Interview mit Joerg Pfuhl

Vom Buchmanager zum Tennisprofi

21. November 2024
Christina Schulte

Joerg Pfuhl hatte eine erfolgreiche Karriere, war CEO von Penguin Random House und Holtzbrinck – und hätte durchaus weitermachen können. Stattdessen hat er seinen Job an den Nagel gehängt und zum Tennisschläger gegriffen. Ein Interview mit dem Ex-Manager, der jetzt über seine Erfahrungen ein Buch geschrieben hat.

Joerg Pfuhl

Sie haben vor vier Jahren Ihren Bürojob verlassen und spielen seitdem intensiv Tennis. Wie kam es zu der Entscheidung?

Joerg Pfuhl: Ich habe das mit der Work-Life-Balance nie hinbekommen und habe auf Signale meines Körpers reagiert, dass es nun reicht. Ich wollte gesünder und ausgeglichener leben und mein Leben nach meinen Vorstellungen gestalten, was mir als CEO nie gelang.

Wie hat Ihr berufliches und Ihr privates Umfeld darauf reagiert, dass Sie statt ins Büro zu gehen nun auf den Tennisplätzen der Welt stehen?

Joerg Pfuhl: Meine Familie bleibt gelassen und lässt mich machen – immerhin verbringe ich nun viel mehr Zeit zuhause als während meiner Berufstätigkeit. Sie und meine Freunde wissen, dass ich schon immer 150% gegeben habe, bei allem, was ich tue. Man ändert sich ja nicht, nur weil man die Seiten wechselt.

Sehnen sie sich manchmal auf Ihren Bürostuhl zurück?

Joerg Pfuhl: Ich verbringe immer noch viel Zeit auf meinem Bürostuhl – allerdings nur noch im Homeoffice. Das Schreiben des Buches hat mich die letzten zwei Jahre intensiv beschäftigt. Den durchgeplanten Büroalltag vermisse ich allerdings nicht, ich bin gern mein eigener Chef.

Wie muss man sich einen durchschnittlichen Arbeitstag als professioneller Tennisspieler vorstellen?

Joerg Pfuhl: Zunächst: professionell betreibe ich diesen Sport keineswegs, meine Preisgelder bewegen sich bislang im niedrigen dreistelligen Bereich. Den Payback erhalte ich allerdings in nicht bezifferbarer Grössenordnung durch Lebensfreude und Gesundheit! Dafür trainiere ich intensiv und nehme an zahlreichen nationalen und internationalen Turnieren teil. Highlights waren u.a. die Teilnahme bei den letzten drei Tennis-Senioren-Weltmeisterschaften in Kroatien, Florida und Portugal sowie der Sieg bei den Britischen Meisterschaften im Doppel in diesem Jahr. Es gibt keinen "typischen Tag", viel Zeit verbringe ich mit Training auf dem Platz, Vor- und Nachbereitung, Regeneration, Theorie und Turnieren. Daneben bleibt viel Zeit für Familienleben und Lesen.

Joerg Pfuhl, Zweiter Aufschlag, EDEL Sports, 208 Seiten, 19,99 Euro. Erscheint am 7.12.2024

Warum wollten Sie Ihre Erlebnisse und Erfahrungen in Buchform bringen?

Joerg Pfuhl: Viele Kollegen und Freunde haben mich nach meinem Ausstieg gefragt, ob ich keine Angst habe, in ein Loch zu fallen, wenn ich so früh meinen Job aufgebe. Ich habe nun ein neues Leben entdeckt, das mich unglaublich glücklich macht, und lebe viel gesünder als je zuvor. Diese Erfahrungen beschreibe ich in meinem Buch. Ich möchte Mut machen, Neues zu probieren. Dafür ist man nie zu alt (oder zu jung), man muss nur den ersten Schritt wagen. Das kann, muss aber natürlich nicht beim Tennis sein.

Durch Ihre Hände sind tausende von Büchern gegangen. Was gab Ihnen die Zuversicht, dass Sie selbst ein Buch schreiben können?

Joerg Pfuhl: Ich gebe zu, dass ich nie zuvor in meinem Leben meine eigene Arbeit so schlecht beurteilen konnte wie beim Schreiben. Viele Testleser, sowohl Tennisspieler als auch frühere Verlagskollegen, gaben mir ausführliches Feedback, bevor ich einen Verlag suchte – auch das ein sehr spannendes und lehrreiches Unterfangen! Ich bin sehr froh, dass mein Buch bei EDEL SPORTS die optimale Umgebung gefunden hat, dort erschienen u.a. Biografien von Angelique Kerber, Rafael Nadal, Roger Federer oder Novak Djokovic.

Jörg Pfuhl 

 

Ich lerne auch weiterhin jede Woche dazu und verbessere mich stetig. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass man mit 60 noch eine 'neue' Sportart erlernen kann.

Joerg Pfuhl

Wie lange wollen Sie noch auf hohem Niveau auf dem Tennisplatz stehen?

Joerg Pfuhl: Ich lerne auch weiterhin jede Woche dazu und verbessere mich stetig. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass man mit 60 noch eine "neue" Sportart erlernen kann. Darüber hinaus habe ich viele Freundschaften mit Tennisspielern auf der ganzen Welt geschlossen. Das sind so schöne Erfahrungen, die gönne ich jedem – ich hoffe, dass es möglichst lange so weitergeht. Bei den über 500 Seniorenturnieren, die weltweit jedes Jahr stattfinden, gibt es inzwischen die Alterskategorie "Über 90" – da liegen noch mindestens 30 gute Jahre vor mir!