"Norbert Gstrein ist ein Meister des 'zwielichtigen' Erzählens. […] Protagonist seines Romans ist ein Wirtssohn, der einige Jahre als Schilehrer in den USA gearbeitet hat, um dann nach Österreich zurückzukehren. Franz erzählt uns seine Geschichte, aber je mehr Details er vorbringt, umso unsicherer wird der Leser. Eine Braut ist gestorben − aber wie? Ein Mädchen wurde vergewaltigt - vielleicht. Ein anderes Mädchen ist verschwunden − wohin? Norbert Gstrein setzt Zeichen um Zeichen. Man folgt seinem Konstrukt und seinem bewundernswert klaren Satzbau mit Spannung, aber im Gegensatz zum Detektivroman gibt es hier kein Superhirn, das die Zeichen eindeutig interpretieren könnte", so die Jury in ihrer Begründung.
Norbert Gstrein konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht an der Preisgala am 4. November im Wiener Kasino am Schwarzenbergplatz teilnehmen. An seiner Stelle nahm seine Frau die Auszeichnung entgegen (siehe Foto links).
Die vier weiteren Titel der Shortlist erhalten jeweils 2.500 Euro. Nominiert waren:
- Raphaela Edelbauer: Das flüssige Land (Klett-Cotta)
- Karl-Markus Gauß: Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (Zsolnay)
- Sophie Reyer: Mutter brennt (edition keiper)
- Clemens J. Setz: Der Trost runder Dinge (Suhrkamp)
Triple für Angela Lehner
Für Angela Lehner ist der Debütpreis des Österreichischen Buchpreises die dritte Verleihung nach dem Literaturpreis Alpha 2019 (siehe Archiv) und dem Franz-Tumler-Literaturpreis (siehe Archiv) innerhalb weniger Wochen.
Die Jury lobt: "Angela Lehners fulminanter Debütroman, unsentimental, frech und direkt erzählt, ist Familiengeschichte, Krankenhausreport und Krimi in einem − und zugleich ein kritischer Befund eines katholisch geprägten Österreich, in dem auf den Hausaltären neben dem Rosenkranz das gerahmte Porträtfoto von Jörg Haider liegt." In "Vater unser" erzähle die Protagonistin Eva Gruber von ihrer Einlieferung in die psychiatrische Anstalt, ihrem magersüchtigen Bruder, den sie dort findet und retten möchte, und ihrem Vater, den sie zusammen mit dem Bruder töten will.
Auch die Shortlist-Nominierten des Debütpreises Marko Dinić ("Die guten Tage", Zsolnay) und Tanja Raich ("Jesolo", Blessing) erhalten jeweils 2.500 Euro.
Die Jury 2019 setzt sich aus Pia Janke (Germanistin), Robert Renk (Buchhändler, Wagner`sche Universitätsbuchhandlung), Christian Schacherreiter (Literaturkritiker), Anne-Catherine Simon (Journalistin, Die Presse) und Uwe Wittstock (Literaturkritiker) zusammen.
Zum Preis
Ziel des Österreichischen Buchpreises ist es, die Qualität und Eigenständigkeit der österreichischen Literatur zu würdigen und ihr im gesamten deutschsprachigen Raum die gebührende Aufmerksamkeit zu verschaffen. Der Österreichische Buchpreis wird vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich, dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels und der Arbeiterkammer Wien 2019 zum vierten Mal ausgerichtet. Die Veranstaltung ist Startschuss des einwöchigen Literaturfestivals BUCH WIEN.
Die prämierten Norbert Gstrein und Angela Lehner werden am Donnerstag, 7. November um 19 Uhr auf der BUCH WIEN 19 gemeinsam auftreten und über ihre Romane sprechen.
Die GewinnerInnen der Vorjahre:
- Buchpreis: Daniel Wisser (2018), Eva Menasse (2017), Friederike Mayröcker (2016)
- Debütpreis: Marie Gamillscheg (2018), Nava Ebrahimi (2017), Friederike Gösweiner (2016)