Börsenblatt Young Excellence Award 2024

Emelie Porsack: Durchboxen

14. Juni 2024
von Christina Busse

"Raus aus der Komfortzone", das könnte Emelie Porsacks Devise sein. Sie ist wissbegierig, tritt mit Verve für Menschen und Themen ein, die die Buchbranche bereichern, und brennt für das Thema "Diversität". Das zieht sogar schon Kreise in internationalen Gewässern. Emelie Porsack ist beim #yeaward24 nominiert.

Emelie Porsack mit blauen Haarsträhnen

Emelie Porsack

Eine Stimme für den Nachwuchs

„Ich will denen eine Stimme geben, die zu wenig gehört werden“, sagt die junge Berlinerin. Dabei stellt sie sich bewusst neuen Herausforderungen. Ganz besonders, wenn sie als Sprecherin die Chance hat, auf Themen aufmerksam zu machen, die ihr am Herzen liegen. „Ich liebe es, an Veranstaltungen teilzunehmen, und habe tolle Leute auf dem Podium und im Publikum kennengelernt. Die Teilnahme an Panels ist sehr bereichernd, aber es ist auch unglaublich nervenaufreibend – und ich mag keine Menschenmassen“, erläutert die 25-jährige Buchhändlerin, die sich seit zwei Jahren vor allem für den Nachwuchs stark macht.

Sie selbst ist über einen Umweg zum Buchhandel gekommen: Um sich das Studium der Politikwissenschaften zu finanzieren, jobbt sie nebenbei bei Thalia. Dort stellt sie fest, dass sie gern mit Kund*innen arbeitet und mehr aus ihrem Hobby – „ich lese querbeet alles außer Thriller“ – machen will. Mit dem Bachelor-Abschluss in der Tasche bewirbt sie sich um einen Ausbildungsplatz. Ab 2021 lernt sie bei Dussmann Das KulturKaufhaus. „Eine Rieseninstitution in Berlin“, sagt Porsack, die im Februar ihre Abschlussprüfung bestanden hat und seither für die Bereiche Kunst, Design, Fotografie, Mode, Malen, Zeichnen, Film- und Theaterbuch als Disponentin tätig ist.

Ich will denen eine Stimme geben, die zu wenig gehört werden.

Zur Nachtschicht im „Kulturspäti“

Ihre Arbeitsstelle findet sie auch wegen der außergewöhnlichen Öffnungszeiten attraktiv. Einmal pro Woche hat sie Nachtschicht im „Kulturspäti“, wie die Buchhandlung von den Berliner*innen auch humorvoll genannt wird, in Anlehnung an die bis in die Nacht hinein geöffneten kleinen Läden mit „Spätverkauf“. An diesen Tagen startet Porsack um 16 Uhr. Erst um Mitternacht ist Schluss. Die Flexibilität gebe ihr die Möglichkeit, Sachen zu schaffen, die sonst im Alltag liegenblieben, ein Alltag in dem ihr ehrenamtliches Engagement viel Raum einnimmt.

Das Zukunftsparlament des Börsenvereins lernt Porsack im Mai 2022 während einer Weiterbildung auf dem mediacampus frankfurt kennen. Sie bewirbt sich um die Teilnahme und ist im selben Jahr dabei. Innerhalb dieser zweitägigen Fortbildung, die jährlich stattfindet, diskutieren 75 Azubis, Studierende, Volontär*innen, Praktikant*innen und Young Professionals der Buch- und Medienwelt aktuelle Themen, Trends und Entwicklungen. Ziel ist das aktive Mitgestalten der Branche durch Handlungsempfehlungen, die auf der Hauptversammlung des Börsenvereins präsentiert werden. „Es gibt viele Wege, sich einzubringen. Aber es ist schwierig, den Überblick zu bekommen und wir könnten noch besser vernetzt sein. Ich will ein Teil davon sein und zeigen, dass wir da sind“, sagt Porsack, die im selben Jahr sowohl dem Verein Junge Verlags- und Medienmenschen beitritt als auch der Zukunfts-AG, die zu selbstgewählten Schwerpunktthemen arbeitet und diesen im Verband Gehör verschafft.

Es gibt viele Wege, sich einzubringen. Aber es ist schwierig, den Überblick zu bekommen.

