Wie stehen denn die europäischen Druckereien zum Thema Steinpapier? Hat schon jemand an ihre Tür geklopft?
Ja, es hat schon einige Gespräche gegeben. Für die großen Druckereien ist das Thema noch nicht interessant – sie haben hier ja erstmal das Papiergeschäft zu verteidigen. Die Branche steht unter hohem Kostendruck und widmet sich lieber ihren Preiskämpfen statt wirklichen Innovationen. Alle haben die gleichen Maschinen, böse gesagt: Die Druckbranche ist alt geworden. Ich denke, dass es am Ende die Konsumenten sein werden, die das Thema und den gewaltigen ökologischen Fußabdruck der Druckbranche in den Fokus bringen werden. Damit Steinpapier sich durchsetzen kann, braucht es aber zunächst weitere Innovationen: Kleben, Drucken, Falzen – alles ist anders, denn das Material ist anders. Nur ein Beispiel: man muss Druckern erstmal beibringen, dass auf Steinpapier keine UV-Farben zum Einsatz kommen – das tun Drucker aber gewohnheitsgemäß, wenn sie ein Material vor sich haben, dass die Farbe nicht aufsaugt.
Wenn die Drucker nicht wollen – was ist denn dann Ihr Plan?
Wir möchten in den nächsten fünf Jahren der erste Produzent für Steinpapier in Europa werden – aus Umweltgründen und wegen der Transportwege ist das unumgänglich. Ich möchte die komplette Kette zusammenbringen, in Deutschland drucken und die nötigen Maschinen herstellen. Unser realistisches Ziel ist: Wir wollen bei der Papierproduktion um 30 Prozent günstiger sein als Produkte aus Holzfasern. Meine Prognose: Schon nach 500 Aufträgen à 10.000 Taschenbüchern haben wir normales Papier endgültig abgelöst. Denn dann haben wir diesen Preispunkt erreicht, an dem wir günstiger sind und damit weltweit attraktiv werden. Perspektivisch will ich also wieder nach Deutschland kommen. Ich denke, dass in zwei bis drei Jahren das Marktvolumen für Steinpapier groß genug ist und dann rapide wachsen wird – auch der Faktor Innovationsfähigkeit spielt eine Rolle. Deutschland ist also noch nicht vorbei für mich!
Wo wird denn aktuell außer bei Ihnen in Shenzen Steinpapier produziert?
Im Iran, hier ist die Qualität aber noch nicht sehr gut. Hochwertiges Papier kommt heute aus Taiwan und China – hier gibt es jeweils zwei Standorte. Die Japaner haben sich mehr auf Steinpappe konzentriert. Der spanische Verlag Cuento de Luz verlegt ausschließlich auf Steinpapier. In Neuseeland gibt es den Verlag EduMaxi für den wir auf Steinpapier drucken. In Deutschland kennt man Notizbücher von woodless. Das erste Buch über Cradle to Cradle wurde nicht zufällig auf Steinpapier in den USA gedruckt.
Hunter Bliss
Ist im Alter von 18 Jahren aus den USA nach Deutschland ausgewandert, um Physik und später an der HDM Drucktechnologien und Chinesisch zu studieren. Seit zwei Jahren lebt er in Shenzen wo er die Pebble Printing Group gegründet hat. Auf seiner Website informiert er deutschsprachige Verlage über Steinpapier.
Kunststofffolie mit Steinmehl statt Papier... "Er ist fruchtbat noch, der Schoß, aus dem dies kroch": Schon wieder ploppt diese in meinen Augen absolut unsinnige Idee auf. Lieber Herr Kai-Uwe Vogt, Sie haben sich ja wirklich um kritische Fragen bemüht, aber bitte lassen Sie dieses Interview mit den vielen Halbwahrheiten nicht so unkommentiert stehen. Bevor irgendein Verlag auf die Idee kommt, das Substrat statt Papier einsetzen zu wollen, bitte ich Sie, Gegenmeinungen vom "Grünen Punkt", von Wertstoffrecyclern, von der Papierindustrie, vom Bundesumweltamt, von der INGEDE oder vom RAL einzuholen.
Wenn Drucksachen auf Folie ins Altpapier gelangen, dürften sie mühselig und teuer aus den Prozessen entfernt und entsorgt werden müssen, wenn sie im Gelben Sack landen, lässt sich aus steinmehldurchsetzter Folie sicherlich auch kein Kunststoff mehr rausbetteln. Dass sich Cradle-to-Cradle für Bücher auf Folie einsetzt, macht diese Zertifizierung samt der Healthy Printing-Initiative noch fragwürdiger und rückt Herrn Baumgart und Co. in ein schlechtes Licht.
Gott grüß die Kunst!