Richard David Precht und Harald Welzer im Interview

„Wir wollen die Medien vor sich selbst schützen“

29. Juli 2022
Torsten Casimir

In ihrem ersten gemeinsamen Buch „Die vierte Gewalt“ wollen die Starautoren Richard David Precht und Harald Welzer zeigen, wie Medien sich immer stärker einander angleichen – und wie im Zuge dessen öffentliche und veröffentlichte Meinung mehr und mehr auseinanderfallen. Dem Börsenblatt gaben die beiden ihr erstes Interview zu diesem Projekt.

Sind Sie fertig mit dem Schreiben?
Harald Welzer (HW): Ja. Jetzt kommen noch die Korrekturläufe, aber das Buch an sich ist finalisiert.

Wie lange hatten Sie Zeit?
HW: Arg lange war das nicht, etwa drei Monate.
Richard David Precht (RDP): Man sollte dazusagen, dass es sich um Themen handelt, mit denen wir uns auch vorher schon beschäftigt haben. Ich habe in grauer Vorzeit meine Karriere als Medienjournalist begonnen. In den 90er Jahren habe ich für die Medienseite der ZEIT geschrieben und durfte sie kurzzeitig sogar kommissarisch leiten. Das war damals bereits eine Umbruchzeit, in der die Schatten der digitalen Kommunikation auf dem Fernsehen lagen; da gab es erste signifikante Veränderungen, und viele Tendenzen aus der damaligen Zeit haben sich enorm verstärkt.

Trotz Ihrer Vorexpertise gefragt, haben Sie das Gefühl, für Gründlichkeit war Zeit genug?
RDP: Wir haben ja keine Habilitationsschrift verfasst, sondern einen langen Essay. Darin werfen wir Perspektiven auf das Mediengeschehen. Das ließ sich in der überschaubaren Zeit durchaus schaffen, zumal wir während des Schreibens auch fast nichts anderes mehr gemacht haben.
HW: Es ist ja auch nicht so, dass wir beide nicht permanent mit Fragen der Medienentwicklung befasst wären – sei es dadurch, dass man selbst Beiträger ist, sei es, dass man Kommentare oder Analysen schreibt. Wenn wir zum Beispiel darüber sprechen, wie Communities hergestellt werden, kann ich als Sozialpsychologe auf Aspekte wie Gruppendenken oder Konformität Bezug nehmen und muss nicht beim Urschleim anfangen zu recherchieren. Übrigens habe ich meine berufliche Laufbahn auch als Journalist angefangen.

Wusste ich gar nicht. Wo?
HW: Als Hörfunkjournalist für Technik und Wissenschaft beim NDR in Hannover.

Wenn ich die Verlagsankündigung richtig verstehe, werfen Sie „den Medien“ einen Hang zu einseitiger, simplifizierender, moralisierender Meinungsmache vor.
RDP: Schon falsch! Zunächst einmal werfen wir überhaupt nichts vor. Sondern wir analysieren diejenigen Mechanismen, die die Medien seit Aufkommen der Direktmedien stark verändert haben. Wir schauen hinter die Kulissen und versuchen zu verstehen, wie diese Mechanismen funktionieren.

Um welche Mechanismen geht es? Und wer setzt sie in Gang?
HW: Es gibt ein Bündel von Faktoren, die zu Veränderungen im Habitat der Leitmedien geführt haben. Die Entstehung der Direktmedien ist schon genannt worden. Der wirtschaftliche Druck, der dazu führte, dass Redaktionen mit Blick auf das wirtschaftliche Überleben der Medienhäuser sparsamer ausgestattet wurden, spielt ebenfalls eine Rolle. Im Ergebnis haben die Veränderungen dazu geführt, dass bestimmte Formen von Journalismus, die wir aus den Direktmedien kennen, auch in die klassischen Medien eingewandert sind: Erregungsproduktion, Moralisierung von Themen, das Aufsetzen auf Trends, das Schauen danach, was auf Twitter abgeht. Diese Formen findet man nicht nur auf den jeweiligen Online-Plattformen der Leitmedien, sondern auch in ihren Printausgaben. Unser besonderes Augenmerk gilt dem politischen Journalismus.