Unsere Mission ist der Nachwuchs

„Die Zukunfts-AG ist eine supertolle Gruppe von jungen Büchermenschen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Themen der neuen Generation in die Branche zu bringen, von KI über Nachhaltigkeit bis Politische Aufklärung. Unsere Mission ist der Nachwuchs“, macht Porsack mit Nachdruck deutlich. Dazu gehöre eine neue Perspektive auf die Work-Life-Balance. „Ein Obstkorb und pünktliches Gehalt sollten nicht ausschlaggebend sein“, gibt sie ein Beispiel. Als Berufsschülerin auf dem Mediacampus habe sie erfahren, dass in fast allen Ausbildungsbetrieben ein Umdenken in vielen Bereichen stattfinden müsse, damit sich die Branche auf dem Bewerber*innenmarkt nicht ins Aus rangiert. In der Podiumsdiskussion „Was macht Unternehmen für (junge) Fachkräfte attraktiv?“, die der Börsenverein im Rahmen der Creative Week 2023 organisiert hat, konnte sie als Sprecherin inspirierenden Input direkt aus der Perspektive des Nachwuchses geben.

Im Börsenverein stößt Porsack schon bald auf eine inhaltliche Lücke, die sie füllen will: Im November 2022 gründet sie die Taskforce Diversität, deren Sprecherin sie ist. „Wir sind ein Team von zurzeit neun Leuten aus Buchhandel, Verlag und Börsenverein, die über ganz Deutschland verteilt sind. Alle ein bis zwei Monate haben wir Online-Treffen. Man muss aber kein festes Mitglied sein, um sich zu beteiligen. Den Kontakt und ein offenes Ohr findet man ganz einfach über den Börsenverein oder die Zukunfts-AG“, regt Porsack Interessierte dazu an, sich einzubringen und Themen anzusprechen. Ihre Erfahrung: „Diese Struktur innerhalb der Branche stärkt mir den Rücken. Weil ich sie hinter mir habe, werde ich als Gesprächspartnerin ernst genommen.“

Literatur ohne Diversität wäre langweilig. Nicht ob wir Menschen inkludieren, sondern das Wie ist die Frage, über die wir reden müssen.

Der richtige Ton

Von Anfang an sei das Thema Diversität auf viel Anklang gestoßen. Zum Beispiel war dieses Jahr auf der Leipziger Buchmesse ihre Meinung beim Panel „Vielfalt zwischen den Zeilen – Darstellung von queeren Charakteren in Literatur und Comics“ gefragt. „Literatur ohne Diversität wäre langweilig“, ist Porsack überzeugt und fasst den Begriff ganz bewusst weit, schließt Autor*innen diverser Regionen, Religionen und Sexualitäten ein. Ihr Wunsch: „Diversität als ganz normalen Teil ansehen, nicht als Marketinginstrument. Und wir sollten Branchenmechanismen nutzen, um sie zu fördern, damit auch dieser Teil der Bevölkerung gehört wird.“ Ein Thema, das ihr als Mitglied der queeren Community ein besonderes Anliegen ist, ist Sensitivity Reading, das Texte auf Klischees und diskriminierende Darstellungen hin abklopft und gegebenenfalls Triggerwarnungen ausspricht.

Die Struktur innerhalb der Branche stärkt mir den Rücken

Ihre Expertise stößt bereits auf internationales Interesse: RISE Bookselling, ein Netzwerkprojekt des internationalen Buchhandelsverbands EIBF, hat zum Start einer neuen Kommunikationskampagne, die Buchhandlungen als einladende und integrative Orte hervorhebt, ihr Statement angefragt. Als Mitglied der Taskforce Diversität steht sie damit neben Kolleg*innen aus ganz Europa, die Bücher und den Buchhandel als einen wichtigen Baustein im respektvollen Zusammenleben in einer vielfältigen Gesellschaft ansehen (risebookselling.eu).

Als Buchhändlerin nutzt Porsack aktiv die sich ihr bietenden Möglichkeiten. Im Pride Month Berlin ab Ende Juni stellt sie zum Beispiel queere Künstler*innen in den Mittelpunkt der Präsentation, trägt auf diesem Wege zu steigendem Diversitäts-Bewusstsein bei und setzt ein Signal. „Nicht ob wir Menschen inkludieren, sondern das Wie ist die Frage, über die wir reden müssen“, unterstreicht Porsack.

