Wegen der Ausgangssperre hat die Veranstaltung im Luftschutzkeller am 16. April schon um 17 Uhr begonnen; vorgestellt wurde Adam Mansbachs Buch "Go the F*ck to Sleep“, das der mit dem Jan-Michalski-Preis für Literatur ausgezeichnete Autor und Essayist Sergiy Zhadan übersetzt hat. Dass der Vivat Verlag "Go the F*ck to Sleep" ausgesucht habe, sei "ein Spiel mit der Normalität. Wir wollen, dass unsere Kinder wieder einschlafen können, dass sie nicht aufgeregt sind, weil wir ständig Sirenen, Granaten und Luftangriffe hören. Wir wollen diese Normalität", sagt Verlagsmitarbeiterin Galina Padalko. Noch arbeite man am Druck, deshalb gebe es noch keinen Vorverkauf.
"Die meisten Mitarbeiter haben Charkiw verlassen, aber ein paar Leute sind unter Beschuss in der Stadt geblieben. Eine unserer Kolleginnen lebte einen Monat lang in der Metro und stellte dort weiterhin Bücher her, bis ihr Haus bombardiert wurde und sie evakuiert werden musste", antwortet Galina Padalko auf die Frage von "Publishing Perspectives" zur aktuellen Situation. Es sei traurig, darüber zu sprechen, "aber einige unserer Kollegen werden nirgendwo in Charkiw zurückkehren können. Sie haben kein Zuhause mehr." In Charkiw zu bleiben, sei nicht sicher, durch ständigen Beschuss mit Artillerie, Langstreckenraketen und Luftbomben gebe es jeden Tag fünf bis zehn Tote und Dutzende von Verletzten. "Wir haben sogar gelernt, diese Waffentypen anhand ihrer Geräusche zu unterscheiden." Letztlich wisse man nie, wohin man in einem bestimmten Moment rennen werde.
Wegen des Beschusses konnte der Verlag nur eine begrenzte Anzahl von Paletten mit Büchern sicher wegtransportieren. Ein Lager wurde bei einem Angriff niedergebrannt, berichtet Padalko. "Glücklicherweise befanden sich keine Menschen oder Bücher darin. Jetzt haben wir einen Teil der Bücher in ein Lagerhaus in der Westukraine evakuiert und werden bald die Arbeit an der Verteilung der Bücher für Partner und den Verkauf über unseren Online-Shop wieder aufnehmen können." Inzwischen arbeiten alle Abteilungen des Verlags einigermaßen, obwohl im März nur 10 Prozent des geplanten Gewinns erwirtschaftet werden konnte. 50 Bücher wurden bereits wieder veröffentlicht, "und wir hören nicht auf, sie zu produzieren. Da unsere größten Druckereien in Charkiw unter Beschuss stehen, haben wir keine Möglichkeit, dort Bücher zu drucken. Jetzt suchen wir nach kleinen Druckereien in Kiew, in der Westukraine und im Ausland, aber die Druckkosten sind um ein Vielfaches teurer. Wir sind auch auf der Suche nach Unternehmen, die die Bücher im Ausland vertreiben könnten", sagt Galina Padalko, die für Anfragen unter g.padalko@vivat.factor.ua zu erreichen ist.
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