Was interessiert Sie besonders an dem?
HW: Wir verfügen über eine Fülle von empirischem Material aus der Medienforschung: Inhaltsanalysen zur Berichterstattung in der Flüchtlingskrise, in der Coronakrise, leider noch nicht zum Ukraine-Krieg, dazu ist der Zeitraum zu kurz. In allen Fällen kommen diese Studien zu dem Befund, dass die mediale Berichterstattung sich stark auf die politische Klasse konzentriert, und auch dort nicht auf die Kommunal- oder Landespolitik, sondern auf die sogenannte Spitzenpolitik. Wenn man sich nun einen Geschehenszusammenhang wie die Flüchtlingskrise anschaut, vermisst man in der Berichterstattung so etwas wie das wirkliche Leben, also die Landräte, die Bürger, die helfen, die Auseinandersetzungen vor Ort mit Rechtsextremen, und so weiter. Das gesamte soziale Gefüge taucht nur aus der Perspektive des Helikopters auf. Der politische Journalist und der sogenannte Spitzenpolitiker betrachten diese Welt aus derselben Perspektive. Das, was in der sozialen Praxis erst ausgehandelt wird, kommt nicht vor.

Die Mehrheitsmeinung in den Medien muss nicht der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung entsprechen

Richard David Precht

Glauben Sie, dass Nähe zur politischen Elite den journalistischen Blick verengt?
HW: In der Forschung gibt es dazu die Indexing-Hypothese. Die sagt, dass es eine quasi genetische Nähe zwischen der politischen und der journalistischen Klasse gibt: weil die Menschen in beiden Sphären eine ähnliche Ausbildung haben, ähnliche Hintergründe, weil die sich insbesondere in Berlin in denselben Habitaten herumtreiben und zum Teil in denselben Organisationen unterwegs sind.

Manche heiraten einander sogar.
HW: Man hört davon, dass sie einander heiraten. Und man hört auch davon, dass diese Hochzeiten wiederum sehr „Bunte“-tauglich oder RTL-fähig ausgerichtet werden.

Im angekündigten Untertitel Ihres Buches führen Sie indirekt eine These mit: „Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird – auch wenn sie keine ist“. Was meinen Sie damit?
RDP: Die Mehrheitsmeinung in den Medien muss nicht der Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung entsprechen. Das heißt, hier findet keine Rückbindung zu den Menschen statt, sondern nur eine Rückversicherung innerhalb der eigenen Kaste. Journalisten richten sich nach dem aus, was andere Journalisten meinen und denken. Wir haben dafür den Begriff „Cursor-Journalismus“ erfunden.

Soll heißen?
RDP: Wo gerade alle mit ihrem Cursor stehen, da ist man selbst am besten auch, und zwar sowohl thematisch wie in der eigenen Positionierung. Interessant ist, dass dieser Cursor nicht nur die Themen vorgibt, sondern er ist zugleich der Cursor des gefühlten Anstands. Auch die Moral ist da, wo der Cursor ist. Wenn man länger schaut, zeigt sich: Die Cursor-Position kann sich häufig ändern. Wir haben das in der Migrationskrise gesehen. In einigen Zeitungen gab es kurz die Willkommenskultur, aber bald schon wurde dann vorwiegend über Verbrechen oder vermeintliche Verbrechen von Geflüchteten berichtet. So ein Cursor ist unglaublich launisch. Er ist eben nicht in erster Linie weltanschaulich. Je geringer aber auf der einen Seite die Weltanschauung wird, desto größer wird auf der anderen Seite der Verbrauch von Aufregung und Moral.

Was Journalisten – den Begriff Welt-Anschauung beim Wort genommen – von dem Aufwand entlastet, die Welt anschauen zu müssen?
RDP: Guter Gedanke. Den könnten wir eigentlich noch aufnehmen.

Das Medienvertrauen sinkt, weil sich in der Erfahrung des Unterrepäsentiertseins, des nicht-Vorkommens der eigenen Meinung der Eindruck verfestigt, da würde etwas gesteuert.

