Frankfurter Buchmesse

"Wir sind froh, zurück zu sein"

25. Oktober 2023
Nils Kahlefendt

Das Verlegerpaar Dennis Loy Johnson und Valerie Merians (Melville House) über ihre erste Frankfurter Buchmesse nach Corona, den Gang der Geschäfte und rituelles Klagen.

Dennis Loy Johnson, Melville House Publishing, mit seiner Frau Valerie Merians

Sie sind das erste Mal seit 2019 wieder in Frankfurt – was sind Ihre Eindrücke von der Buchmesse?

Dennis L. Johnson: Wir sind froh, zurück zu sein. Die letzten Jahre waren nicht vergnügungssteuerpflichtig. Am nervigsten war die Verbannung ins Homeoffice; man hat Leute nur noch als ‚talking heads’ kennengelernt, via Zoom. Es ist großartig, sich wieder physisch zu treffen, auch spontan. Und die Messe? Es ist eine geschäftige Buchmesse – nicht die geschäftigste, die ich je erlebt habe – aber es scheint, dass die Normalität ein Stück weit zurückkehrt.

Wie laufen die Geschäfte?

Johnson: Es geht auf und ab. In den ersten paar Monaten von Covid waren alle Buchhandlungen geschlossen, wir hatten ziemliche Angst. Dann brachten uns die Corona-Hilfen der Regierung durch. Und am Ende hatten wir sogar ein ziemlich starkes Jahr. Die Leute waren zu den Büchern zurückgekehrt, das hat uns Mut gemacht.

Valerie Merians: Dann hat sich die Branche stark verändert. Bücher machen ist teurer als vorher und braucht deutlich mehr Zeit. 2023 ist eigentlich ein gutes Jahr, auch die Messe ist gut gelaufen. Wir haben Rechte verkauft. Die Zeichen stehen günstig, dass sich das Geschäft langsam konsolidiert.

Welche Rolle spielt Frankfurt in Ihrem Jahreskalender?

Johnson: Es ist ein großes Ereignis für eine kleine Firma wie unsere. Wir sind die Chefs, und eine ganze Woche weg zu sein, ist in einer kleinen Firma nicht trivial. Wenn wir nachts ins Hotel kommen, beantworten wir noch ein paar Stunden e-Mails. Es ist ein Investment: Es kostet Geld, Zeit, Kraft.

Aber es lohnt sich?

Merians: Es ist wichtig für uns, wieder in Kontakt zu kommen, etwa mit den Lektoren und Agenten, mit denen wir lange, lange verbunden sind. Wir haben dieses Geschäft über Jahre aufgebaut, und es ist absolut zentral, diese Netzwerke wieder zu pflegen. Das ist einfach kein Vergleich mit der Zeit im Homeoffice. Und es gibt auch immer wieder tolle Überraschungen: Wir haben im Vorfeld einen schmalen, nur wenig mehr als 100 Seiten starken Roman von Michael Bible, „The Ancient Hours“, an den renommierten Mailänder Verlag Adelphi Edizioni verkaufen können – und erfuhren erst hier auf der Messe, dass das Buch in Italien offensichtlich sehr gut läuft. Was wiederum der Anbahnung neuer Geschäfte gut tut.

Was war Ihr „Messe-Moment“?

Johnson: In Frankfurt wie auch in London organisieren wir immer ein Indie-Verleger-Dinner für rund ein Dutzend Verlags-Kollegen aus aller Herren Länder. Mein absolutes Messe-Highlight! Es ist ein Klage-Festival (lacht). Aber es ist zugleich auch ein riesiger Spaß! Denn wer außer einem Verleger versteht einen Verleger wirklich?

Merians: Es ist interessant, voneinander zu lernen – auch wenn wir alle in anderen Märkten unterwegs sind. Aber die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, sind durchaus ähnlich.

Johnson: Diesmal klagten alle über die hohen Produktionskosten, über Papierknappheit und stockende Lieferketten...

Aber Sie kommen wieder, Frankfurt 2024 steht schon im Kalender?

Johnson: Korrekt. Und das wird so bleiben. Sie wissen ja, dass ich vor meinem Verlegerleben Autor war – und da schreibt man immer auf ein Publikum hin. Dieser enge Bezug zum Publikum ist auf den deutschen Buchmessen stärker zu erleben als auf vielen anderen.  

2001, nach 9/11, gründete Dennis Loy Johnson zusammen mit seiner Frau Valerie Merians in Hoboken, New Jersey, den Verlag Melville House Publishing. 2008 zog der Verlag nach Brooklyn, 2013 startete mit Melville House UK eine Schwesterfirma in London.

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