Deutscher Verlagspreis

"Unverzichtbarer Bestandteil des Geschäfts kleinerer Indie-Verlage"

3. Juni 2024
von Börsenblatt

Endlich das Traumprojekt realisieren, die Druckereirechnung mit Skonto bezahlen, das Team vergrößern: Was ist in den letzten Jahren aus den Preisgeldern des Deutschen Verlagspreises entstanden? Das Börsenblatt hat bei Preisträgern der höchstdotierten Kategorie (2019 bis 2023 je 60.000 Euro) nachgefragt. 

eine lesende Frau steht neben riesigen Büchern

Rita Fürstenau, Rotopol-Verlag, Kassel (Spitzenpreisträger 2023):

“Das Preisgeld des Verlagspreises haben zum größten Teil in neue Buchprojekte sowie deren Präsentation beim Erschienen investiert. Von diesen Projekten sind bisher vier erschienen: Im Herbst 2023 war dies “Der Weltraumpostbote – Hungrig durchs Weltall” von Guillaume Perreault, ein Comic für Kinder ab sieben Jahren. Hierzu gab es eine Buchtour mit Guillaume Perreault mit Lesungen, Künstlergesprächen und Live-Zeichnen sowie eine Mitmach-Rallye für Kinder und eine Schaufensterausstellung in der Verlagsbuchhandlung in Kassel. Dazu kommt das Bilderbuch “Wo dichte Äste wild sich ranken” von Julia Kluge mit Schaufensterausstellungen und einer Buchtour. In diesem Frühjahr sind zudem die beiden Titel “Das Aller Aller Beste!” ein Bilderbuch von Beatrice Alemagna und die Cartoon-Sammlung “Doing the Work” von Nadine Redlich erschienen. Zum ersten Titel sind auch Veranstaltungen auf der Frankfurter Buchmesse im Rahmen des Gastauftritts Italiens geplant. Beim zweiten Titel gab es ein Buchrelease im Rahmen des Internationalen Comic-Salon Erlangen mit einer Ausstellung, Lesung und Signierstunden.”

"Der Weltraumpostbote"

Schaufenster zu "Das Aller Aller Beste"

Lukas Kampfmann, Zuckersüß Verlag, Berlin (Spitzenpreisträger 2023):

“Ein Teil des Preisgeldes ging in die Produktion von “Falls wir uns morgen wieder sehen” von Robbie Couch. Außerdem werden wir dieses Jahr das erste Mal auf der Frankfurter Buchmesse mit einem eigenen Stand vertreten sein, haben unser Corporate Design überarbeitet und in unser Marketing investiert. So überarbeiten wie beispielsweise gerade unsere Webseite und durften uns über ein hohes Wachstum auf Instagram freuen, wo wir nun den größten Kanal aller deutschen Kinderbuchverlage haben.”

Anna und Lukas Kampfmann bei der Preisverleihung

Jonas Beuchert, Edition Taube, München (Spitzenpreisträger 2022):

“Wir nutzen das Geld des Verlagspreises nicht für einzelne Bücher, sondern für die strukturelle Verbesserung unseres Verlages, unter anderem um eine Stelle für Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising zu subventionieren. Der Preis war von sehr großer, fundamentaler Bedeutung für uns, zum einen als Bestätigung unserer Arbeit, als Qualitätssiegel und damit Werbung für unseren Verlag sowie auch konkret monetär um beispielsweise Messereisen nach Tokyo und New York zu finanzieren.”

Jan Steinbach und Jonas Beuchert (rechts) von der Münchner Edition Taube mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth bei der Preisverleihung 2022

Sebastian Guggolz, Guggolz Verlag, Berlin (Spitzenpreisträger 2022)

“Der Deutsche Verlagspreis, der mir 2019 und 2020 in der einfachen Form verliehen wurde, 2022 dann sogar der Hauptpreis, ist zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Geschäfts der kleineren unabhängigen Verlage geworden. In den ersten beiden Jahren schon war er die Rettung, hat mir ermöglicht, offene Druckereirechnungen gleich bezahlen zu können und sie nicht abstottern zu müssen. Er wurde damals von Monika Grütters genau zum richtigen Zeitpunkt eingeführt, fast zeitgleich mit den großen Weltkrisen, der Covid-19-Krise und dann vor allem dem russischen Krieg gegen die Ukraine, der die Produktionskosten hat explodieren lassen und gerade uns kleineren Verlagen hart zusetzt. Der Deutsche Verlagspreis konnte die Verluste und finanziellen Löcher etwas mildern, er konnte auch die Hoffnung am Leben halten, dass doch irgendwann einmal die so sehnlich erwartete strukturelle Verlagsförderung kommt, auf die wir alle warten und deren Einführung einfach unabdingbar ist, wenn wir keinen Kahlschlag bei den unabhängigen Verlagen zulassen wollen.

