Buchgroßhändler in Österreich

MELO ist insolvent

24. Januar 2023
Redaktion Börsenblatt

Die Medienlogistik Pichler-ÖBZ (MELO) in Wiener Neudorf (Österreich) beantragt ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung. Betroffen von der Insolvenz sind 44 Mitarbeitende und rund 80 Gläubiger. Update: Insolvenzverfahren wurde eröffnet.

Screenshot von der Melo-Website

Das meldete etwa der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB), der auch eine Mitteilung des MELO-Geschäftsführers Franz Lintner zitiert. "Durch den kurzfristigen Austritt unserer beiden größten Verlagskunden sind wir leider gezwungen, heute ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung anzumelden, um die Fortsetzung des Betriebes unter bestmöglicher Wahrung der Gläubigerinteressen zu gewährleisten", so Lintner. Ziel sei es, die Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH & Co. KG bis zum Sommer 2023 entsprechend zu verkleinern und den damit verbundenen Konsolidierungsprozess rechtzeitig vor der Herbstsaison erfolgreich abzuschließen.

Bis zur Verfahrenseröffnung durch das Landesgericht Wiener Neustadt, welche man in den nächsten ein bis zwei Tagen erwarten, habe man sich entschlossen, "vorerst keine weiteren Umsätze zu tätigen". Sobald das Sanierungsverfahren eröffnet sei, werde man nochmals informieren und – Zustimmung vorausgesetzt – die Auslieferung der Verlagsprodukte uneingeschränkt fortsetzen. "Über die weitere Vorgehensweise und die sich durch das Sanierungsverfahren ergebenden, rechtlichen Rahmenbedingungen werden Sie sobald als möglich informiert", so Lintner.

Lintner hofft, dass es gelingt, den Auslieferungsbetrieb der MELO so schnell wie möglich fortzusetzen.

Auch der Kreditschutzverband KSV1870 gibt bekannt, dass die Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH & Co KG (FN 51380i) in 2355 Wiener Neudorf, am Landesgericht Wiener Neustadt einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung einbringen wird. KSV1870 rechne mit einer baldigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Sanierungsplan: Geschäftsbetrieb verkleinern

Die Wirtschaftsplattform Kreditschutzverband KSV1870 nennt folgende Zahlen zu Melo: Betroffen von der Insolvenz seien 44 Mitarbeitende und circa 80 Gläubiger. Die Passiva des Unternehmens würden 10,3 Millionen Euro ausmachen, welche sich im Liquidationsfall auf 12,3 Millionen Euro erhöhen würden.

Ausblick: MELO beabsichtige die Fortführung und Sanierung des schuldnerischen Unternehmens. Sie biete ihren Gläubigern einen Sanierungsplan mit einer Quote von 20 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplans, an.

Erste Restrukturierungsmaßnahmen seien bereits eingeleitet worden. Grundsätzlich beabsichtige MELO den Sanierungsplan aus den Erträgen des redimensionierten Geschäftsbetriebs zu finanzieren. "Der noch zu bestellende Insolvenzverwalter wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Sanierungsbestrebungen der Schuldnerin tatsächlich aufrechterhalten werden können", wird Jürgen Gebauer vom KSV1870 zitiert.

Zweitgrößtes Buchlogistik-Unternehmen Österreichs

Laut Angaben des Unternehmens handelt es sich um das zweitgrößte Buchlogistik-Unternehmen Österreichs. Es würden jährlich rund acht Millionen Bücher ausgeliefert.

  • Eine Liste der 115 Verlagskunden, darunter etliche aus Deutschland und der Schweiz, findet sich hier.

Die historischen Wurzeln des Unternehmens reichen auf die Gründung des Österreichischen Bundesverlages im Jahre 1772 durch Kaiserin Maria Theresia zurück, heißt es auf der MELO-Website. Als Verlagsauslieferung von ÖBV wurden bereits im Jahre 1860 mehr als eine Million Bücher in alle Kronländer der Monarchie versendet.

Im Mai 1975 eröffnete die ÖBV Verlagsauslieferung ihren heutigen Firmensitz in Wiener Neudorf (rd. 15 km südlich von Wien). Es entstand damit die größte Schulbuchauslieferung in Österreich. Seit 1993 firmiert die ÖBV Verlagsauslieferung als selbständiges Unternehmen und habe seither den Verlagskundenkreis ständig erweitern können. Es entwickelte sich zur Vollauslieferung "ÖBZ" mit mehr als 40 Verlagen.

