Ein paar Tage, nachdem Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA gewählt wurde, träumte ich vom Alex. Nicht vom Alex in Berlin, nein, vom Alex in Linz. Ich träumte, dass ich wie gewohnt das Geschäft betrete, nach hinten gehe, aber etwas ist anders, alles ist anders: protzige Transparente über den Regalen, kitschige Liebesromane in der Lyrikabteilung, esoterische Titel in der Ecke mit den soziologischen und politischen Büchern. Nichts ist mehr, wie es war. Es ist doch nur eine Buchhandlung, hörte ich jemanden sagen, aber ich spürte, wie der Boden schwankte.
"Alex war mein erster Buchhändler"
Alex war mein erster Buchhändler. Ich erinnere mich dunkel an eine Situation, vielleicht war es das erste Mal, dass ich mit meinen Eltern dort gewesen bin: an Regale, die auf ein Kind wie Hochhäuser wirken, und an den Moment, als Alex mir ein Buch in die Hand drückte, an die Freude, die ich damit hatte. Als ich 14 war, übersiedelte die Buchhandlung in ein größeres Geschäft am Hauptplatz. Als ich vier Jahre später nach Wien zog, hatte sich die Ordnung dieses Raumes so sehr in mein Bewusstsein eingeprägt, dass sie bis heute in meine Träume wirkt.
Ich bin nicht mehr ganz so oft in Linz, der Stadt, über die Thomas Bernhard schrieb: "In Linz geboren – allein das ist ein fürchterlicher Gedanke", und es bei Hartmut Lange heißt: "Ich hätte nicht nach Linz ziehen sollen. In Leonding war die Luft besser, und vielleicht hätte ich dort einige Jahre länger gelebt." Linz ist besser als sein Ruf. Und jedes Mal, wenn ich hier bin, beruhigt es mich zu wissen, dass eine kleine eigentümergeführte Buchhandlung am wichtigsten Platz der Stadt thront.
Es ist ein kleiner Radius, in dem ich mich bei Alex bewege: auf der einen Seite der Büchertisch mit den Neuerscheinungen, der sich ein paar Meter entlangzieht und dann zu den politischen Titeln übergeht, auf der anderen Seite das Regal mit der kleinen Ausbuchtung, die wie ein Heiligenschrein wirkt, umrandet von Lyrikbänden, wo all die Bücher liegen, die nicht unbedingt unter das Label "marktgängig" fallen. Hier ist mein liebster Platz, hier vergeht die Zeit sehr schnell. "Ich sehe die Buchhandlung als Zufluchtsort, den man bieten will und bieten muss. Wo die Welt auch noch in Ordnung ist", sagt Alex an einem Samstagvormittag. Wir trinken Kaffee in einem der Hauptplatz-Cafés, das ich nicht mehr kenne und das genauso gut in jeder anderen Stadt sein könnte. "Es sind politische, soziale und philosophische Fragen, die mich interessieren. Was die schönsten Momente am Buchhändlersein sind? Wenn man das, was man selbst gern liest, vermitteln kann. Wenn ich nur ein ganz kleines Stück vom dem weitergeben kann, was wichtig ist."
Wir gehen zurück ins Geschäft, die Buchhandlung füllt sich. Ich höre einen Mann den Inhalt eines Buchs nacherzählen, von dem er weder Titel noch Autor kennt, ein Mann und eine Frau kommen darin vor. »Das könnte jetzt schwierig werden«, hat er kurz zuvor gesagt. In meiner Lieblingsecke blättere ich Bücher durch. Ob er jemals darüber nachgedacht hat, die Bücher anders anzuordnen, die Lyrikbände auf die gegenüberliegende Seite des Tischs zu stellen, die Kunstbände mit Prosa zu tauschen? "Nein", sagt Alex, "das ginge nicht, das würde nur Unruhe hereinbringen."