Die Sonntagsfrage

Was nehmen Sie mit aus dem Europaparlament, Emelie Porsack?

14. April 2024
Redaktion Börsenblatt

Am 9. und 10. April 2024 besuchten neun Nachwuchskräfte aus der Zukunfts-AG auf Einladung von Sabine Verheyen (MdEP) das Europaparlament in Brüssel. Besucht wurde unter anderem eine Sitzung des Kulturausschuss des Europäischen Parlaments und das Haus der Europäischen Geschichte. In der Sonntagsfrage erklärt Emelie Porsack, Sprecherin der Taskforce Diversität im Börsenverein, was sie aus dem Brüssel-Besuch mitnimmt. 

Emelie Porsack, Sprecherin der Taskforce Diversität im Börsenverein

Die vergangenen Tage in Brüssel haben mir gezeigt, dass Europa und auch das Wissen zu europäischen Themen keine Selbstverständlichkeit sind. Was habe ich also mitgenommen? Kurze Antwort: Sehr viel an neuen Informationen und Gedankengängen. Ich nehme mir nun aber doch die Zeit, auf einzelne Dinge einzugehen.

Eine Sache noch Vorweg: Ich werde nicht alle Beteiligten und Gesprächspartner:innen namentlich nennen. So viele großartige Menschen kann ich nicht aufzählen, ohne dabei den Umfang dieses Beitrags allein mit Namensnennungen zu füllen. Also an dieser Stelle einmal ein großes Dankeschön an alle Beteiligten. Hervorheben möchte ich einmal Frau Sabine Verheyen (Mitglied des Europäischen Parlaments), auf deren Einladung hin wir nach Brüssel gefahren sind und alle Beteiligten des Börsenvereins, die sich aktiv für eine Umsetzung und Planung eingesetzt haben.

Gruppenbild in Brüssel

Ein kurzer Rückblick europäischer Geschichte

Unsere Zeit in Brüssel beginnt mit einer geführten Tour durch das "Haus der Europäischen Geschichte". Wie sich aus Gesprächen ergeben hat, kommt das Thema häufig zu kurz oder zu oberflächlich im schulischen Kontext vor. Umso spannender war es, für einen Zeitraum vollkommen in die Geschichte einzutauchen. Was mich vor allem beschäftigt, ist die Relevanz vergangener Konflikte. Aktuelle politische Probleme und Konflikte existieren nicht erst seit gestern, basieren meist auf jahrelangen Entwicklungen und zurückliegenden Ereignissen. Wenn man sich das genauer vor Augen führt, bekommt man ein ganz anderes Verständnis. Ich blicke nach diesem Besuch mit einer anderen Perspektive auf mein Leben in Europa und bin umso dankbarer, mit einem Gefühl von Sicherheit und Fürsorge durch den Alltag gehen zu können. Damit bin ich privilegiert und das sollte jede Person sich zwischendurch vor Augen führen.

Das Europäische Parlament als Ort der Begegnungen

"Wenn man auf der Rolltreppe die Augen schließt, kann man 16 verschiedene Sprachen hören, die sich zu einem Kontext verweben". Diesen Tipp bekamen wir kurz nach unserer Ankunft im Europaparlament. In mehreren Gesprächen mit Abgeordneten geht es vor allem um die anstehende Europawahl. Wir sprechen über Wahlbeteiligung, Parteiengeflechte und politische Ziele, vor allem mit einem Blick zur nächsten Generation von Wählenden. Eine der präsentesten Fragen: Wie können wir jungen Menschen Europa und die kommenden Wahlen näherbringen? Das beschäftigt nicht nur politische Akteure, sondern auch uns, die "jüngere" Generation von Buchmenschen. Eine klare Antwort existiert nicht. Selbst die häufig erwähnte Plattform "TikTok" bietet nicht die Möglichkeiten, die man sich wünschen würde. Uns ist umso mehr bewusst geworden, dass wir alle einen Teil zu Europa beitragen können und sollten. Diese Beteiligung beginnt mit einem Gang zur Wahlurne am 9. Juni.

Buchmenschen vernetzen und Projekte fördern

Wie sieht die Buchwelt in anderen Ländern aus? Diese Frage habe ich mir häufiger gestellt und in Gesprächen mit Beteiligten der "Federation of European Publishers" und "European and International Booksellers Federation" konnte ich etwas mehr Licht ins Dunkel bringen. Ich hatte lange nicht mehr so spannende Gespräche zu Buchthemen. Wie erklärt man jemanden den Hype von Farbschnitten? Oder die Relevanz des Genres "New Adult" für junge Leser:innen? Es hat mich beeindruckt, wie unterschiedlich die Buchbranche in anderen Ländern - vor allem mit anderem sprachlichen Hintergrund - sein kann und doch so ähnlich. Mir wurde eine Frage gestellt, auf die ich (auch jetzt noch) nach einer passenden Antwort suche: Was hat dich in die Buchbranche und zur ehrenamtlichen Tätigkeit gebracht? So simpel die Frage auch klingt, desto vielseitiger sind meine Gedanken. Bis zum nächsten Mal habe ich hoffentlich eine Antwort parat und bis dahin lade ich alle ein, sich die gleiche Frage zu stellen.

Alle Teilnehmenden in Brüssel. In der Mitte hinten: Georg Häusler, Director Culture, Creativity and Sport, in der Europäischen Kommission. 

Branchenrelevante Themen im Gespräch

Europa begleitet uns jeden Tag, ohne das wir uns das uns dessen immer bewusst sind. Vermutlich bin ich nicht die einzige Person, die Europa zwischendurch aus den Augen verliert. Welches Thema uns als Buchbranche definitiv beschäftigt ist die "Late Payment Regulation". Dieses aktuelle Thema benötigt einen Austausch und die Expertise von Menschen der Buchbranche. Aber auch in anderen Themenbereichen wurden wir - in diesem Fall als eine "jüngere" Generation - um Perspektiven, Gedanken und Ideen gebeten. Die Tage in Brüssel fühlten sich wie ein Austausch von "Expert:in zu Expert:in" an. Zum Abschluss unserer Reise, konnten wir an dem relevanten Mini-Plenum zum Migrationspakt teilnehmen. Ein weiteres Thema, das uns alle gegenwärtig beschäftigt und wir die Chance hatten, diese Debatte live mitzuerleben.

Mir wurde in Anschluss an all diese Gespräche bewusst, dass ich mit jedem ausgesprochenen Gedanken, eine andere Perspektive zu Themen erhalten und meinen eigenen Gedankenhorizont erweitert habe. Manchmal sollten wir uns gegenseitig mehr Aufmerksamkeit schenken und genauer zuhören, uns in unser Gegenüber hineinversetzen. Europa sind wir alle gemeinsam. Diesen Gedanken nehme ich mit nach Hause.