Börsenblatt Young Excellence Award 2024

Sven Hassel – der Teamplayer

10. Juni 2024
von Veronika Weiss

Sven Hassel liebt es, Literatur eine Bühne zu bieten: Als Möglichmacher agiert er dabei gerne hinter den Kulissen. Sein Credo: Kooperation statt Ellenbogenmentalität. Sven Hassel ist beim #yeaward24 nominiert.

Sven Hassel vor Bürohäusern

Sven Hassel 

Gemeinsam für die Literatur

Sven Hassel sagt oft „wir“ und selten „ich“, wenn er über seine Arbeit spricht. Er agiert gern im Hintergrund und gibt als Eventplaner Menschen im Literaturbetrieb eine Bühne. Hassel ist Teamplayer durch und durch: „Das Team, das sind für mich alle Menschen, die sich für Literatur begeistern.“ Er glaubt daran, dass man durch Kooperation weiterkommt als durch Konkurrenz.

Schon während des Studiums interessiert sich Sven Hassel für Events, Poetry Slams und „Literatur nicht nur in Regalen, sondern auf der Bühne.“ Er initiierte 2012 die offene Lesebühne „Infinite Monkey“ in Würzburg – „als ergänzendes Angebot, kein Konkurrenzangebot“ für die Texte, die im Rahmen anderer Veranstaltungen und insbesondere Wettbewerbsformate nicht funktionierten. Sie sollten trotzdem gesehen werden, fand Hassel. In den Monaten und Jahren darauf gründete er das  „Würzburger Autorentreffen“ als eine Art Safe Space für zum Großteil unveröffentlichte Schreibende.

Erst nach dem Gespräch hab ich gemerkt: ‚Hat er mir grad eine Stelle angeboten?

Das beste Bewerbungsgespräch von allen

In der Folge wirkte Sven Hassel an diversen Veranstaltungsformaten mit, allen voran bei literaTurm2020 und dem Lesefest der Frankfurter Buchmesse, OPEN BOOKS –  in freier Mitarbeit für den Veranstaltungsbereich des Kulturamts Frankfurt. Dieses sei „nicht nur verwaltend oder fördernd tätig, sondern selbst sehr aktiv als Veranstalter und Initiator im Literaturbereich“. Wie er an diesen Job kam? Durch Empfehlung und Einsatz des Teams von Voland & Quist, das er als Praktikant beeindruckt hatte. Die Unterstützung von Karina Fenner und Leif Greinus war damit aber noch nicht erschöpft: Etwa zwei Jahre nach dem Praktikum rief Greinus Sven Hassel an, „ganz locker“, berichtet der: „Erst nach dem Gespräch hab ich gemerkt: ‚Hat er mir grad eine Stelle angeboten?‘ Das war, glaube ich, das angenehmste Bewerbungsgespräch aller Zeiten!“ Hassel arbeitete drei Jahre lang als Veranstaltungs- und Marketingmanager bei Voland & Quist (inzwischen: VQ), vermittelte Lesungen an Literaturhäuser, Buchhandlungen, an Festivals, aber auch unabhängige Orte wie Schulen oder Bibliotheken.

Vielfältige Perspektiven auf Texte

Nach wie vor mitverantwortlich ist Hassel ehrenamtlich für die progressive und unabhängige Lesereihe „NEVER WASH THEM“ in Frankfurt am Main, die seit 2019 Lesungen an außergewöhnlichen Orten veranstaltet – im Waschsalon, auf einem Dachboden, in der Boulderhalle, im Yogastudio oder einer Sternwarte. Gemeinsam mit Marcella Melien, Anne Michaelis und Jana Steinhoff plant, kuratiert und organisiert er im Rahmen der Reihe etwa vier Veranstaltungen im Jahr. Für alle Interessierten in Frankfurt: Am 18. Juni liest Paula Fürstenberg auf der Dachterrasse des Hotel Nizza. Mit Projekten dieser Art möchte Sven Hassel, der auch als Kurator und Moderator gebucht wird, „viele Zugänge zu Text und viele Perspektiven auf den Text ermöglichen und darstellen“. Die Literaturszene der Stadt Frankfurt, die er sehr liebt, wie er betont, gestaltet er so entscheidend mit.

Unser Gimmick ist es, dass wir Literatur an ungewöhnliche Orte bringen.

