Börsenblatt Young Excellence Award 2024

Thomas Becker vernetzt die Buchbranche

3. Juni 2024
von Veronika Weiss

Er ist nicht nur im realen Leben Buchhändler – auch auf Instagram lebt Thomas Becker als @der.buchhaendler seine Obsession aus. Das kommt so gut an, dass sich für ihn auch neue berufliche Wege geöffnet haben. Thomas Becker ist für den #yeaward24 nominiert.

Thomas Becker vor der Alsterfontäne in Hamburg

Thomas Becker

Rückkehr in die Buchbranche

Wenn Thomas Becker von seinem Werdegang erzählt, merkt man: Dieser Mann ist am richtigen Platz angelangt. Die Buchbranche begeistert und fasziniert ihn. Er ist neugierig auf Leute – Leser:innen, Autor:innen, Buchmenschen – und steckt mit seiner Offenheit an, als Buchhändler genau wie als Influencer: „Mich interessiert das Dahinter, ich will immer einen Schritt weiter gehen, noch ein bisschen tiefer graben, richtig verstehen und mitfühlen.“ Becker ist stolz auf sein großes Netzwerk; er hat in alle Richtungen Kontakte, kommt spielend an Insiderinfos, sowohl aus dem Buchhandel als auch von Autor:innen. „Ich hab dieses Gesamtbild im Kopf, wie die Buchbranche funktioniert.“

Es war nicht immer klar, dass Thomas Becker im Buchhandel so viel Glück finden würde. Sein Ausbildungsunternehmen, erst inhabergeführt, wurde damals übernommen – mit direkten Folgen für Becker: „Die hatten ihre eigenen Azubis, die sie unterbringen mussten, und ich als Auszubildender aus dem Fremdenbetrieb wurde nicht übernommen.“ Für ihn folgten elf Jahre außerhalb der Buchbranche, im Verkauf und Personalwesen – bis ihm klar wurde, dass er eigentlich auf ganz andere Themen Lust hat. Becker folgte dem Motto „back to the roots“ zu seinem Ausbildungsbetrieb, in dem nun eine Stelle für ihn frei war, zunächst in Teilzeit.

Ich hab dieses Gesamtbild im Kopf, wie die Buchbranche funktioniert.

Social Media als zweites Standbein

Fünf Stunden Arbeit pro Tag – da hatte Becker viel freie Zeit, um zu lesen und online ein öffentliches Lesetagebuch samt Rezensionen zu führen. Das wurde bemerkt, und 2021 wurde er zum 125-jährigen Jubiläum der Stadtbibliothek Teltow eingeladen. Dort fanden ihn einige Leute interessant, wie er sagt, also gab es weitere Event-Einladungen und erste Anfragen für Moderationen. Becker bezeichnet diese Zeit als den Anfang seiner Online-Präsenz als @der.buchhaendler. „Ich hab mich dann immer mehr getraut. Ich liebe Herausforderungen.“ So wurde aus einem Lesetagebuch ein reichweitenstarkes Instagramprofil (aktuell mehr als 5.800 Follower), in dem er buchhandelsrelevante Themen bespricht und unterschiedlichste Typen der Branche zusammenbringt.

Genau das zieht sich als Muster durch sein Leben, scheint es: Aus den Dingen, die Thomas Becker anpackt, entsteht etwas. Sein Sachbuch „(Bücher) lesen lernen“ kam bei einem Schreibwettbewerb von story.one in die Top 10, es ergab sich guter Kontakt zum story.one-Team, daraus ein Werbeauftrag und nun eine Mitgliedschaft in der Jury für den Schreibwettbewerb 2024.

Instagram mit #bookstagram bedeutet für Becker eine Möglichkeit, Persönlichkeit und Spaß an der Buchwelt online zu vermitteln und aufzuzeigen, was im Buchmarketing geht. Er hat seinen ganz eigenen Content-Stil entwickelt, dadurch, „dass ich die Autor:innen meistens schon kenne. Wir waren auf einer Veranstaltung, haben gemeinsam etwas getrunken und geplaudert, und irgendwann haben sie dann zum Beispiel eine Neuerscheinung. Wenn wir dann zusammen etwas machen, ist es durch die bestehende Vertrautheit einfach sympathisch und ein ganz anderes Format als mit jemand Externem.“ Für diesen Stil und Mehrwert wird Thomas Becker von Autor:innen angefragt, die gerne Persönliches teilen und Neuigkeiten weitergeben möchten, berichtet er. In dem Fall wollen sie kein rein professionelles Gespräch, sondern spontane, authentische Interaktion, bei der „der Vibe stimmt“.

Ich hab mich immer mehr getraut. Ich liebe Herausforderungen.