Harald Welzer

Bitte sehr. – Noch mal zu Ihrem Differenzvorschlag „veröffentlichte versus öffentliche Meinung“: Haben Sie über Anekdotisches hinaus dafür gute empirische Belege?
HW: Ja. Man kann ganz einfach die Ergebnisse von Umfrageforschung mit den Inhaltsanalysen medialer Berichterstattung kontrastieren. Und nehmen Sie die Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine: Da geht die Meinung der Bevölkerung in etwa 50 zu 50 auseinander. Aber Sie müssen lange suchen, bis Sie einen Bericht oder einen Kommentar finden, der nicht auf die Aufforderung zu Waffenlieferungen hinausläuft. Das ist schädlich, und zwar deswegen, weil diese Diskrepanz in der Bevölkerung die verschwörungstheoretischen Ideen antriggert. Das Medienvertrauen sinkt, weil sich in der Erfahrung des Unterrepäsentiertseins, des nicht-Vorkommens der eigenen Meinung der Eindruck verfestigt, da würde etwas gesteuert. Eigentlich müsste es im medialen Betrieb eine viel größere Aufmerksamkeit dafür geben, dass man diesen falschen Annahmen nicht Vorschub leistet. Wir haben dieses Buch also auch geschrieben, um die Medien vor sich selbst zu schützen.

Sie wollen zeigen, dass Mehrheitsmeinung von den Medien „gemacht“ wird. Müsste demzufolge ein Umfrageergebnis etwa zur Einstellung gegenüber Waffenlieferungen nicht viel näher dran sein an dem medialen Meinungsbild?
RDP: Das ist ein Missverständnis. Wir meinen in diesem Zusammenhang mit Mehrheitsmeinung nicht die der Bevölkerung, sondern das, was die Medien als Mehrheitsmeinung ausgeben; oder was sie als Mehrheitsmeinung imaginieren dadurch, dass sie sich so einig sind.
HW: In der veröffentlichten Meinung gibt es eine Suggestion von Mehrheitsmeinung, die von relevanten Teilen der Bevölkerung nicht geteilt wird.

Also wäre der Schaden, den Medien anrichten, nicht der, dass sie die Meinung in der Bevölkerung manipulativ prägen, sondern der, dass sie sich selbst schädigen, weil sie Verschwörungstheoretiker auf den Plan rufen, die denken könnten, es sei eben doch alles ferngesteuert.
RDP: Genau. Wir haben versucht, diesem Muster, dass die Medienproduktion von einer wachsenden Zahl von Menschen gleichsam verschwörungstheoretisch erklärt wird – nämlich dass es sich um einen Staat handelt, der seinen Medien vorgibt, was sie zu schreiben haben –; diesem Muster entgegenzutreten und zu sagen: Ihr beobachtet Phänomene, die wir auch beobachten, aber wir können sie durch medieninterne Mechanismen erklären, und ihr liegt mit euren Vorstellungen, dass es sich dabei um gelenkte Aktionen handelt, falsch.

Sie beide als prominente Medienakteure sind sowohl Teilnehmer als auch Betroffene des Betriebs. Kann man derart involviert einen Essay hinbekommen, der sich vornimmt, möglichst genau und sachlich die Welt zu beschreiben?
RDP: Das Wichtigste ist, dass Betroffene keine Geschichten, in die sie selbst involviert sind, erzählen. Das heißt, wir nehmen uns als Personen vollkommen raus. Auf der anderen Seite: Wenn wir keine Personen wären, die stark in den Medien stehen, hätten wir nicht die Möglichkeit, die Dinge, um die es uns hier geht, wirksam und wahrnehmbar zum Thema zu machen. Vieles von dem, was wir beobachten, stützt sich ja bereits auf zentnerschwere Medienforschung. Nur ist es interessant zu sehen, dass viele Medienwissenschaftler, die zum Teil in ähnliche Richtung wie wir Kritik an der Medienentwicklung äußern, in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt sind und in den Medien fast überhaupt nicht rezipiert werden.