Durch den Zusammenschluss von "ÖBZ" mit der Verlagsauslieferung "Pichler Medienvertrieb" im Januar 2006, expandierte das Unternehmen zu einem der drei führenden Buchlogistikunternehmen in Österreich. 

Im Sommer 2008 wurde die Medienlogistik (kurz "MELO") im Zuge eines Management Buy Out durch den Geschäftsführer Franz Lintner erworben. Seither ist MELO ein eigenständiges, verlagsunabhängiges, österreichisches Logistikunternehmen im Familienbesitz.

Jährlich verlassen nach eigenen Angaben rund 700.000 Sendungen mit einem Gesamtgewicht von rund vier Millionen Kilogramm das Haus. Man lagere rund 15.000 Paletten Bücher und sorge täglich dafür, dass rund 40.000 verschiedene Verlagsprodukte für unsere Kunden zur Verfügung stehen. "Bündelung" sei für das Unternehmen seit mehr als 30 Jahren selbstverständlich, steht noch auf der Website.

Unter dem Punkt MELO-News auf der Unternehmens-Website werden in einer Meldung noch sieben neue Verlage willkommen geheißen, darunter auch der Franck-Kosmos-Verlag, Stuttgart. Ab sofort nicht mehr ausgeliefert würde an die drei Verlage Hölder, Pichler, Tempsky (Wien), Klett-KITA und Neuer Wissenschaftlicher Verlag (Wien). 

Update: Insolvenzverfahren eröffnet

Die Insolvenzverfahren zu Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH & Co KG und zu Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH wurden am 25. Januar 2025 eröffnet, so der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB).

Das Unternehmen Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH & Co KG, Wiener Neudorf, hatte den Antrag auf Eröffnung des Sanierungsverfahrens über sein Vermögen beim Landesgericht Wiener Neustadt eingebracht. Das Gericht habe dem Antrag stattgegeben und mit Beschluss vom 25. Januar 2023 das gegenständliche Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Von diesem Verfahren sind nach derzeitigem Informationsstand circa 80 Gläubiger betroffen. 

Termine: Die Forderungsanmeldungsfrist endet am 6. April 2023. Berichts- und Prüfungstagsatzung: 20. April 2023, 10:15 Uhr. Sanierungsplantagsatzung: 4. Mai 2023, 10:30 Uhr.

Als Insolvenzverwalter wurde eingesetzt: RA Dr. Thomas Wanek, Marktplatz 17, 2380 Perchtoldsdorf, +43/1/8693888, anwalt@ra-whp.at

Aktuelle Vermögenslage: Aktiva: circa 2,9 Mio. Euro (möglicher Liquidationserlös); Passiva: circa 12,3 Mio. Euro. 

Die Komplementärin Medienlogistik Pichler-ÖBZ GmbH habe ebenfalls einen Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung eingebracht. Auch hier sei eine Anmeldung der Insolvenzforderungen zu empfehlen, so der HVB. Es sei nach der Stellungnahme des Insolvenzverwalters zu prüfen, ob der angebotene Sanierungsplan angemessen und erfüllbar sei. Hierzu werden die Gläubiger gesondert vor der Sanierungsplantagsatzung informiert.

Masseverwalter ist: Dr. Rupert Schenz, Enzersdorfer Straße 4, 2340 Mödling, Tel.: 02236/86 53 43, Fax: 02236/86 53 43-20, E-Mail: office@schenzhaider.at

Wesentlicher Inhalt des Sanierungsplanvorschlags: Die Insolvenzgläubiger erhalten eine Quote von 20 Prozent zahlbar innerhalb von zwei Jahren nach Annahme des Sanierungsplanes.

Der HVB hat Sonderkonditionen für eine Insolvenzvertretung durch die Gläubigerschutzorganisationen Creditreform und KSV1870 verhandelt: Mitglieder des HVB erhalten

  • auf den Creditreform-Mitgliedertarif einen Rabatt von 20%. (siehe Tarifblatt)
  • auf den KSV1870-Tarif einen Rabatt von 30%. (siehe Tarifblatt)
  • Kennwort bei der Auftragsübermittlung ist bei beiden Gläubigerschutzorganisationen "HVB-Mitglied".

Zum laufenden Verfahren gibt es vorerst keine neuen Erkenntnisse, die Erhebungen des Masseverwalters laufen, informiert der HVB am 2. Februar 2023. Der Hauptverband sei mit den betroffenen Verlagen und mit dem Kulturministerium im permanenten Austausch, um die durch die Insolvenz der Medienlogistik entstandenen Auswirkungen einzuschätzen und um weiteren Schaden von der Branche abzuwehren.