Sebastian Guggolz

Der Hauptpreis beim Verlagspreis, der mir 2022 völlig überraschend zugesprochen wurde, versetzte mich in die Lage, ein schon lange Zeit vorbereitetes und erträumtes Projekt finanzieren zu können: Und zwar sind das die vier Bände von “Die Leute vom Hellemyr” von Amalie Skram, ein großes, einzigartiges Epos über mehrere Generationen, ein Meisterstück des norwegischen Naturalismus, das noch nie zuvor übersetzt war und nun von einem Übersetzerinnenteam um Christel Hildebrandt, gemeinsam mit Gabriele Haefs und Nora Pröfrock, ins Deutsche gebracht wurde. Diese Ausgabe, die so schlicht wie schön gestaltet ist, gibt es nun, es hätte sie nicht geben können ohne den Deutschen Verlagspreis.”

Der Deutsche Verlagspreis konnte die Verluste und finanziellen Löcher etwas mildern. Und der Preis versetzte mich in die Lage, ein schon lange Zeit vorbereitetes und erträumtes Projekt finanzieren zu können.

Sebastian Guggolz, Guggolz Verlag

Angelika und Markus Hartmann, Hartmann Books, Stuttgart (Spitzenpreisträger 2021):

„Wir haben den Preis zweimal gewonnen, beim ersten Mal 2021, den Spitzenpreis mit 60.000 Euro, beim zweiten Mal 2023, den ‚normalen‘ Preis von 15.000 Euro. Das Preisgeld für den Deutschen Verlagspreis 2021 haben wir für vier Projekte verwendet: Zum einen für die Festanstellung eines zusätzlichen Mitarbeiters für ein Jahr (Vertrieb und Gestaltung), was krankheitsbedingt nötig wurde, da eine Hälfte der Hartmanns mit einer langwierigen Krankheit ausgefallen ist. Zum anderen Investitionen in die EDV wie ein neuer Rechner und ein neuer Server. Dazu kamen titelbezogene Investitionen für die Titel „Nebenan  Ausschwitz“, "Die Hauptstadt„ und für „Guido Guidi Gerry Johansson“. Bei diesen Titeln gab es mehr oder weniger große Budgetlücken, die wir mit einem Teil des Preisgeldes ausgleichen konnten. Außerdem spielte das Thema Steuerrückzahlung eine Rolle bei der Verwendung des Preisgeldes.

Wir mussten mehr Steuern zurückzahlen als ursprünglich geplant. Ein Teil des Preisgeldes ging also wieder zurück in den Staatshaushalt, wo es herkam.

Angelika und Markus Hartmann, Hartmann Books

Das Jahr 2021 verlief für uns trotz Corona oder gerade deswegen wirtschaftlich ungeplant und überraschend gut, daher mussten wir am Ende mehr Steuern zahlen als ursprünglich geplant. Ein Teil des Preisgeldes ging also wieder zurück in den Staatshaushalt, wo es herkam. Aus dieser Sicht wäre es grundsätzlich zu überlegen, ob das Preisgeld nicht zu Beginn eines Jahres oder verteilt über zwei Jahre ausgezahlt werden könnte. Dann hätten die Gewinner mehr Zeit, das Geld verplant auszugeben, insbesondere beim Spitzenpreis. Für kleinere Verlage wie den unsrigen (2,5 Mitarbeiter, viele Freie, etwa 10 bis 15 Titel im Jahr) ist der Betrag von 60.000 Euro ein substantieller Anteil am Jahresumsatz, der besser auf mehrere Jahre verteilt werden könnte, was aber steuerlich bisher nicht geht. Im Gegenzug war dann das Jahr 2022 das komplette Gegenteil vom Vorjahr und es hätte geholfen das Preisgeld auch dort noch verwenden zu können, anstatt es zurückzahlen zu müssen.”

Gulia Silvestri, Matthes & Seitz, Berlin (Spitzenpreisträger 2020):

“Wir haben unser Preisgeld für die Tagebücher von Henry David Thoreau verwendet, ein Projekt, das im Jahr 2016 mit der Veröffentlichung des ersten Bandes gestartet und noch nicht abgeschlossen ist. Bisher sind fünf Bände veröffentlicht worden, Band VI erscheint am 1. August 2024.”

Gisela Graf und Björn Rosen, Dom Publishers, Berlin (Spitzenpreisträger 2020):

“Das Preisgeld von 2020 wurde in die Umsetzung des „Architectural Guide Sub-Saharan Africa“ eingesetzt. Der Verlag hatte bereits seit mehr als fünf Jahren an dem siebenbändigen Werk gearbeitet, als es wegen der Corona-Pandemie auf Eis gelegt werden musste. Es konnte dann im Frühjahr 2021 erscheinen. Die Preisgelder von 2022 und 2023 wurden für eine Publikationsreihe zur Ukraine verwendet.”