Börsenblatt Young Excellence Award 2023

Johanna Gradl – mit Herzblut für Buchblogger:innen

20. Juni 2023
Veronika Weiss

Sie brennt für die Arbeit von Buchblogs auf Social Media. Johanna Gradl hat sich mit dem Thema gründlich auseinandergesetzt – was sie heute beim dtv voll ausspielen kann. Sie ist beim #yeaward23 nominiert.

Johanna Gradl mit langen Haaren und Dutt, eine Jacke über der Schulter und auf einer Seite offenen Latzhose, lachend

Johanna Gradl

Leidenschaft für die Bücherwelt

Wenn Johanna Gradl von ihrem Werdegang berichtet, schwingt ganz viel Leidenschaft mit. Sie erzählt voller Begeisterung, ihre Wortwahl ist emotional. Ihre Ausbildung zur Mediengestalterin bei der Buchhandlung Rupprecht sei ein „match made in heaven“ gewesen, weil sie schon immer sehr viel und sehr gerne gelesen habe. Maria Rupprecht, ihre Chefin dort, „die ja ein sehr leidenschaftlicher Mensch ist, die das wirklich mit ganz, ganz viel Liebe und Herz und Seele macht“, habe sie inspiriert. Ein wunderbarer Start in die Buchbranche war das, aber dann doch nicht das, was Johanna für immer beruflich machen wollte. Nach einigem Überlegen – „mit siebzehn, was weiß man da schon übers Leben?“ – entschied sie sich fürs Abitur und ein Studium der Buchwissenschaften: „Das ist mein Studiengang, der ist für mich gemacht.“

Daneben war Johanna bei Bonnier in der Honorarabteilung tätig, kümmerte sich um internationale Steuerangelegenheiten, was sie „super, super spannend“ fand, denn es wurden diverse Fragen beantwortet: „Wie hoch sind eigentlich Honorare? Wie hoch sind Vorschüsse und werden Vorschüsse eingespielt?“ – ein wertvoller Einblick ins Verlagsleben. Beim Praktikum in der Presseabteilung beim cbj Verlag war es dann „Liebe auf den ersten Blick“. Besonders die Kinder- und Jugendliteratur hat es ihr angetan, die faszinierte sie so, dass sie sich fortan auch im Studium intensiv damit beschäftigte.

Buchblogs ganz praktisch

Johanna Gradl schrieb ihre Bachelorarbeit in Buchwissenschaft über Kinder- und Jugendbuchpreise und inskribierte sich danach, ebenfalls an der LMU München, für das Masterstudium Buch- und Medienforschung. Gradls Forschungsfokus: Literaturkritik und Blogger Relations im Bereich Kinder- und Jugendbuch. Ihre Masterarbeit „Das Wertungsproblem der Kinder- und Jugendliteraturkritik – Gegenüberstellung von professioneller Literaturkritik und Laienkritik“ wurde im letzten Juli mit dem Hugendubelpreis für die beste buchwissenschaftliche Masterarbeit 2022 ausgezeichnet. In der Begründung heißt es, der Text „reflektiert die Relevanz von Buchkritiken durch die LeserInnen selbst, so wie sie aktuell in den sozialen und digitalen Medien erfolgt, bemerkenswert praxisnah.“ Herausgestellt werden Gradls hervorragender Umgang mit dem Quellenkorpus sowie ihre Methodik, die verständlich, systematisch und detailliert sei.

Wäre bei so viel Talent und Anerkennung nicht auch eine Universitäts-Karriere für Johanna Gradl infrage gekommen? Nein, sagt sie, sie sei sehr kommunikativ und deswegen lieber von mehr Menschen umgeben. Außerdem sei die Kreativität im Studium „einfach immer ein bisschen zu kurz gekommen“. Dennoch ist sie der festen Überzeugung, dass das fundierte theoretische Wissen ihr die praktische Arbeit sehr erleichtert.

