Lassen wir doch eine Diskussion entstehen, ein Neudenken des Berufsbilds – oder zumindest einer Facette davon! Unser Hier und Jetzt, in dem so vieles neu definiert und abgemacht werden muss, bietet sich dafür an: Momentan arbeiten viele Verlagsleute von zu Hause aus, wo ohnehin die Gefahr besteht, dass Berufs- und Privatleben verschmelzen. Es ist schwierig genug, sich Pausen einzugestehen, sich zu erlauben, mal nicht erreichbar zu sein und zwischendurch Energie zu tanken. An Strategien für eine bessere Work-Life-Balance und Resilienz wird gerade allerorts gefeilt. Das ist notwendig, und wenn sich in manchen Lektoraten die Erwartung hält, dass nach Feierabend Manuskripte durchgearbeitet werden, dann hinkt die Verlagswelt hinterher.
Noch wichtiger als mit dem Trend zu gehen: Wenn Lesen nicht zur Arbeitszeit zählt, besteht die Gefahr, dass die Ressourcen dafür nicht optimal genutzt werden können. Dann muss das Prüfen schnell nebenher erledigt werden, und so geht die Wertschätzung für diese wichtige Tätigkeit flöten. Sind wir es unserer Bücherleidenschaft, unserem Job und dem Verlagsprogramm nicht schuldig, dem Lesen genauso viel Kraft und ungeteilte Konzentration zu schenken wie Mails oder einer Besprechung?
Ich werde deshalb nicht müde, den Redaktionen zu kommunizieren, dass Lesen Zeit kostet, Arbeit ist und sich nicht einfach beschleunigen lässt. In dem einen oder anderen Fall hat das durchaus was gebracht!