fähigkeiten der Kinder – dabei stärkt das Vorlesen genau diese Fähigkeiten", erklärt die Studienleiterin Simone Ehmig. "Weder muss sich ein Kind bereits länger konzentrieren noch gar sprechen können, damit es vom Vorlesen profitiert."

Nicht zu früh mit dem Vorlesen aufhören
"Viele Eltern warten länger als nötig mit dem Vorlesen – und hören auch zu früh wieder damit auf. Gerade in den ersten beiden Schuljahren brauchen Kinder die Unterstützung ihrer Eltern, um Freude am Selberlesen zu entwickeln", ergänzte Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit-Verlagsgruppe. "Denn beim Vorlesen senden Eltern das Signal: Lesen ist Teil unseres Lebens."

Buchgeschenke zeigen Wirkung
"Gerade Eltern von kleinen Kindern wissen zum Teil nicht, was sie vorlesen sollen. Unsere aktuelle Studie zeigt: Buchgeschenke wirken, besonders in Familien mit niedriger formaler Bildung", sagte Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen. "Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir noch mehr Familien von Anfang erreichen. Auch dafür werben wir am Bundesweiten Vorlesetag und freuen uns über viele Unterstützer.


Die Vorlesestudie ist ein gemeinsames Projekt der Stiftung Lesen, der Wochenzeitung "Die Zeit" und der Deutschen Bahn Stiftung und wird seit 2007 jährlich durchgeführt.