Vom Verlag zur Agentur

Sven Hassels Zeit bei Voland & Quist geht mit Juni 2024 aber zu Ende. Für ihn ist es Zeit für etwas Neues, diverse Projekte sind in Planung. Das größte: die Literatur-Eventagentur LitHappens. Hassel ist in der aktuellen Gründungsphase gemeinsam mit Selma Wels beratend tätig und demnächst als Freelancer involviert, mit Inhaber Kai Wels bilden sie ein Dreierteam. „Die Agentur ist auf Buchpremieren spezialisiert und wird als Schnittstelle zwischen den Verlagen und den Venues, also den Veranstaltungsorten, fungieren. Das Geschäftsmodell ist sehr nischig, aber hochspezialisiert.“ Ihm ist es wichtig, „ein Angebot zu schaffen, von dem alle profitieren: die Veranstaltungsorte, weil sie ein Literaturprogramm geboten bekommen, was sie zeitlich gar nicht selbst kuratieren können, und die Verlage, indem ihnen Arbeit abgenommen wird.“ Momentan ist die Agentur im Aufbau, allerdings schon im Austausch mit Veranstaltungsorten und Verlagen. Hassel ist für die Akquise der Veranstaltungsorte zuständig, und man wolle „gerne auch Orte bespielen, die nicht klassischerweise schon ein Literaturprogramm haben. Unser Gimmick ist es, dass wir Literatur an ungewöhnliche Orte bringen.“ Da bleibt er sich und seiner Vision von der Reichweite von Texten treu.

Unverfälschte Begeisterung für Literatur

Hassel hat viele gute Ideen, und die richtigen Kontakte hat er auch. Auch wenn er beteuert, „nicht strategisch zu denken, sondern einfach meiner Begeisterung zu folgen und umgekehrt meine Begeisterungsfähigkeit offen zu transportieren. Ich höre mich sehr oft dabei, wie ich Werbung für andere oder für irgendwelche Bücher mache. Aber ich möchte, dass möglichst viele Leute von der ausgezeichneten Arbeit anderer Menschen aus der Branche erfahren. Tolle Bücher sollen an Menschen gelangen, die sie wertschätzen und die was daraus mitnehmen können.“ Er will seine unverfälschte Begeisterung nicht zugunsten einer detailliert durchdachten Strategie in künstliche Bahnen lenken. Dieses Konkurrenzdenken würde ihm nicht entsprechen, sagt Hassel. „Mir ist es wichtig, bei allem, was ich mache, zu überlegen: Wie können möglichst alle, die daran beteiligt sind, profitieren?“

Tolle Bücher sollen an Menschen gelangen, die sie wertschätzen und die was daraus mitnehmen können.

Respekt gegenüber den Urheber:innen

Eine Personengruppe hebt Hassel dennoch deutlich hervor: „In der Mitte der ganzen Branche stehen die Texte, und die haben wir den Autor:innen zu verdanken. Wir anderen, also Agenturen, Verlage, Veranstalter, Feuilleton, wir sind Nutznießende der Arbeit von Autor:innen. Wir tun gut daran, uns das ab und zu bewusst zu machen. Und wir sollten ein Auge darauf haben, dass diese Wertschätzung mehr bei den Autor:innen ankommt.“

Auch deswegen tut Sven Hassel alles, um Schreibenden eine Öffentlichkeit mit Wow-Faktor zu geben. Auch in seiner Freizeit geht er zu Lesungen, „weil das eben meine Expertise ist und mich interessiert: Wie ist das gestaltet, wie ist der Raum, wie ist das Ambiente, wie ist die technische Umsetzung, wer moderiert wen, wie verläuft das Gespräch?“ Alles, um dazuzulernen, um Menschen noch besser unterstützen und präsentieren zu können. Weil Sven Hassel ganz fest an unsere Branche glaubt.

Kurzvita: Sven Hassel
1990 geboren in Mainz
2012-2019 Germanistikstudium in Würzburg
2019 Praktikum bei Voland & Quist
2020

freie Mitarbeit im Veranstaltungsbereich des Kulturamts Frankfurt, Mitarbeit bei Open Books und literaTurm

2021 Einstieg bei NEVER WASH THEM
2021- Juni 2024 Veranstaltungs- und Marketingmanagement bei Voland & Quist
2024 Beratung bei der Gründung von LitHappens

 

Über den Börsenblatt Young Excellence Award

Der Börsenblatt Young Excellence Award wird jährlich von den Unternehmen der Börsenvereinsgruppe vergeben. Im Juni stellt die Börsenblatt-Redaktion alle Nominierten und ihre Arbeit mit persönlichen Online-Porträts vor – ein Kennenlernen mit den Kandidatinnen und Kandidaten gibt es zudem im Live-Format auf dem Instagram-Kanal des Börsenblatts. Die future!publish unterstützt den #yeaward24 als Partner.

Die Entscheidung, wer den #yeaward23 erhält, fällt im Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2024 bei der öffentlichen Publikumswahl auf www.boersenblatt.net

Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de