Online und offline pure Buchhandel-Leidenschaft

Thomas Becker macht das enorm Spaß. Schöner Nebeneffekt: Sein Insta-Kanal als @der.buchhaendler ist auch finanziell zum zweiten Standbein geworden. Becker sieht ihn aber vor allem inhaltlich als perfekte Ergänzung zum stationären Buchhandel, wo er ja nicht mit den Autor:innen, sondern mit den Leser:innen spricht. Er sei „nicht nur der Buchhändler bei Social Media, sondern auch der Buchhändler, den man in Hamburg besuchen und nach einer persönlichen Empfehlung fragen kann.“

Ab Ende August wird er im neu eröffnenden Thalia Flagship Store in der Hamburger Hafencity einer von vielen Buchhändler:innen sein und gleichzeitig „eine Art Aushängeschild“. Natürlich kommt der Filiale seine Reichweite zugute – was Becker gefällt: „Wir tun uns grad total gut, Thalia und ich.“ Er fühlt sich privilegiert, in einem Konzern tätig zu sein. Der Vorteil sei, „dass dir viel abgenommen wird, wobei du genug kreativen Spielraum hast, um dich einzubringen, um dem Sortiment deine persönliche Note zu verleihen. Trotzdem hast du nicht diese Pflicht, an alles denken zu müssen. Das macht die Zentrale, die denkt für dich sehr weit und sehr umfassend. Ich habe das immer als Erleichterung empfunden.“

Karriere? Nicht im klassischen Sinn

Die Karriereleiter interessiert Thomas Becker nicht so richtig. Filialleitung? Nein, danke. Eigener Buchladen? Auch nicht, „weil darunter meine Vielfältigkeit leiden würde. Man wird ja nie fertig mit der Arbeit, und ich denke lieber in Projekten.“ Becker gibt offenherzig und lachend zu, dass er lieber auf allen Hochzeiten (bzw. Buchpartys) gleichzeitig tanzt. Er beschreibt sich als „Communicator“, eine Art besten Freund der ganzen Branche.

Welche Wünsche und Visionen hat Thomas Becker noch für seinen Weg in der Bücherwelt? Diese Frage beantwortet er ganz klar: „Autorschaft.“ Nach seinem Sachbuch soll es ein Roman sein. Er rückt heraus: „Es gibt ein Projekt, das ist bereits fertig geplottet, ich muss es nur noch schreiben. Es geht um schwierige Familienkonstellationen und Obsessionen … Die kennen wir ja alle, egal, in welcher Form, zum Beispiel eine Buch-Obsession.“ Damit „würde sich der Kreis schließen“. Das einzige Problem sei für ihn die Einsamkeit. Dem geselligen Netzwerker ginge es ganz allein am Schreibtisch nicht so gut, das wäre „schwer auszuhalten“ … Er bräuchte eine Lektorin oder einen Schreibcoach, „der dann wirklich die Kapitel von mir einfordert, sodass ich gezwungen bin, wöchentlich abzuliefern“. An Zuspruch aus seiner Community mangelt es jedenfalls nicht, denn die besteht großteils aus Schreibenden. Und wenn man Thomas Becker kennengelernt hat, kann man sich eigentlich sicher sein, dass auch aus diesem Projekt etwas richtig Gutes entstehen wird.

Kurzvita: Thomas Becker
2006 – 2009 Ausbildung zum Buchhändler
2020 Rückkehr in den Buchhandel, zurück in den Ausbildungsbetrieb in Hof
2020 Start bei Instagram als @der.buchhaendler
2021 1.000 Follower, erste Kooperationen mit Verlagen, Einladungen zu Veranstaltungen
2022 Moderationen und Werbeauftritte, Aufbau eines umfangreichen Branchennetzwerks
2023 Teilnahme an einem Schreibwettbewerb mit daraus resultierender Kooperation sowie Umzug nach Hamburg und damit Eintritt in die Thalia-Hamburg-Familie
2024 Jury-Mitglied des Young Storyteller Awards von story.one

 

Über den Börsenblatt Young Excellence Award

Der Börsenblatt Young Excellence Award wird jährlich von den Unternehmen der Börsenvereinsgruppe vergeben. Im Juni stellt die Börsenblatt-Redaktion alle Nominierten und ihre Arbeit mit persönlichen Online-Porträts vor – ein Kennenlernen mit den Kandidatinnen und Kandidaten gibt es zudem im Live-Format auf dem Instagram-Kanal des Börsenblatts. Die future!publish unterstützt den #yeaward24 als Partner.

Die Entscheidung, wer den #yeaward23 erhält, fällt im Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2024 bei der öffentlichen Publikumswahl auf www.boersenblatt.net

Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de