Die Arbeit mit Buchbloggerinnen ist so ein bisschen mein Baby.

Literaturkritik vs. Literaturblogs?

Ihr Ziel nach dem Master war, sich das Volontariat zu sparen – auch kein leichtes Unterfangen in unserer Branche. Doch Johanna Gradl ist zielstrebig und hatte zu dem Zeitpunkt schon viele Jahre Berufserfahrung vorzuweisen. Und ein glücklicher Zufall spielte ihr in die Karten: Als die Stelle für Blogger Relations bei cbj während einer Übergangszeit für einen Monat unbesetzt war, übernahm sie alle Tätigkeiten innerhalb ihrer 20-Stunden-Werkstudistelle. „Das war echt ein bisschen knackig, aber eine super Möglichkeit. Und ich habe mich total gefreut, dass mir so vertraut wurde.“

Die Arbeit mit Blogger:innen „ist so ein bisschen mein Baby“, sagt Johanna Gradl, denn einerseits findet sie sich hier von Menschen umgeben, die eine ähnliche Leidenschaft für Bücher mitbringen wie sie selbst. Andererseits gibt es hier noch viel zu tun, zu etablieren. Gradl wird nicht müde zu betonen, dass Literaturkritik von Blogger:innen – und das meint nicht nur Leute mit Blog, sondern auch Instagram- oder Tiktok-Account – nicht unterbewertet werden darf. Viele der Blogger:innen haben zwar keinen professionellen journalistischen oder wissenschaftlichen Hintergrund, weswegen von Laienkritik gesprochen wird – aber eine negative Wertung will Gradl hier nicht sehen. Ihre Forschungsarbeit hat gezeigt, dass diese „Laienkritik“ der redaktionellen Literaturkritik inhaltlich in nichts nachsteht. Natürlich betrifft das nur Blogger:innen, die mehr tun als ein Buch in die Kamera zu halten – da geht es schon um ernsthafte und vor allem unabhängige Rezensionen. Rezensionsexemplare schickt Johanna Gradl den Blogger:innen gratis zu, aber ein Honorar gibt es selbstverständlich nicht, genau wie in der klassischen Literaturkritik (und anders als beim Influencer-Marketing).

Neues Kapitel bei dtv

Über Onlinemedien und Social Media „darf auch Literaturkritik passieren – da muss Literaturkritik passieren“, betont Gradl, denn so spreche man eine onlineaffine Zielgruppe an, die sonst gar nicht erreichbar sei. Es müsse aufhören, „dass den Buchblogger:innen die Relevanz abgesprochen wird“. Sie arbeitet daran, dass deren Tätigkeit von Verlagen und der Buchbranche akzeptiert und als wesentlicher Teil der Literaturkritik angesehen wird. Seit März 2022 ist Johanna Gradl bei der dtv Verlagsgesellschaft als Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Blogger Relations tätig und bringt hier ihre ganze Leidenschaft ein.

Kurzvita: Johanna Gradl

1994 geboren
2011-2014 Ausbildung zur Mediengestalterin Buchhandlung Rupprecht
2016-2019 studentische Aushilfe Bonnier Media
2019-2022 Presseabteilung cbj
seit 2022 Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit / Blogger Relations bei dtv

 

Über den Börsenblatt Young Excellence Award

Der Börsenblatt Young Excellence Award wird jährlich von den Unternehmen der Börsenvereinsgruppe vergeben. Im Juni stellt die Börsenblatt-Redaktion alle Nominierten und ihre Arbeit mit persönlichen Online-Porträts vor – ein Kennenlernen mit den Kandidatinnen und Kandidaten gibt es zudem im Live-Format auf dem Instagram-Kanal des Börsenblatts. Die future!publish unterstützt den #yeaward23 als Partner.

Die Entscheidung, wer den #yeaward23 erhält, fällt im Zeitraum vom 30.06. bis 16.07.2023 bei der öffentlichen Publikumswahl auf www.boersenblatt.net

Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de