In eigener Sache

"Wir können die Augen vor den Veränderungen im Medienmarkt nicht verschließen"

20. September 2023
Redaktion Börsenblatt

Das Börsenblatt erscheint in gedruckter Form ab 2024 nur noch alle zwei Wochen, im Gegenzug wird das digitale Angebot weiter ausgebaut. Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, und MVB-Geschäftsführer Ronald Schild nehmen Stellung. 

Ab 2024 erscheint das Börsenblatt nur noch alle 14 Tage als gedruckte Ausgabe. Warum?

Ronald Schild: Der Wochenrhythmus des gedruckten Börsenblatts war in den vergangenen 21 Jahren eine verlässliche Konstante in bewegten Zeiten. So ein Standing gibt man nicht einfach auf. Doch seit der Jahrtausendwende hat sich der Fachinformationsmarkt stark verändert. Das gilt vor allem für anzeigenbasierte Publikationen. Während wir früher bei zwei Ausgaben pro Woche Werbeplätze verlosen mussten, reichen die Anzeigenerlöse trotz wachsender Zahl der inserierenden Unternehmen nicht mehr aus, um das Börsenblatt-Angebot in der bisherigen Form fortzuführen. Die Papier-, Produktions- und sonstigen Kostensteigerungen haben die Situation zusätzlich verschärft.

Durch die Zusammenlegung von Ausgaben und die unterschiedliche Schwerpunktsetzung von gedruckten und digitalen Inhalten können wir unsere Produktions- und Versandkosten so senken, dass wir weiterhin crossmedial publizieren können. Das war uns von Anfang an wichtig, denn Print hat auch in Zukunft seine Bedeutung und Berechtigung.

Ronald Schild und Peter Kraus vom Cleff (von links)

Das Börsenblatt ist auch das Magazin des Verbandes, jedes Mitglied erhält ein kostenloses Abo. Geht mit der neuen Erscheinungsweise nicht Leistung verloren?

Peter Kraus vom Cleff: Unsere Mitglieder erhalten weiterhin die journalistische Qualität, die Schnelligkeit und zuverlässige Information zum Branchengeschehen – nur eben komprimierter und anders über die Publikationswege verteilt. Natürlich, wer vorher jede Woche das Heft gelesen hat, dem wird künftig jede zweite Woche etwas fehlen. Und ich weiß, wie sehr viele unserer Mitglieder auch dem gedruckten Börsenblatt verbunden sind.

Wir können die Augen vor den Veränderungen im Medienmarkt nicht verschließen. Die Verlage haben ihre Werbeausgaben deutlich und dauerhaft reduziert, das bemerken alle Printmedien. Beim Börsenblatt wiegt dieser Effekt besonders schwer, weil es sich in erster Linie durch Anzeigenerlöse finanziert. Vertriebserlöse kann MVB aufgrund der hohen Zahl an Freiabos, die nicht über die Mitgliedsbeiträge finanziert werden, kaum erwirtschaften.

Gleichzeitig hat sich das Nutzungsverhalten der Leserinnen und Leser verändert, die meisten Mitglieder lesen das Börsenblatt vorrangig oder auch digital. Digital baut die Redaktion ihr Angebot weiter aus, etwa mit dem Magazin-Newsletter und anderen Formaten.

Wenn die Wirtschaftlichkeit bei der wöchentlichen Erscheinungsweise nicht mehr gegeben war: Ist der 14-tägliche Rhythmus eine wirtschaftlich nachhaltige Lösung?

Ronald Schild: Wir haben unser Konzept so aufgestellt, dass wir unter den gegebenen Rahmenbedingungen die bestmögliche Planungssicherheit haben. Es besteht weiterhin Interesse und Bedarf an Handelswerbung, aber eben in anderen Größenordnungen als früher. Die Bündelung von Anzeigen in Kombination mit den Einsparungen bei Produktion und Versand wirken sich positiv auf unsere Finanzierungsgrundlage aus und finanzieren das wachsende Online-Angebot, das neben den bestehenden Personalkosten auch Kosten für den Betrieb und die Weiterentwicklung der digitalen Kanäle mit sich bringt.

Online hat das Börsenblatt seine Reichweite in den vergangenen Monaten stark gesteigert. Glauben Sie, dass sich das Leseverhalten für Branchenfachinformationen weiter in Richtung online verändern wird?

Peter Kraus vom Cleff: Die generelle Entwicklung wird sicherlich weiter in diese Richtung gehen. Aber wir haben natürlich mit den Buchhändler:innen eine große Zielgruppe, die während ihrer Arbeitszeit nicht ständig am Computer oder Handy ist, sondern im Laden Kundschaft betreut. Hier hat Print sicherlich auch in Zukunft noch eine große Berechtigung. Und wir als weiterhin print-dominierte Branche wissen auch, dass das gedruckte Medium eine andere Wahrnehmung erzeugt. Am Ende muss es aber auch wirtschaftlich darstellbar sein.

Zu wichtigen Brancheninfos versendet die Redaktion Eilmeldungen

Die Printanzeigen sind stark rückläufig. Werden die Anzeigenkunden den Weg ins Digitale mitgehen?

Ronald Schild: Das tun sie bereits. Unsere Erlöse mit Online-Anzeigen wachsen kontinuierlich, aber sie können die verlorenen Print-Erlöse nicht kompensieren. Wir sind überzeugt davon, dass wir mit unserem neuen Konzept den richtigen Weg einschlagen, um beiden Medienformen und ihrer Bedeutung für die Branche Rechnung zu tragen.