Bevor die ersten Journalistinnen und Journalisten eine Zeile Ihres Buchs gelesen haben können, wird bereits diskutiert: Sind die beiden Autoren nun selbst zu den Querdenkern konvertiert? Schreiben die als Verletzte und Rächer ihrer selbst? Und Sie beide sind Wochen vor Erscheinen Ihres Buches schwer mit der Beteuerung des Gegenteils beschäftigt. Ist das nicht langweilig?
RDP: Man muss das alles deswegen machen, weil wir ja den Mechanismus benennen, dass wir uns in unserer Gesellschaft immer schwerer damit tun, sachlich kontroverse Debatten zu führen. Wir haben ein ganzes Kapitel, das sich nur darum dreht, wie diese Debatten hochgradig moralisiert und personalisiert werden. Anstatt sich mit einer Kritik subtil auseinanderzusetzen, stellt man mal als erstes Menschen in eine bestimmte Ecke und versucht sie mit irgendeinem moralischen Gewaltargument als indiskutabel darzustellen. Das haben wir beschrieben und geben es von Anfang an bekannt. Und nun schauen wir doch mal: Wer wird diesen Mechanismus tatsächlich bedienen, und wer ist in der Lage, sich über ihn hinwegzusetzen? Das finden wir nicht langweilig, sondern ein spannendes sozialpsychologisches Experiment.

Niklas Luhmann hat mal gesagt, damals auf Uwe Barschel gemünzt nach dessen berühmter Ehrenwort-Pressekonferenz: „Jede Beteuerung regeneriert nur den Verdacht.“
HW: Aber man kommt da ja nicht raus, außer man liest das Buch. Was jetzt in den ersten Vorab-Reaktionen insinuiert wird – bis hin zu „endgültig in der Schwurblerecke angekommen“ –, kann man nur widerlegen, indem man sagt: Dann lest doch jetzt diese 280 Seiten, und danach reden wir noch einmal drüber. Die Herausforderung für diejenigen, die auch Gegenstand des Buches sind, lautet: Können die sich damit in einer Haltung konstruktiver Kritik auseinandersetzen? Oder wird es als „quod erat demonstrandum“ laufen, wie jetzt das Vor-Bashing befürchten lässt?

Warum gehen Sie als Intellektuelle so ins Risiko? Das gibt doch Stress ohne Ende, den Sie sich hätten sparen können, weil er so vorhersehbar ist.
HW: Meine bewusst pathetische Antwort darauf: Ich halte es für meine staatsbürgerliche Verantwortung, diese Debatte anzustoßen. Das war schon immer meine Haltung, als Bürger meinen großen Handlungsspielraum zu nutzen, wenn ich sehe, hier passiert etwas, was ich politisch fragwürdig finde. Das ist mein zentrales Motiv auch für dieses Buch. Und wenn man dann demontiert wird – ja was denn!? Ich bin ein freier Mensch.
RDP: Das kann ich alles unterschreiben. Wir leben in einem freiheitlich-liberalen Land. Wir möchten, dass das so bleibt. Wenn etwas aus unserer Sicht nicht gut läuft für unsere Demokratie, dann bemängeln wir das. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Öffentlichkeit in der Lage sein wird, angemessen darüber zu diskutieren. Ich will nicht glauben, dass eine solche Diskussion in Deutschland nicht möglich ist. Insofern lasse ich mir meinen staatsbürgerlichen Optimismus.

Glauben Sie ernsthaft an einen ruhigen, für die Kraft des besseren Arguments sensiblen Diskurs über Ihr Buch, bei dem alle einander zuhören?
RDP: Ich glaube zwar nicht an den Habermas’schen Idealdiskurs. Ich glaube aber, dass – nachdem sich die ersten an uns verausgabt haben – es durchaus eine angemessene Diskussion geben wird. Aufgrund des Medieninteresses an unserem Buch, das wir bisher kennen, wissen wir auch, dass es die geben wird.

Ich meine, das muss man sich schon leisten wollen: ostentativ Urteile über etwas zu verkünden, wovon noch gar keine Kenntnis bestehen kann.

