Uni Leipzig nimmt Stellung zur Buchwissenschaft 

„Forschung und Lehre zum Buch auch in Zukunft“ 

4. August 2022
von Torsten Casimir

Im Streit um die Buchwissenschaft in Leipzig hat sich erstmals die Universität zu Wort gemeldet. Deren Pressesprecher versichert, an eine Abwicklung des Fachs sei nicht gedacht, vielmehr solle die Buchwissenschaft „zeitgemäß weiterentwickelt und so zukunftsfest gemacht“ werden. 

Carsten Heckmann, Pressesprecher der Universität Leipzig

Die Universität Leipzig, die sich im Streit um ihre buchwissenschaftliche Professur bisher in Schweigen hüllte, hat sich am heutigen Donnerstag erstmals öffentlich zu Wort gemeldet. Sie weist Pläne zu einer Abwicklung der Buchwissenschaft, über die nach einem initialen Bericht des Börsenblatts mittlerweile eine Reihe weiterer Medien berichtet hatte, weit von sich. Die Hochschule betont, dass es einen eigenständigen Studiengang für dieses Fach schon bisher nicht gegeben habe. „Der buchwissenschaftliche Schwerpunkt war immer in das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft integriert“, sagt Uni-Sprecher Carsten Heckmann. 

Dort sei und bleibe die Buchwissenschaft im Bachelorstudiengang Kommunikations- und Medienwissenschaft „eine von sieben Wahlmöglichkeiten“; die anderen sechs sind Heckmann zufolge Medienforschung, Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit, Medienkultur, Medienpädagogik und Kommunikationsmanagement. 

Heckmann: "Vernachlässigung des materiellen Wandels des Mediums"

Der Masterstudiengang werde zum Wintersemester 2022/23 reformiert. Ziel der Reform sei es, das Angebot so weiterzuentwickeln, dass die inhaltlichen Schwerpunkte „besser der Nachfrage der Studierenden und beruflichen Schwerpunkten entsprechen“.

Die buchwissenschaftliche Professur, die zuletzt Siegfried Lokatis innehatte, wird nach Angaben Heckmanns institutionell anders eingebunden. In der Begründung steckt Kritik an der bisherigen inhaltlichen Prägung der Professur: „Die bisherige Säule ,Historische Kommunikations-, Medien- und Buchwissenschaft‘ war aufgrund des nahezu ausschließlichen historischen Bezugs und der Vernachlässigung des materiellen Wandels des Mediums durch die Digitalisierung nicht mehr ausreichend bei den Studierenden nachgefragt.“ Die Universität will die Befassung mit dem Medium Buch künftig beim Schwerpunkt „Medienbildung“ ansiedeln, dort speziell im „Forschungsmodul Buchkultur und digitale Publikationen“. 

Keine Infos zur Nachfolge von Siegfried Lokatis, kein Kommentar zur Kritik

Zur Frage der Neubesetzung der Professur in der Nachfolge Lokatis äußert sich die Universität mit Verweis auf das noch laufende Verfahren nach wie vor nicht. Auch zu der vehement vorgetragenen Sorge von Buchwissenschaftlern anderer Universitätsstandorte um die Zukunftssicherung des Fachs in Leipzig gab es keinen Kommentar, ebenso wenig zur zum Teil harschen Kritik aus buchaffinen Kreisen der Stadt Leipzig.

So hatte etwa der Lehrstuhlinhaber am Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien in Mainz, Gerhard Lauer, Mitte Juli in einem Schreiben an die Leipziger Rektorin Eva Inés Obergfell sein Unverständnis über die Pläne zur Umorientierung der Lokatis-Professur zum Ausdruck gebracht und um ein Überdenken der Entscheidung gebeten. Die Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums in Leipzig, Stephanie Jacobs hatte gewarnt, hier werde „einer der traditionsreichen Standorte für Buchwissenschaft plattgemacht“. Ins gleiche Horn stieß am gestrigen Mittwoch Leipzigs Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke gegenüber der Nachrichtenagentur KNA: "Die faktische Abschaffung würde einen herben Verlust für die Tradition der Buch- und Verlagsstadt bedeuten, aber vor allem auch für die lebendige Buchkultur Leipzigs. Das fällt mir schwer zu akzeptieren." Auch Jennicke richtete KNA zufolge den Wunsch an die Verantwortlichen der Universität, ihre Entscheidung erneut zu überprüfen.

In mehreren Hörfunkbeiträgen von MDR, rbb und Deutschlandfunk hatte es in den vergangenen Tagen ebenfalls deutliche Kritik an den Umständen des Berufungsverfahrens gegeben; befürchtet wird eine „schleichende Abwicklung“ der Buchwissenschaft und das Entstehen einer Lücke im Kanon der Medienwissenschaften in Leipzig.