Was die Zukunft bringen wird? Volontariat, ein weiteres Studium, weiter Eintauchen in die Verbandsarbeit…? Porsack kann sich vieles vorstellen. „Mein Traum wäre es, in einen Verlag reinzugehen“, verrät sie. Ob sie dafür ihrer Heimat – zusammen mit ihrem Vater wohnt sie in Berlin-Reinickendorf – den Rücken kehren würde? „Definitiv“, kommt es ohne Zögern, „ich möchte auf jeden Fall andere Städte als Lebensort kennenlernen.“

Ich möchte auf jeden Fall andere Städte als Lebensort kennenlernen.

Wie aus einem Fantasy-Roman

Im April besuchte die Politikwissenschaftlerin mit acht weiteren Nachwuchskräften aus der Zukunfts-AG auf Einladung von Sabine Verheugen (MdEP) das Europaparlament in Brüssel. Dabei ergaben sich spannende Gespräche mit Beteiligten der „Federation of European Publishers“ und der „European an International Booksellers Federation“ über die Buchwelt in anderen Ländern. „Dadurch habe ich andere Perspektiven zu Themen erhalten und meinen eigenen Gedankenhorizont erweitert. Manchmal sollten wir uns gegenseitig mehr Aufmerksamkeit schenken und genauer zuhören, uns in unser Gegenüber hineinversetzen“, nimmt Porsack von diesem Treffen mit.

Im Alltag in Berlin boxt sie sich erst einmal weiter durch, auch wenn’s mal wehtut – im wahrsten Sinne des Wortes: Seit sechs Jahren hält sie sich mit Boxsport fit und erzählt mit einem Augenzwinkern: „Dabei fühle ich mich wie eine Figur aus einem Fantasy-Roman, die dabei ist, ihren Weg zu bestreiten, Katniss Everdeen aus „Die Tribute von Panem“ zum Beispiel oder die Jägerin Feyre aus „Das Reich der Sieben Höfe““.

Kurzvita: Emelie Porsack

1998

geboren

2016 Abitur in Berlin
2016-2020

Studium der Politikwissenschaften (B.A.), Freie Universität Berlin

2021–2024

Ausbildung zur Buchhändlerin bei Dussmann Das KulturKaufhaus, Berlin

2022

Teilnahme am Zukunftsparlament des Börsenvereins und Gründung der Taskforce Diversität, dessen Sprecherin sie ist

ab 2022

zahlreiche Weiterbildungen am Mediacampus Frankfurt

  Mitglied im Verein Junge Verlags- und Medienmenschen e.V. und in der Zukunfts-AG des Börsenvereins
2023/24 Speakerin im Rahmen von Veranstaltungen (Leipziger Buchmesse, Börsenverein) zu den Themen „Was macht Unternehmen für (junge) Fachkräfte in der Kreativwirtschaft attraktiv?“, „Vielfalt zwischen den Zeilen – Darstellung von queeren Charakteren in Literatur
ab Februar 2024 Disponentin für die Bereiche Kunst, Design, Fotografie, Mode, Malen, Zeichnen, Film- und Theaterbuch bei Dussmann Das KulturKaufhaus, Berlin
  IG Digital des Börsenvereins
2024 Besuch des Europaparlaments in Brüssel als Mitglied der Zukunfts-AG
   

 

Über den Börsenblatt Young Excellence Award

Der Börsenblatt Young Excellence Award wird jährlich von den Unternehmen der Börsenvereinsgruppe vergeben. Im Juni stellt die Börsenblatt-Redaktion alle Nominierten und ihre Arbeit mit persönlichen Online-Porträts vor – ein Kennenlernen mit den Kandidatinnen und Kandidaten gibt es zudem im Live-Format auf dem Instagram-Kanal des Börsenblatts. Die future!publish unterstützt den #yeaward24 als Partner.

Die Entscheidung, wer den #yeaward23 erhält, fällt im Zeitraum vom 01.07. bis 14.07.2024 bei der öffentlichen Publikumswahl auf www.boersenblatt.net

Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de