Harald Welzer

Die frühen Kritiker Ihres Buchprojekts zielen auf das Selbstwiderspruchspotenzial, das sie darin zu erkennen glauben, etwa so: Aha, da schreiben zwei Promis, die ständig in den Medien ihre Meinung sagen (dürfen), über die Nichtbeachtung von Meinungen in den Medien ...
HW: Die sollen doch bitte erst mal lesen. Ich meine, das muss man sich schon leisten wollen: ostentativ Urteile über etwas zu verkünden, wovon noch gar keine Kenntnis bestehen kann. Das ist ein bisschen so, als würde ich zu einer bevorstehenden Veröffentlichung von Herrn Drosten vorab eine virologische Stellungnahme abgeben.

Gestatten Sie eine persönliche Frage, Herr Welzer. In Ihrem Buch aus dem vergangenen Jahr „Nachruf auf mich selbst“ stellen Sie eine Liste zusammen von Sätzen, die nach gelebtem Leben einmal über Sie gesagt werden sollen. Eine der ersten Feststellungen soll bitte lauten: „Er konnte gut Zeit verschwenden.“ Mit Blick auf Ihre letzten drei Monate Schreib-Fron: ein Rückfall?
HW: Ja. Aber ich bereue ihn nicht. Menschen haben immer Gründe, etwas zu tun. Bei mir, bei uns ist es wie gesagt der Grund, Verantwortung für Demokratie wahrzunehmen. Wir sind durch die Geschehnisse seit Februar in einer vollkommen veränderten soziopolitischen Situation. Dem haben wir uns gestellt. Eigentlich hatte ich den festen Vorsatz gehabt, nie wieder ein Buch zu schreiben.

Zwei Star-Autoren, zwei Verlagsgruppen, zwei Hoffnungen

Das für Ende September angekündigte Buch „Die vierte Gewalt. Wie Mehrheitsmeinung gemacht wird – auch wenn sie keine ist“ weist gleich mehrere Besonderheiten auf:

  • Zwei Bestseller-Autoren der Sachbuch-Szene aus zwei Verlagshäusern, Richard David Precht und Harald Welzer, schreiben gemeinsam ein Buch.
  • Projektlaufzeit für die Autoren: nur drei Monate.
  • Zum ersten Mal kooperieren die zur Holtzbrinck-Gruppe gehörenden S. Fischer Verlage, bei denen die HC-Ausgabe herauskommt, mit einem Verlag aus einer konkurrierenden Gruppe, nämlich Goldmann bei Penguin Random House, wo zeitgleich das E-Book erscheint.
  • Parallel kommt eine Hörbuchfassung im Hörverlag heraus.
  • Die Medien, deren innere Mechanismen der Meinungsbildung und Meinungsproduktion Gegenstand des Buches sind, haben allein auf die Ankündigung des Titels bereits mit rezensionsähnlichen Beiträgen reagiert. Es gibt Tweets, Feuilleton-Texte, Podcast-Beiträge, ohne dass außerhalb der beteiligten Verlage jemand auch nur eine Zeile hätte gelesen haben können.
Verlag hofft auf Diskurs

Siv Bublitz, verlegerische Geschäftsführerin von S. Fischer, verbindet mit dem Projekt nicht nur wirtschaftliche Ziele, sondern auch eine Diskurshoffnung: „Wir wollen eine Diskussion um die Debattenkultur in Deutschland anstoßen – seriös und leidenschaftlich, mit Zuhören, Streiten und möglichst ohne Polemik.“ Betont wird ausdrücklich die „deutliche Abgrenzung zur Querdenker:innenszene und zu antidemokratischen Strömungen“. Bublitz weiter: „Aus unserer Sicht ist die Bedeutung der Medien für eine starke Demokratie, für Pluralismus und Meinungsvielfalt eines der wichtigsten Themen überhaupt.“ Die Gesellschaft müsse „konstruktiv in die Auseinandersetzung gehen können“.

Angekündigt ist das zeitgleiche Erscheinen von Hardcover (22 Euro), E-Book und Hörbuch „Die vierte Gewalt“ für den 28. September. Bublitz‘ Hoffnung auf eine Debatte ohne Polemik erhielt bereits im Zuge des medialen Vorab-Bashings erste Dämpfer. Die Hoffnung auf eine höchst belebende Wirkung des Titels auf den Bücherherbst hingegen dürfte sich erfüllen. Auch auf der Frankfurter Buchmesse werden Precht und Welzer auf diversen Bühnen zu sehen und zu hören sein.