Kinderbuch

"Unsere Bücher setzen auf Partizipation"

20. September 2024
Nicola Bardola

"Wir müssen Kinder dort abholen, wo sie wirklich sind", meint Giancarlo Russo. In seinem Sophie Verlag produziert er Sachbuchreihen, die an die Seh- und Lesegewohnheiten der digitalen Generation angepasst sind.

Macht Bücher für die digitale Generation: Giancarlo Russo mit Tochter Carla.

"Kinder brauchen Emotionen, schnelle Anbindung an die Themen, ein bisschen Geheimnis und viel Bewegung" findet Sophie Verleger Giancarlo Russo. Mit Bewegung meint er beides, ein dynamisches Layout und sportliche Betätigung. Seine zehnjährige Tochter Carla ist äußerst fit und gleichzeitig ein besonderer Bücherwurm: "Sie ist meistens meine erste Testleserin und auch Korrekturleserin", sagt Russo, der den Sophie Verlag notariell Ende 2018 in München gegründet hat. Die ersten Bücher erschienen im Frühjahr 2020 – eine Woche, nachdem die ersten Titel in den Buchhandlungen waren, kam der erste Lockdown. Die Corona-Krise war für den aus Italien stammenden Russo eine ziemliche Herausforderung.

Nach einem Studium der Philosophie in Pisa und Stationen als Lektor bei Adelphi und UTET fand Giancarlo Russo im Jahr 2000 seine Heimat in München. Eine Rückkehr nach Italien schließt er kategorisch aus, obwohl sich viele darüber wundern. In Deutschland arbeitete er für die Bertelsmann Stiftung, die Akademie des Deutschen Buchhandels und im internationalen Vertrieb bei verschiedenen Verlagen. In den Sophie Verlag bringt er nun all diese Erfahrungen ein und hat sich als Ziel gesetzt, Kinder für die Entdeckung der Welt zu begeistern.

Bücher für europäische Kinder

"Der Verlag für Kinder mit klarem Kopf und warmen Herzen", lautet der Verlagsslogan. Wie kam es zum Namen? Sophie sei ein Buchstabenspiel, das international funktioniere und mit Wissen zu tun habe, erklärt Russo. Der Verlag hat bisher drei Buchreihen entwickelt: "Verborgene Welt" im Großformat und großzügig illustriert, "Erzähl mir die Welt" für Leseanfänger und "Flora & Leo". 2024 sind zwei neue Reihen hinzugekommen: "Kuriose Welt", in der die humorvolle Seite der Natur gezeigt wird und "Sammy Checkt’s", das eine neue Herangehensweise an das Frage- und -Antwort-Format darstellen will. Darin werden Fragen, Spiele und Multiple-Choice-Aufgaben mit einem unterhaltsamen Layout verbunden.

Internationalität ist für Russo in mehrfacher Hinsicht wichtig: Trotz ausgefallener Buchmessen während der Pandemie gelang es dem Verlag, Rechte nach China, Russland, Italien, der Slowakei, Bulgarien und der Tschechischen Republik zu verkaufen. Der Sophie Verlag konzentriert sich auf eigene Originalausgaben, die ein breites Publikum ansprechen sollen. "Wir machen Bücher für europäische Kinder", so Russo, der Wert auf ein sorgfältiges Lektorat legt.

Wir machen Bücher für europäische Kinder

Giancarlo Russo

Wissen unterhaltsam vermitteln

Dass eine Verlagsneugründung im Kinderbuchsegment in diesen Zeiten mutig ist, bejaht Russo. "Aus Erfahrung hatten wir festgestellt, dass sich die meisten Sachbuchreihen noch nicht an die Seh- und Lesegewohnheiten der digitalen Generation angepasst hatten. Wir brauchen andere Bücher für diese Generation. Wir müssen sie dort abholen, wo sie wirklich sind", so Russo. Sein Verlag will die Faszination, die von interaktiven Bildschirmen ausgeht auf das zu erhaltende Medium Buch übertragen. Dabei will Sophie die durchaus schon hohe Qualität im Kinderbuchsegment mit neuen Konzepten erweitern: "Wir füllen keine Nische. Sophie-Bücher sind für alle gedacht. Sie sind solide, vertrauenswürdige Produkte, die sich langfristig verkaufen sollen."

Sophie realisiert Bücher, die von Kindern mit ihren Eltern und Erziehern zunächst wegen der Bilder gemeinsam gelesen werden können. Die Illustrationen wecken Neugier für die Geschichten und für allerhand Kästchen mit wissensvermittelnden Texten. "Unsere Bücher setzen auf Partizipation und auf unterhaltsame Wissensvermittlung. Die Leser geben uns Recht", erklärt Russo. Gerade bildet sich die "Sophie Community" im Netz, denn im letzten Kapitel jedes Buches der Reihe "Verborgene Welt" wird ein Projekt vorgeschlagen, um sich aktiv mit dem jeweiligen Thema auseinanderzusetzen. Wenn Leser dem Verlag ihre Projekte zusenden, postet Sophie diese mit Erlaubnis auf Instagram. Besonders viel Resonanz erhielt das Kapitel aus "Verborgene Welt der Fabelwesen", in dem Leser eigene Fabelwesen kreieren sollten. Viele Kinder haben uns daraufhin ihre eigenen Fabelwesen zugeschickt, darunter auch eine ganze Schulklasse. "Das sollte Schule machen", wünscht sich Giancarlo Russo. Kinder sollten nicht zum Pauken gezwungen werden. Wichtig sei, dass der Funke der Leidenschaft entzündet werde, denn mit einem guten Buch fange Wissenserwerb an.